Fremdenfeindlich, homophob und radikal. So sehen Kritiker die „Alternative für Deutschland“. Hamburger Autonome etwa, die am Wochenende gewaltsam versuchten, den Wahlkampfauftakt der Euro-Kritiker zu stören. Oder die „Grüne Jugend“ in Göttingen, die zu Protestaktionen gegen die AfD aufgerufen hat. Die Aktion lief aus dem Ruder. 60 Polizisten mussten einen Wahlkampfstand der Euro-Kritiker beschützen. In Berlin flogen Steine gegen einen Lastwagen mit AfD-Plakaten.
Dass diese Vorgänge inakzeptabel sind, steht außer Frage. Doch was ist inhaltlich dran, an dem Vorwurf, dass die neue Partei wie „ein Staubsauger [ist] für alles, was sich am rechten Rand der CDU und rechts davon tummelt“, wie Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck sagt?
Das deutsch-französische Unternehmen linkfluence hat untersucht, ob die Partei im Internet rechte Tendenzen aufweist und ob sie rechtsradikale Sympathisanten anzieht. Dazu wurden die „Gefällt-mir“-Angaben von Facebook-Usern erfasst und mit den gelobten Inhalten von NPD-Anhängern verglichen. Zentrale Frage: Wie groß sind die Gemeinsamkeiten zwischen den AfD- und NPD-Sympathisanten? Des Weiteren wurden Webseiten der Euro-Kritiker und ihren Sympathisanten ausgewertet und insbesondere auf ihre Verlinkungen zu anderen Seiten hin überprüft. Über 20.000 Daten gingen in die Analyse ein.
Fakten zur Anti-Euro-Bewegung „Alternative für Deutschland“ (AfD)
Zum Parteivorstand gehören neben dem Hamburger Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke unter anderem der langjährige FAZ-Feuilletonist Konrad Adam und der ehemalige hessische Staatssekretär Alexander Gauland.
Die AfD fordert die Auflösung des Euro-Währungsgebietes und die Wiedereinführung nationaler Währungen.
Zur Bundestagswahl im September ist die neugegründete Partei erstmals angetreten. Sie erreichte 4,7 Prozent der Zweitstimmen. Zum Einzug ins Parlament fehlten ihr nur rund 130.000 Stimmen.
Bei der Europawahl am 25. Mai 2014 erreicht die AfD in Deutschland 7,0 Prozent der Wählerstimmen. Damit stellt sie zum Beispiel die FDP klar in den Schatten, die lediglich auf 3,4 Prozent der Wählerstimmen kommt.
Das Ergebnis der Facebook-Analyse: „Wir haben festgestellt, dass die Fans der Alternative für Deutschland und die Fans der NPD wenig gemeinsam haben“, sagt Oliver Tabino, Geschäftsführer von linkfluence Deutschland. Bei den NPD-Fans gehört die Modemarke Thor Steinar zu den Top-Likes. Sie interessieren sich außerdem für Piercings, Tattoos und Bier, für Schauspieler wie Vin Diesel und Charlie Sheen, für die Bundeswehr und für die Wehrmacht. Die politische „Gefällt mir“-Welt reicht von der Facebookgruppe „stopptdenmultikultiwahn“ bis hin zum NPD-Politiker Udo Pastörs.
Bei den AfD-Anhängern sind Facebookseiten mit den Themen Eurokritik und Forderungen nach mehr direkter Demokratie am beliebtesten. Außerdem grenzen sie sich klar von den Grünen und dem linken Spektrum ab. „GrueneNeinDanke“ ist beispielsweise eine beliebte „Gefällt mir“-Angabe. Auch auffällig: Persönlichkeiten wie Friedrich Merz, Karl-Theodor zu Guttenberg, Wolfgang Bosbach, Peter Gauweiler und Henryk M. Broder zählen zu den am häufigsten geliketen Persönlichkeiten. Personen, die lautstark eigene Meinungen vertreten – im Zweifel auch gegen die eigene Partei oder den Mainstream. Bei den genannten Politikern also Abgeordnete, die einen anderen Politikstil pflegen als die konsensorientierte und konfliktvermeidende Angela Merkel.
Die AfD schlägt in diese Kerbe. „Im Bundestag sitzen Ja-Sager, Abnicker und vor allem Diätenkassierer, aber keine Abgeordneten, die das Volk vertreten“, erklärte AfD-Vorstandsmitglied Bernd Lucke beim Wahlkampfauftakt in Hamburg.