20 Prozent Wirkungsgrad Durchbruch mit Billig-Solarzelle

Die Solartechnik entwickelt sich in Hochgeschwindigkeit. Ein neuer Forschungsrekord macht Hoffnung auf billigen Sonnenstrom. Solaranlagen aus Perowskit sollen das möglich machen; sie schaffen einen Wirkungsgrad von 20 Prozent.

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Günstige Solarenergie: Neu entwickelte Solarzellen sollen den Preissturz bringen.

Ein neuer Forschungsrekord stärkt die Hoffnung auf spottbilligen Solarstrom: Wissenschaftler am Korean Research Institute of Chemical Technology (KRICT), einer staatlich geförderten Forschungseinrichtung in Südkorea, haben eine Perowskit-Solarzelle mit einem Wirkungsgrad von 20,1 Prozent entwickelt. „Unsere Zellen wurden Ende Oktober zertifiziert“, bestätigt Sang Il Seok, Solarforscher am KRICT.

„Das größte Ziel, von dem alle Perowskit-Forscher träumten, war die 20-Prozent-Marke zu erreichen“, sagt Sang. „Wir haben es als erste geschafft.“ Der Rekord-Wert erschien bereits vergangenen Donnerstag in der Effizienz-Grafik des National Renewable Energy Laboratory (NREL) in den USA, die sämtliche von unabhängigen Instituten bestätigte Rekordwerte auflistet. Der Wirkungsgrad einer Solarzelle gibt an, wie viel Prozent der Sonnenstrahlung sie in elektrische Leistung umsetzt. Solarzellen, die im Labor einen Wirkungsgrad von mehr als 20 Prozent erreichen, kann man mit einiger Berechtigung zu den Spitzentechnologien rechnen, die kommerziell von großem Interesse sind. Denn je höher der Wirkungsgrad einer Zelle wird, desto billiger wird ihr Strom.

Zwar gibt es bereits 17 Zelltypen, die die magische 20-Prozent-Marke überschritten haben. Doch Perowskit-Solarzellen wurden erst 2009 entdeckt und hatten damals nur einen Wirkungsgrad von 3,8 Prozent. Innerhalb von nur fünf Jahren hat die Technik nun zu den Top-Solarzellen aufgeschlossen. Das ist rasend schnell – andere Zellentypen brauchten dazu mehr als 20 Jahre intensiver Forschung. Die raschen Erfolge lassen die Forscher hoffen, dass sie schon bald noch höhere Werte erreichen. Ihre erstaunliche Effizienz ist nicht die einzige aufregende Eigenschaft der Perowskit-Zelle. Noch wichtiger ist: Sie ist potentiell spottbillig. Denn Perowskite sind in Massen verfügbar. Und um aus dem Material Solarzellen zu fertigen, reichen sehr geringe Mengen.

Im Sommer präsentierte der Forscher Tsutomu Miyasaka von der Toin University of Yokohama auf der Solarkonferenz HOPV14 an der Hochschule EPFL in Lausanne eine Kostenschätzung: Demnach könnten Perowskit-Solarmodule mit einem Wirkungsgrad von 15 Prozent, sobald sie in Massen produziert werden, zwischen 0,11 und 0,14 Dollar pro Watt Leistung (Wp) kosten. Zum Vergleich: Die Module von First Solar, die seit Jahren zu den billigsten der Welt gehören, kosteten Ende 2013 im Schnitt 0,56 Dollar pro Watt Leistung. Solarstrom würde damit mit einiger Sicherheit zur billigsten Energiequelle weltweit.

Kein Wunder, dass dutzende Forschungsteams weltweit inzwischen an Perowskit-Solarzellen forschen und so gut wie täglich neue Forschungsergebnisse publizieren, die es regelmäßig in die Fachmagazine mit dem größten Renommee – Nature und Science – schaffen. Das KRICT hat bereits den letzten Effizienzrekord geschafft; davor war einem Team um Solar-Pionier Michael Grätzel an der Lausanner EPFL ein solcher Coup geglückt. Damit ist ein Wettrennen im Gange mit dem Ziel, eine Solartechnik zu entwickeln, die die Welt verändern könnte. Bisher allerdings sind die Rekorde nur mit daumennagelgroßen Zellen im Labor entstanden. ”Der nächsten große Schritt”, sagt KRICT-Solarfoscher Sang, “wäre die Herstellung effizienter, sehr zuverlässiger und stabiler Module.”

Und hier hat die umjubelte Perowskit-Zelle noch ihre große Schwäche: Sie zersetzt sich rasch, wenn sie Feuchtigkeit ausgesetzt ist. Bisher gibt es nur wenige Langzeittests, aber immer mehr Forscher arbeiten daran, die Stabilität der Zellen so zu steigern, dass sie 20 Jahre lang im kommerziellen Betrieb halten. Künftig lassen sich Perowskit-Solarzellen, so hoffen die Forscher, schnell und billig auf Stahl, Glas, Plastik und andere Oberflächen aufdrucken – und als Teil von Hausfassaden fertigen. Das australische Solarunternehmen Dyesol arbeitet daran, die Technik bis 2018 auf den Markt zu bringen. Einen Prototypen wollen die Australier im Jahr 2016 vorstellen.

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