Aktienchef zum Dax-Crash „Der Verkaufsdruck ist stark“

Henning Gebhardt ist Aktienchef beim Vermögensverwalter der Deutschen Bank. Den aktuellen Aktien-Einbruch hält er für eine Korrektur, keine echte Trendwende. Im Interview erklärt er, warum der Dax noch Potenzial hat.

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Der Aktienchef der Deutsche Asset & Wealth Management sieht bald wieder Einstiegschancen.

Henning Gebhart hat in den 19 Jahren bei der Anlagesparte der Deutschen Bank viele Börsenstürze erlebt. Den aktuellen Aktien-Einbruch hält er für eine Korrektur, keine echte Trendwende. Der 47-jährige steht zu seinem Dax-Ziel von 11.000 Punkten am Jahresende - aus aktueller Sicht erscheint das als eine sehr optimistische Prognose.

Herr Gebhardt: Springt der Crash-Virus von den chinesischen Aktien jetzt auf die Börsen der Industrieländer über?
Jein. Die Unruhe dort war der Auslöser für die Turbulenzen bei uns, die Abwertung des Renmimbi belastete dann zusätzlich. Es entstand das Bild: Das Wachstum in China ist schwächer als erwartet.

Folgen die Industrieländerbörsen jetzt denen der Schwellenländer auf dem Weg nach unten?
Ja. Aber warum sollte ein schwächeres Wachstum in den Schwellenländern die Industrieländer infizieren? Ich sehe daraus keine nachhaltige Belastung der USA oder Europas. Allerdings darf man die Entwicklung des Ölpreises nicht vernachlässigen. An der Wall Street wird es teilweise anders aussehen, denn wegen des stürzenden Ölpreises rechne ich damit, dass die Ölkonzerne ihre Gewinne nach unten revidieren müssen. Mit ihren optisch hohen Dividenden erscheinen sie attraktiv, aber die Unternehmen werden ihre Ausschüttungen bei diesem Ölpreisniveau wohl senken müssen.

Die entscheidende Frage für die Aktienmärkte: Ist der Kursverfall eine Korrektur oder eine echte Trendwende nach sechs Jahren Hausse?
Eine Korrektur, ähnlich wie die im Sommer 2011, ausgelöst durch die Eurokrise.

Und der deutsche Aktienmarkt?
Die Verluste sind hier höher als an anderen Börsen. Wir haben einfach zu wenig inländische Investoren, die gegen einen Kursverfall gegenhalten können. Für uns wird die Wall Street die Richtung vorgeben. Technisch ist das Bild dort eingetrübt. Viel wird davon abhängen, wie sich die US-Notenbank verhält.

Wie tief kann der Dax noch fallen?
Bei so einem starken Verkaufsdruck wie wir ihn jetzt erleben, sind Prognosen schwer. Im Moment folgen die Anleger nur einer Devise: Raus aus Risikoanlagen.

Wo sehen Sie den Index auf Sicht von zwölf Monaten?
Wir bleiben bei unserer Schätzung von 12.300 Punkten. Am Ende dieses Jahres halten wir 11.000 für machbar. Auch an diesem Ziel rütteln wir zur Zeit nicht. Der Dax hat keine belastenden Ölaktien wie ein S&P 500 in den USA.

Und was ist mit den Autowerten?
Die leiden natürlich, weil sie stärker von den Exporten nach China abhängen. Aber viel davon ist schon den Kursen enthalten. Möglicherweise müssen die Gewinnerwartungen aber noch angepasst werden.

Ihr Rat an die Anleger?
Kühlen Kopf bewahren. Aktien sind jetzt preiswerter geworden. Kaufen würde ich aber erst bei einer Stabilisierung. Momentan sind die Tendenzen wenig kalkulierbar, weil auch getrieben von Psychologie und automatischen Verkaufsorders, wenn bestimmte kritische Niveaus unterschritten werden.
Herr Gebhardt, vielen Dank für das Gespräch.

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