Digitalisieren mit Verantwortung
Dortmund Wenn Karl-Heinz Land von der Zukunft deutscher Mittelständler vor deutschen Mittelständlern spricht, ist ihm keine Metapher zu grell: „Es wird brutal, blutig! Das ist Evolution!“ Verhaltenes Lächeln im Auditorium. Dazu ein paar Zahlen der renommierten Oxford Group: „Von 700 unterschiedlichen Jobs werden zukünftig nur noch 53 Prozent übrig sein. Das bedeutet Digitalisierung! Auch für Sie.“ Stirnrunzeln in den Reihen – Optimismus am Rednerpult. Wer Karl-Heinz Land jetzt als Dystop bezeichnen möchte, irrt. Was der selbsternannte Digital Darwinist & Evangelist sagen will, ist einfach: Mittelständler, nutzt die Digitalisierung für euch, ehe sie gegen euch arbeitet! Denn als Gründer der Beratungsfirma Neuland versteht sich Karl-Heinz Land als Berufsoptimist und Schwunggeber derjenigen, die „Industrie 4.0“ für ferne Zukunftsmusik halten.
Für seine Hero-Keynote beim Solver Place Event in Dortmund hatte Land also die schrillen Töne im Gepäck: „Hätte sich das Preis-Leistungsverhältnis des VW Käfers so entwickelt wie das von Computerchips, dann wäre er heute 300.000 Stundenkilometer schnell und würde vier Cent kosten.“ Keine andere Entwicklung hat die Wirtschaft in den vergangenen zehn Jahren stärker beeinflusst als die fortschreitende Digitalisierung. Bislang sind dabei smarte Produkte, kommunizierende Fertigungsstraßen, intelligente Logistiksysteme und selbstfahrende Autos herausgekommen. „Die Zukunft ist längst da“, sagt Land. Und es gibt Unternehmen, die die Entwicklung erkannt haben.
So bot etwa Stefan Hecking in der Solver Session 2 einen intensiven Blick in das Innenleben von Trilux. Das Arnsberger Unternehmen stellt Beleuchtungssysteme her und exportiert sie in über 50 Länder. Hecking erklärte, wie Trilux das Thema Industrie 4.0 angeht – und welche großen Chancen in der Digitalisierung liegen. Schließlich habe sich der logistische Aufwand exponentiell erhöht und „Industrie 4.0 bietet die Chance, die Kosten im Griff zu halten“. Trilux habe durch erhebliche Umbaumaßnahmen die Grundlagen geschaffen, um die Möglichkeiten der Digitalisierung in den kommenden Jahren wahrnehmen zu können. Laut Hecking würden dies aber viele Mittelständler verpassen.
Viele Unternehmer lassen die Chance TTIP aus Angst ungenutzt
Die zahlreichen Fragen aus dem Publikum richteten sich nach dem Vortrag auch an den Logistikfachmann Christian Mahlke, der seit 1994 bei UPS Deutschland tätig ist und inzwischen den Rang eines Managing Director Enterprise Accounts innehat. Er betonte, dass die Internationalisierung gerade für kleinere Mittelständler mit dem geeigneten Partner heute deutlich einfacher zu bewerkstelligen sei. So brauche es zum Beispiel längst keine Zwischenlager mehr, wenn man im nichteuropäischen Ausland aktiv sein will.
Insbesondere für den Handel mit Kunden in den USA bahnt sich – oft gepriesen, noch häufiger geschunden – mit dem Freihandelsabkommen TTIP eine Erleichterung für Unternehmen an. „Bürokratische und tarifäre Barrieren, die mit TTIP fallen, sind die Chance für Europa“, predigte Marc Tenbieg in seiner strategischen Positionierung förmlich. Als Vorstand des Deutschen Mittelstandsbundes (DMB) sieht er künftig abbrechende Märkte in Europa und große Chancen für kleine und mittelständische Unternehmer auf neuen Märkten wie denen in den USA. „Viele Leute haben Angst vor TTIP, aber sehen die Realität nicht, und lassen ihre Chancen ungenutzt verstreichen.“ Nur wer jetzt in der ersten Reihe stehe, bemerkte auch Nico Nauen, Director Business Development bei UPS Deutschland, werde von TTIP profitieren können. „Wir können Ihnen dabei helfen.“