Alzheimer Mit Ultraschall gegen das Vergessen

Alzheimer verursacht krankhafte Proteinverklumpungen im Gehirn, der Abbau dieser sogenannten Plaques ist ein Ziel bei der Bekämpfung der Krankheit. Bei Mäusen klappte das jetzt sogar ohne den Einsatz von Medikamenten.

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Alzheimer verursacht Proteinverklumpungen im Gehirn. Im Tierversuch haben Forscher diese Plaques mit Ultraschall bekämpft. Quelle: dpa

Heidelberg Eine verblüffend simple mögliche Bekämpfung der Alzheimererkrankung ohne den Einsatz von Medikamenten beschreiben Gerhard Leinenga und Jürgen Götz von der University of Queensland in Australien im Magazin „Science Translational Medicine“: Die Forscher haben die für die Demenzerkrankung typischen Ablagerungen von Amyloid-Beta im Gehirn kranker Mäuse durch eine Behandlung mit fokussiertem Ultraschall zerstört.

Dabei wurden bei den Tieren offenbar nicht nur die Proteinverklumpungen im Gehirn, sondern auch einige Symptome der Demenzerkrankung beseitigt. In Gedächtnistests im Irrgarten schnitten die behandelten Nager anschließend besser ab.

Die Ablagerungen von Amyloid-Beta-Proteinklumpen zwischen den Neuronen des Gehirns sind eines der auffälligsten Anzeichen der Alzheimererkrankung und gelten auch als eine Ursachen für die Symptome der Demenz. Diese Plaques abzubauen, ist daher ein wesentliches Ziel von vielen Bekämpfungsstrategien – es ist aber nicht leicht zu erreichen: So verhindert etwa die Blut-Hirn-Schranke, dass Medikamente aus dem Blut zum Einsatzort im Gehirn gelangen.

Die Forscher wollten daher bei ihren Versuchstieren zunächst diese Hirnschranke durchlässig machen, indem sie fokussierte Ultraschallpulse auf den Schädel der Tiere applizierten und ihnen zusätzlich als Kontrastmittel gasgefüllte Mikrobläschen injizierten. Diese beginnen unter Schall im Körper zu vibrieren und durchdringen dabei etwa die Barriere zwischen Blutkreislauf und Hirn.

Die Behandlung zerstörte nun bei drei Vierteln aller behandelter Mäuse nach einigen Wochen fast sämtliche A-Beta-Plaques – die Proteinreste und Bruchstücke wurden dann vom Immunsystem abgebaut und entfernt. Bei den behandelten Tieren besserte sich ganz offensichtlich auch die Gehirnfunktion, wie verschiedene Verhaltenstests zeigten.


Blut-Hirn-Schranke kurzzeitig öffnen

Bevor eine ähnliche Technik an menschlichen Freiwilligen oder gar Patienten erprobt werden kann, ist aber noch einiges an Forschungsarbeit nötig. Wichtig ist vor allem, Kollateralschäden – etwa durch Hitzeschäden von nicht exakt fokussiertem Ultraschall und seinen Effekten – zu minimieren. Schon dies ist bei Mäusen einfacher, deren Schädeldecke viel dünner ist.

Zudem ist im Tierversuch zunächst einfach das gesamte Hirn beschallt worden, was bei Patienten nicht angeraten wäre. Allerdings ist auch noch unklar, auf welche Hirnbereiche gerade bei noch nicht ausgeprägtem Alzheimer gezielt werden sollte.

Vielleicht sei daher auch nicht der direkt zerstörerische Effekt auf die A-Beta-Plaques der wertvollste Aspekt der neuen Behandlung, sondern die Möglichkeit, die Blut-Hirn-Schranke überhaupt kurzzeitig kontrolliert zu öffnen. Das mag dann helfen, gezielter und effizienter Medikamente gegen die Plaques – etwa spezielle A-Beta-Antikörper – ins Gehirn zu transportieren, die die Proteinklumpen dann auflösen.

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