Der Traditionskonzern Bosch droht ins Zentrum des Abgasskandals zu geraten. Die WirtschaftsWoche berichtet in ihrer aktuellen Ausgabe (Freitag; Digitalausgabe ab Donnerstag, 20 Uhr) von der Auswertung umfangreicher Dateien, die in die Hände der Staatsanwaltschaft Stuttgart gelangt sind. Sie enthalten Details über die Rolle von Bosch bei der Manipulation von Abgaswerten.
Ein ehemaliger Mitarbeiter hatte zwischen 2009 und 2011 große Mengen von Daten zur Motorsteuerung kopiert und anschließend versucht, sie an Autotuner zu verkaufen. Im Zuge eines Ermittlungsverfahrens gegen den Mann war die Staatsanwaltschaft Stuttgart 2011 in den Besitz der Daten gekommen. Sie fließen nun in das Ermittlungsverfahren ein, das die Staatsanwaltschaft Ende 2015 gegen Bosch eingeleitet hat. „Wir prüfen, inwieweit die damals gesicherten Beweismittel für unser bereits laufendes Ermittlungsverfahren gegen Bosch relevant sind“, bestätigte die Staatsanwaltschaft.
Nach Informationen der WirtschaftsWoche stammen die Daten aus einer Bosch-Abteilung in Feuerbach bei Stuttgart. Sie sollen unter anderem streng geheime Motorsteuerprogramme, Emissionsmessdaten von Motoren und die E-Mail-Kommunikation ganzer Abteilungen umfassen. Wie mehrere Insider der WirtschaftsWoche erklärten, hatte die Abteilung auch die Aufgabe, zusammen mit Technikern von VW jene Software zu entwickeln, die den Betrug bei Volkswagen ermöglichte.
Die weltweit größten Autozulieferer
Faurecia (Frankreich)
Umsatz 2016: 18,711 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 18,770 Milliarden Euro
Veränderung: -0,3 Prozent
Hauptprodukte: Sitze und Innenausstattung
Quelle: Berylls Strategy Advisors, Stand: Juni 2017
Michelin (Frankreich)
Umsatz 2016: 20,907 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 21,199 Milliarden Euro
Veränderung: -1,4 Prozent
Hauptprodukte: Reifen
Bridgestone-Firestone (Japan)
Umsatz 2016: 22,485 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 24,094 Milliarden Euro
Veränderung: -6,7 Prozent
Hauptprodukte: Reifen
Aisin (Japan)
Umsatz 2016: 27,977 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 24,133 Milliarden Euro
Veränderung: +15,9 Prozent
Hauptprodukte: Getriebe, Bremssysteme, Karosserie- und Motorenteile
Hyundai Mobis (Südkorea)
Umsatz 2016: 30,227 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 28,096 Milliarden Euro
Veränderung: +7,6 Prozent
Hauptprodukte: Cockpit-, Frontend- und Chassismodule
ZF Friedrichshafen (Deutschland)
Umsatz 2016: 32,353 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 27,113 Milliarden Euro
Veränderung: +19,3 Prozent
Hauptprodukte: Fahrwerks- und Antriebssysteme, Elektronik/Software
Magna (Kanada)
Umsatz 2016: 34,587 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 29,408 Milliarden Euro
Veränderung: +17,6 Prozent
Hauptprodukte: Karosserie & Fahrwerksysteme, Exterieur-Ausstattungen
Denso (Japan)
Umsatz 2016: 36,301 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 34,299 Milliarden Euro
Veränderung: +5,8 Prozent
Hauptprodukte: Klimasysteme, Motorsteuerung, Human-Machine-Interface
Continental (Deutschland)
Umsatz 2016: 40,550 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 39,232 Milliarden Euro
Veränderung: +3,4 Prozent
Hauptprodukte: Brems-, Fahrwerk- und Sicherheitssysteme, Reifen
Bosch (Deutschland)
Umsatz 2016: 43.936 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 41,657 Milliarden Euro
Veränderung: +5,5 Prozent
Hauptprodukte: Antriebs-, Sicherheits- und Komfortsysteme
„In der Abteilung, aus der die Daten stammen, wusste man seit 2005, dass es um Betrugssoftware geht“, sagt ein Insider: „In den Daten steht drin, welche Betrügereien wann und von wem ab 2005 programmiert wurden und wer davon wusste.“ Vor allem aber könnten die Daten eine ganz neue Dimension des Abgasskandals enthüllen. So gehe es nicht nur um die bereits bekannte Manipulation der Stickoxidemissionen von Dieselfahrzeugen. „Es geht auch um andere Schadstoffe wie etwa Rußpartikel, und es geht um Benzinmotoren“, so der Insider zur WirtschaftsWoche.
Die entwendeten Daten haben nach Informationen der WirtschaftsWoche einen Umfang von 1,3 Terabyte, was der Datenmenge von rund 1800 CD-ROM entspricht. Die 16 716 Datensätze enthalten Vorserien- und Serienversionen von Diesel- und Benzinmotorensteuerungen, die bei Bosch der Geheimhaltung unterlagen. Enthalten sind Informationen zu etlichen Volkswagenmodellen wie Passat, Golf oder Tiguan, aber auch von Seat-, Škoda- und Bentley-Modellen. Ein großer Teil der Dateien betrifft Audi und wurde in einem Ordner mit der Bezeichnung „Vertraulich“ abgelegt.
Wie Bosch 2015 abgeschnitten hat
Umsatz: 70,6 Milliarden Euro (2014: 64,2 Mrd.)*
Ebit: 4,6 Milliarden Euro (2014: 3,7 Mrd.)*
Operative Rendite: 6,5 Prozent (2014: 5,7 Prozent)
Nettogewinn: 3,54 Milliarden Euro (2014: 2,64 Mrd.)
Quelle: Geschäftsbericht 2014/2015
*Pro-Forma-Angaben mit Automotive Steering und BSH Hausgeräte, die 2015 übernommen wurden: Ohne die beiden Sparten lag der Umsatz 2014 bei 49 Milliarden Euro, das Ebit bei 3,0 Milliarden Euro.
Umsatz: 41,7 Milliarden Euro (2014: 37,2 Mrd.)
Operativer Gewinn (Ebit): 3.505 Millionen Euro (2014: 2.586 Mio.)
Operative Rendite: 8,4 Prozent (2014: 7,0 Prozent)
Umsatz: 6,6 Milliarden Euro (2014: 6,7 Mrd.)
Operativer Gewinn (Ebit): -104 Millionen Euro (2014: 67 Mio.)
Operative Rendite: -1,6 Prozent (2014: 1,0 Prozent)
Umsatz: 17,1 Milliarden Euro (2014: 15,6 Mrd.)
Operativer Gewinn (Ebit): 1.226 Millionen Euro (2014: 1.031 Mio.)
Operative Rendite: 7,2 Prozent (2014: 6,6 Prozent)
Umsatz: 5,1 Milliarden Euro (2014: 4,6 Mrd.)
Operativer Gewinn (Ebit): 224 Millionen Euro (2014: 171 Mio.)
Operative Rendite: 4,4 Prozent (2014: 3,7 Prozent)
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