Chan Zuckerberg Initiative Neue Heiler aus dem Silicon Valley

Facebook-Chef Mark Zuckerberg will alle Krankheiten besiegen. Ist das Größenwahn - oder realistische Einschätzung dessen, was Big Data vermag?

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Zuckerberg und Ehefrau Chan wollen alle Krankheiten ausrotten. Quelle: REUTERS

Vorige Woche im Silicon Valley: Nachdem die Tränen geflossen sind, sich die Likes, die Herzchen und die Smileys auf Facebook verbreitet haben und die Schlagzeilen um die Welt gegangen sind, macht sich die Erleichterung breit. In ihrem Haus in San Francisco haben Facebook-Chef Mark Zuckerberg und seine Frau Priscilla Chan zum Abendessen eingeladen. Mit am Tisch sitzen die meisten Forscher, die an ihrer vor wenigen Stunden verkündeten neuen Initiative, die Welt von allen Krankheiten befreien zu wollen, beteiligt sind.

In lockerer Runde speist man zusammen, Bill Gates, der Microsoft-Gründer, und Juri Milner, russischer Internetmilliardär, sind auch mit dabei. Und Zuckerberg rekapituliert, mit welch waghalsigen Ideen er noch vor wenigen Monaten bei den Forschern zum ersten Mal aufschlug.

Drei Milliarden Dollar hat er Stunden zuvor angekündigt, für die Zusammenarbeit mit ihnen zu spenden, das Geld fließt in die neue „Chan Zuckerberg Initiative“. Und an dem Tisch im Hause Zuckerberg wird jetzt gefeiert und gelacht.

Vor gut zehn Jahren hat uns Zuckerberg das Freunde-Netzwerk Facebook gebracht. Dann kündigte er an, das Internet mit Drohnen und Lasern bis in den letzten Winkel der Erde beamen zu wollen. Mit keiner Idee ist der Facebook-Chef aber so weit vorgeprescht wie mit dem Versprechen, die Menschheit von Leiden wie Krebs oder Zika zu retten. Die Kritik folgte prompt. Vielleicht wolle Zuckerberg mit dem Projekt, das nicht mal gemeinnützig organisiert sei, Steuern sparen, argwöhnte in Deutschland etwa „Zeit Online“.

Lebt dieser Mann in seiner eigenen, von Zuckerbergwatte umgebenen Welt?

Spendable Hightechmäzene: Welche Firmengründer für eigene Forschungsinstitute im Kampf gegen Krankheiten gespendet haben. (zum Vergrößern bitte anklicken)

Dem ist zwar so. Die Initiative als Größenwahn eines Abgehobenen abzutun wäre dennoch ein Fehler. Denn wer hinter die Kulissen schaut, erkennt: Hier hat einer zum ersten Mal Big-Data-Denke und Grundlagenforschung zusammengebracht – und damit die Medizinforschung endgültig ins digitale Zeitalter katapultiert. Ein Lehrstück, vor allem für Big Pharma.

Schon einmal zog ein umstrittener Techmilliardär mit seinen Plänen zur Rettung der Welt die Kritik auf sich – und hebelte am Ende die Gesetzmäßigkeiten der Pharmabranche aus. Dank der rund 40 Milliarden Dollar schweren Bill-&-Melinda Gates Foundation ist der Kampf gegen Malaria oder Tuberkulose heute wieder aufgenommen – Seuchen, an denen noch immer Millionen sterben, die aber die forschenden Konzerne längst mangels Marktpotenzial aufgegeben hatten.

Die ersten 600.000 Dollar der Zuckerberg-Initiative fließen in ein neues Forschungszentrum namens Biohub in San Francisco. Von dort aus sollen Forscher der Elite-Universitäten Berkeley, San Francisco und Stanford am Masterplan für die Entschlüsselung der Weltkrankheiten arbeiten. Das Projekt verfolgt einen deutlich breiteren Ansatz als Gates.



Priscilla Chans großer Auftritt

Darauf hat nicht nur Zuckerberg selbst gedrungen. Entscheidend für das Projekt, „ist ebenso Priscilla Chan“, sagt Tobias Bonhoeffer, Hirnforscher am Max-Planck-Institut für Neurobiologie und der einzige Europäer im Beirat der Initiative. Chan ist praktizierende Kinderärztin, Harvard-Absolventin, hochbegabt und ambitioniert wie ihr Mann. Erst die Verbindung der beiden verleiht der Initiative den entscheidenden Drive.

Der Hörsaal des William Rutter Centers, auf dem hochmodernen Mission Bay Campus der Universität von Kalifornien in San Francisco, lässt Priscillas Chan Herz höher schlagen, macht die Knie weich. Hier erhielt sie als 22jährige Medizinstudentin ihren ersten weißen Kittel überreicht. Sie, die älteste Tochter chinesisch stämmiger Flüchtlinge, die dem Vietnamkrieg via Boot entkamen und in den USA eine neue Heimat fanden. Erzogen von ihrer Großmutter, während ihre Eltern mühsam ein eigenes China-Restaurant in Boston aufbauen. Und es dank Zuspruchs ihrer Lehrer und Stipendien bis an die Harvard Universität schafft, trotz Hochbegabung und Ehrgeiz immer auch von Selbstzweifeln geplagt.

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