Privates Kraftwerk Fünf Wege zur Stromproduktion im Eigenheim

Die Energiekosten verschlingen immer größere Teile des Budgets. Viele Hausbesitzer wollen sich daher mit neuen Technologien von der Preispolitik der Versorger unabhängig machen. Aber wie viel Strom und Wärme können sie mit Sonne, Wind und Blockheizkraftwerk wirklich selbst erzeugen? Fünf Systeme im Test.

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Die Wärme bleibt drin - Passivhäuser wie dieses kommen ohne klassische Heizung aus Quelle: Presse

So viel Andrang war nie. Sobald der Minutenzeiger am Wochenende gegen elf Uhr rückt, füllt sich der Parkplatz in Köln-Frechen, nicht weit von der Autobahn nach Aachen. Keine Viertelstunde später ist er rappelvoll. Viele junge Familien sind unter den Besuchern. Mit Kinderwagen und zeternden Kleinkinder rücken sie an – sogar an kalten Winterwochenenden. Sie kommen, um sich die Mustersiedlung aus 24 Fertighäusern anzusehen, die alle extrem energieeffizient gebaut sind.

Vor allem die sogenannten Plusenergiehäuser haben es den jungen Familien angetan. Denn sie wissen: Wenn sie wirklich für ihre Zukunft vorsorgen wollen, müssen sie nicht nur fürs Alter sparen. Sie müssen auch in ein energiesparendes Eigenheim investieren. Denn Strom, Gas und Heizöl werden immer teurer. Und ein Ende ist nicht in Sicht.

Neue Technologien zur Energiegewinnung
Solarzellen gehören in der Stadt von Morgen zu den wichtigsten Technologien bei der Energiegewinnung. Die Integration in die Gebäudehüllen spart Material und verbilligt den Sonnenstrom. Illustration: Javier Martinez Zarracina
Strom erzeugende Straßen gehören zu der Vision des amerikanischen Startup Solar Roadways. Die Oberfläche besteht aus einem extrem harten Glas, darunter befinden sich Solarzellen. Im US-Bundesstaat Idaho wurde so der erste Strom erzeugende Parkplatz aus Solarmodulen gebaut. Illustration: Javier Martinez Zarracina
Durch transparente Farbstoffsolarzellen können zusätzlich Fassadenflächen zur Energiegewinnung genutzt werden. Das australische Solarunternehmen Dyesol und der US-Glashersteller Pilkington wollen bereits in wenigen Jahren damit beginnen, Glas mit Solarzellen aus Farbstoffen zu bedrucken. Illustration: Javier Martinez Zarracina
Einzelne Haushalte können sich zukünftig durch Kleinwindräder, die sich leicht auf Hausdächern und an Balkonbrüstungen montieren lassen, mit Strom versorgen. Der Branchenverband RenewableUK rechnet damit, dass in England bis 2020 Kleinwindräder mit einer Gesamtleistung von 1,3 Gigawatt installiert sein werden - so viel wie ein großes Atomkraftwerk derzeit produziert. Illustration: Javier Martinez Zarracina
Elektroautos könnten in den zukünftigen Megacities direkt am Parkplatz aufgeladen werden - durch Windenergie. Sanya Skypump heissen diese Windturbinen, die vom New Yorker Kleinwindanlagen-Startup Urban Green Energy entwickelt wurden. Illustration: Javier Martinez Zarracina
Selbst Biomasse lässt sich in den Städten zur Energiegewinnung nutzen. Durch Fermentierungsanlagen wird aus dem angefallenen Müll Biogas erzeugt - womit sich wiederum gasbetriebene Fahrzeuge antreiben lassen. Zudem... Illustration: Javier Martinez Zarracina
...lässt sich das gewonnene Biogas problemlos in das Gasleistungsnetz mischen. So können auch hocheffiziente Blockheizkraftwerke betrieben werden, die dann in den Kellern von Gebäuden Wärme und Strom erzeugen. Illustration: Javier Martinez Zarracina

Ein durchschnittlicher Drei-Personen-Haushalt musste vergangenes Jahr Monat für Monat knapp 300 Euro hinblättern, um es warm und hell zu haben – fast doppelt so viel wie im Jahr 2000. Aber das ist nur ein Zwischenstand: Heizöl wird nach einer Prognose der Verbraucherzentrale NRW bis 2020 um 59 Prozent teurer, Erdgas um 35 Prozent. Die Beratungsgesellschaft Ernst & Young erklärt die Angst der Bundesbürger vor den galoppierenden Energiepreisen in einer jüngsten Konsumstudie "zur Gefahr für die Konjunktur".

Heizen macht arm - Anstieg der jährlichen Brennstoffkosten bis 2020 (Prognose, in Euro) (zum Vergrößern bitte anklicken!)

Da wundert es nicht, dass Mieter und Hauseigentümer fast schon verzweifelt nach Möglichkeiten suchen, der Preislawine zu entkommen. Fast jeder zweite Deutsche dreht bereits die Heizung herunter und trägt lieber einen Pulli mehr. Das ergab eine Umfrage der Prüforganisation Dekra. Und: 80 Prozent der Befragten geißeln die Energiekonzerne als Preistreiber.

So eint die Deutschen mehr noch als ihr Sparwille der Wunsch, sich von der Preispolitik der Versorger unabhängig zu machen: Rund zwei Drittel würden laut den Marktforschern von TNS Emnid ihren Strom und ihre Wärme gern selbst produzieren. Bevorzugt aus erneuerbaren Quellen. Deren Anteil an der Energiebereitstellung hat sich seit 2000 mehr als verdoppelt – von knapp 100 auf gut 250 Milliarden Kilowattstunden.

Erneuerbare legen zu - Bereitstellung von Strom und Wärme aus regenerativen Energien in Deutschland (zum Vergrößern bitte anklicken!)

Deshalb drängeln sich viele der Besucher der Kölner Musterhaus-Siedlung in Haus 10. Es ist eines dieser Plusenergiewunder, die dank einer Solaranlage übers Jahr gerechnet mehr Kilowattstunden erzeugen, als ihre Bewohner verbrauchen – und die weder einen Gasanschluss noch einen Öltank benötigen.

Und selbst in sonnenarmen Zeiten, so versprechen die Verkäufer des Fertighausherstellers Weberhaus, werden allenfalls monatlich 40 Euro für Strom fällig, den die Hausbesitzer beim Versorger zukaufen müssen. Ein Bruchteil dessen, was viele heute zahlen.

Das Energieplus ist möglich, weil die Häuser extrem gut isoliert sind und selbst bei strenger Kälte nur wenig beheizt werden müssen. Das übernimmt eine Wärmepumpe, die alle Räume über eine zugfreie Frischluftanlage individuell temperiert und zudem das Badewasser erwärmt. Eine klassische Heizung hat das Haus nicht.

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