NEUE BRENNSTOFFE „Treibhausgase deutlich senken“

Welche Chancen bieten neue Brenn- und Kraftstoffe auf dem Weg zu einer nachhaltigen Energieversorgung? Ein Interview mit David Diarra vom Aachener Oel-Waerme-Institut (OWI) und Klaus Lucka von der TEC4FUELS GmbH.

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Dr.-Ing. Klaus Lucka, Geschäftsführer der TEC4FUELS GmbH (l.) und Dipl.-Ing. David Diarra, Geschäftsführer der OWI Oel-Waerme-Institut gGmbH​​​​​​​.  Quelle: PR

Wieso brauchen wir neue flüssige Brennstoffe?
Lucka: In Deutschland gibt es zurzeit etwa 5,6 Millionen Ölheizungen. Moderne Brennwertheizungen brauchen bis zu 30 Prozent weniger Brennstoff und werden derzeit stark nachgefragt. Für die Zukunft dieser hocheffizienten Heizungen geht es darum, das Potenzial alternativer Brennstoffe zur Treibhausgasminderung deutlich zu steigern ohne dabei in  Konkurrenzen mit der Nahrungsmittelproduktion zu geraten. Dazu bedarf es weiterer flüssiger Energieträger aus regenerativen Quellen, die sich problemlos in der vorhandenen Technik nutzen lassen.

Welche regenerativen Quellen können grundsätzlich genutzt werden?
Diarra: Abhängig von den Rohstoffen und der Herstellung spricht man von unterschiedlichen Pfaden. Eine Option ist Biomasse: Gemeint ist in diesem Fall die Produktion von Brennstoffen aus Abfällen und Reststoffen biogener Herkunft, also zum Beispiel aus landwirtschaftlichen Pflanzenresten, wie Stroh oder forstwirtschaftlichem Restholz, oder auch aus Altspeisefetten. Die Verwendung dieser Sekundärrohstoffe ist deutlich klimaschonender, bedarf aber komplexer technischer Verfahren und Produktionsanlagen.

Was steckt hinter dem Pfad „Power-to-Liquids“?
Diarra: Hierbei wird überschüssiger Strom aus erneuerbaren Quellen wie Sonne oder Wind für die Elektrolyse eingesetzt, um Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff aufzuspalten. Anschließend wird der Wasserstoff chemisch an Kohlenstoff aus regenerativen Quellen gebunden. Dieses Verfahren führt ebenso zu treibhausgasreduzierten synthetischen flüssigen Brenn- oder Kraftstoffen.

Worin liegen die besonderen Herausforderungen in der Brennstoff-Forschung?
Diarra: Die Anforderung ist, alternative Brennstoffe zu entwickeln, die ein deutlich höheres Potenzial zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen haben, als die derzeit verfügbaren Produkte. Die große Herausforderung für die Forschung besteht darin, dass aus unterschiedlichen Rohstoffquellen Brennstoffe mit gleichbleibender Qualität hergestellt werden müssen – und natürlich auch in den erforderlichen Mengen.

Wie kann sichergestellt werden, dass auch die bereits bestehende Heiztechnologie mit neuen Brennstoffen betrieben werden kann?
Lucka: Die ersten Weichen dafür sind durch die Brennstoffnorm für alternatives Heizöl gestellt. Bereits heute sind darin die Rahmenbedingungen für die Beimischung treibhausgasarmer Brennstoffe zum Heizöl so geregelt, dass der betriebssichere Einsatz gewährleistet ist.
Diarra: Dazu spielt die anwendungstechnische Forschung eine wichtige Rolle. Sie untersucht die chemischen und physikalischen Eigenschaften der neuen Brennstoffe, also ihre Zusammensetzung und ihr konkretes Verhalten in Heizungsanlagen.
Lucka: Dafür entwickeln OWI und TEC4FUELS neue Testverfahren und führen sie  auf eigenen Prüfständen auch durch. Die Ergebnisse können einerseits dazu dienen, die Eigenschaften der Brennstoffe weiter zu optimieren. Andererseits leiten wir, je nach Ergebnis, auch Empfehlungen zur möglichen technischen Anpassung einzelner Heizungsbauteile ab.

In welchen Bereichen kommen bereits heute erneuerbare flüssige Brennstoffe zur Anwendung?
Diarra: Im Raumwärmemarkt und im Verkehrssektor gibt es mit Bioheizöl, Biodiesel und E10 seit längerem Beimischungen neuer regenerativer Kraftstoffe. Bei neuen Brennstoffen sind die Untersuchungen im Bereich hydrierten Pflanzenöls, auch HVO genannt, sehr weit vorangeschritten. Die Eigenschaften von HVO sind denen von Heizöl und Diesel sehr ähnlich. Aus technischer Sicht würde es sich daher durchaus auch als Brennstoff für Ölheizungen eignen. Im Verkehrsbereich wird HVO dem Dieselkraftstoff bereits teilweise beigemischt, die Mengen sind im Vergleich zum gesamten Kraftstoffmarkt aber noch sehr gering. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Forschungsprojekte, in denen die Herstellung und der Einsatz alternativer flüssiger Energieträger zur Treibhausgasreduzierung untersucht wird. 

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