Alternatives Waschmittel Waschen wir bald wieder mit Sand?

Zurück ins 19. Jahrhundert: Was tausende Jahre bewährtes Waschmittel war, könnte bald wieder die Wäschetrommeln erobern. Forscher haben aus Sand eine neuartige Form Waschmittel entwickelt – zugunsten der Umwelt.

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Sand in der Trommel: Forscher haben in einem Quarzsand neue Tenside gefunden. Quelle: dpa - picture-alliance

Seit die Menschen Kleidung tragen, hatten sie auch das Bedürfnis, diese zu reinigen. Dabei hat sich der Begriff der Sauberkeit im Laufe der Jahrtausende schon allein aufgrund der Lebensverhältnisse der Menschen stetig verändert. Ging es zu Beginn darum, Felle oder Tierhäute, die als Bekleidung dienten, von grobem Schmutz oder auch Parasiten zu befreien, so werden Kleidungsstücke heute oft schon nach einmaligem Tragen gewaschen.

So wie sich der Begriff der Sauberkeit gewandelt hat, haben sich auch die Methoden verändert, die Kleidung zu reinigen. Elementare Hilfsmittel sind seit jeher Wasser und die mechanische Behandlung der Kleidungsstücke. Schon früh erkannten die Menschen, dass sie dem Wasser zusätzliche Kraft verleihen konnten, indem sie es nicht nur erhitzten, sondern bestimmte Stoffe hinzufügten. Bereits seit vielen tausend Jahren ist bekannt, dass sich beim Erhitzen von Fett und Holzasche ein seifenähnlicher Stoff bildet – dieser wurde schon früh zum Wäschewaschen benutzt.

Zusätzlich wurde die mechanische Arbeit dadurch unterstützt, dass man die Wäsche auf Steinen rieb und der Waschlauge Lehm, Ton oder auch Sand zusetzte. Waschen mit Sand bewährte sich für sehr lange Zeit und blieb bis ins 19. Jahrhundert ein gängiges Waschmittel, das in keinem Haushalt fehlen durfte. Und bis heute hat sich der Naturstoff als Scheuermittel bewährt, wenngleich er nicht mehr zum Waschen von Wäsche verwendet wird.

Doch das könnte sich schon bald ändern. Denn Forscher der Universität Kassel haben auf der Basis gewöhnlichen Quarzsandes neuartige Tenside entwickelt. Tenside werden seit langem zur Herstellung von Waschmitteln verwendet, da mit ihrer Hilfe Flüssigkeiten vereint werden können, die eigentlich nicht mischbar sind. So gelingt es, dass beispielsweise Fett in der Kleidung im Waschwasser gelöst wird. „Unser silanol-basiertes Tensid reduziert die Oberflächenspannung von Wasser in vergleichbarem Maße wie andere bekannte Tenside“, sagt Prof. Dr. Rudolf Pietschnig, Leiter des Fachgebiets Chemische Hybridmaterialien an der nordhessischen Hochschule. Damit könnte der Stoff zukünftig als Kernbestandteil von Waschmitteln, Seifen, Spülmitteln und anderen Detergenzien zum Einsatz kommen.

Großer Vorteil eines Waschmittels auf Basis dieses neuen Tensids ist die Tatsache, dass es für die Umwelt unschädlich ist. Denn im Gegensatz zu konventionellen Waschmitteln müssen weder Phosphate noch andere wasserenthärtende Substanzen zugesetzt werden. Zwar dürfen phosphathaltige Waschmittel in Teilen Europas nicht mehr hergestellt werden, doch in vielen Regionen der Welt werden sie nach wie vor verwendet.

Ihr Nachteil: Sie befördern das Algen- und Pflanzenwachstum in Gewässern, so dass diese im schlimmsten Fall „umkippen“. Zudem haben Tests gezeigt, dass das neue Tensid für den menschlichen Organismus unschädlich ist. Weiterer Vorteil, so der Wissenschaftler: „Die Ausgangsstoffe lassen sich aus gewöhnlichem Quarzsand herstellen, der wiederum aus den zwei häufigsten chemischen Elementen der Erdkruste besteht und daher als Ressource so schnell nicht knapp werden dürfte.“

Die Kasseler Forscher haben das neue Tensid zwar bislang nur im Labormaßstab hergestellt. Einer industriellen Produktion steht aber nichts im Wege. Die Infrastruktur wäre prinzipiell vorhanden, da deutsche Unternehmen traditionell bei der Organosiliciumchemie gut aufgestellt sind, meinen die Forscher.

Und auch beim Modethema Nachhaltigkeit liegen die Tenside ganz vorne. Werden sie verbrannt oder gelangen in die Umwelt, werden sie in der Regel einfach wieder in Siliciumdioxid (also Quarz, (aus dem Sand zu einem Großteil besteht) sowie zu Kohlendioxid und Wasser umgewandelt.

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