Anlagestrategie Die Reichenflüsterer verraten ihr Geheimnis

In Zeiten des Zinstiefs suchen Anleger nach neuen Strategien. Das gilt für Reiche ebenso wie für die Durchschnittsdeutschen. Vermögende finden Hilfe bei Family Offices – und sie kümmern sich längst nicht nur ums Geld.

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Viele Vermögende überlassen die Planung ihrer Finanzen einem Family Office. Quelle: Getty Images

Düsseldorf Mit Stuck verzierte hohe Decken, dunkles Parkett, wertvolle Gemälde an der Wand – dem kann Christoph Weber nichts abgewinnen. Zumindest nicht in seinem Büro. Der azurblaue Teppichboden ist zweckmäßig, die Möbel sind aus Metall und Glas. Wenn Weber aus seinem Fenster sieht, blickt er nicht auf die Skyline von Düsseldorf, sondern auf eine gut befahrene Durchgangsstraße, dahinter Einfamilienhäuser aus Klinker.

Christoph Weber ist Geschäftsführer eines sogenannten Family Offices, einer bankenunabhängigen Organisation, die sich um die privaten Finanzen von vermögenden Menschen und Familien kümmert. Doch in der Niederrheinstraße im nördlichen Düsseldorf ist er von Schickimicki etwa soweit entfernt wie André Rieu von Heavy Metal.

Das kleinste Vermögen, das Weber verwaltet, liegt bei rund 15 Millionen Euro, das ist 130mal mehr als der deutsche Durchschnittsbürger besitzt. „Beteiligungen, Immobilien - irgendwann verliert man vielleicht den Überblick über die Vermögensverhältnisse und es wird zu viel“,  erklärt Weber. Dann sind er und sein 22-köpfiges Team gefragt. „Wir prüfen langfristige Ziele, Risiken und die Lebenssituation. Dann entwickeln wir eine Strategie für das Privatvermögen.“

Eine  solche Strategie zu entwickeln ist eine Herausforderung – für Vermögende ebenso wie für Normalverdiener: „Im Grundsatz unterscheiden sie sich sicherlich nicht“, sagt Weber. Doch während sich der Ottonormalverbraucher häufig auf den Rat seines Bankers verlässt, können es sich die Reichen leisten, ein ganzes Heer an Vermögensverwaltern, Analysten und Immobilienberatern zu beschäftigen.

Das Bindeglied dazwischen ist das Family Office. Es setzt beispielsweise Vermögensverwalter ein und hat den Überblick über die Finanzplanung sowie das Portfoliomanagement. Gleichzeitig gehen die Aufgaben von Webers Team bei Bedarf über die Geldanlage hinaus: „Wir begleichen die Klempnerrechnung und suchen einen Internatsplatz für das Kind.“ Erkrankt ein Mandant, organisieren sie nicht nur den Facharzt und den Klinikaufenthalt, sondern auch gleich die Betreuung seines Kindes.


Fossil statt Rolex

Wenn Weber auf der Dachterrasse seines Büros einen Kaffee trinkt, donnern die Flugzeuge so laut über das Dach, dass man das Gespräch kurz unterbrechen muss. Der Flughafen ist mit dem Auto nur fünf Minuten entfernt. „Für unsere Klienten ist die Anbindung optimal“, sagt der WSH-Chef und rückt sein Einstecktuch zurecht. Seine Klienten werden gemeinhin als „die Reichen“ bezeichnet. Es seien jene, die sich selten in der Öffentlichkeit zeigen, nicht die klischeehafte Bussi-Bussi-Gesellschaft. „Viele tragen lieber Fossil als Rolex“, sagt Weber.

Er und sein Team betreuen 30 Mandate mit jeweils zwischen 15 und 400 Millionen Euro Gesamtvermögen. Dazu gehören große Unternehmerfamilien, Erben, Konzernvorstände, Politiker, Sportler und Künstler sowie Stiftungen und gemeinnützige Organisationen. „Insgesamt verwalten wir ein Vermögen von rund einer Milliarde Euro.“ Das Klientel von Weber gehört damit zu den sogenannten „High Net Worth Individuals“ und den „Ultra High Net Worth Individuals".

Angst vor Aktien

Bei der Anlagestrategie ähneln sich die Vermögenden und die Durchschnittsdeutschen: Auch ihnen fehlt die Risikofreude. „Wenn die Klienten zu uns kommen, haben sie vor allem in Liquidität oder Immobilien angelegt“, sagt Weber. „An den Aktienmarkt haben sie sich auf Grund ihrer Erfahrungen während der Finanzkrise meist nicht mehr herangetraut.“ Diese allgemeine Skepsis zeigt auch eine Studie der Comdirect: Demnach glauben 74 Prozent der Befragten, das Thema Aktien sei für Laien zu kompliziert und mit einem unkalkulierbaren Risiko verbunden. Auch seien vermögende Anleger nach Ausbruch der Finanzkrise deutlich konservativer geworden, so der Finanzexperte. „Ihnen geht es in erster Linie um Vermögenserhalt und ein angemessenes Wachstum.“

Doch welche Renditeerwartungen haben seine Mandanten? „Die durchschnittliche, konservativ ausgeprägte Familie wünscht sich 4,5 bis 5,5 Prozent Rendite nach Kosten und Steuern pro Jahr.“ Um dieses Ziel zu erreichen, gelte es, das Anlageportfolio zu diversifizieren. „Beispielsweise 40 Prozent  Wertpapiere, 30 Prozent Immobilien und etwas im Bereich Private Equity.“

250 Kilometer von Düsseldorf entfernt sitzt Riklef von Schüssler in seinem Büro in Bad Homburg. Er ist Geschäftsführer des Feri Institutional & Family Office, das rund 24 Milliarden Euro verwaltet. Auch er rät seinen Klienten, das Vermögen zu diversifizieren. „Wir überlegen uns eine langfristige Strategie über zehn Jahre“, sagt er. „Beispielsweise wird das Vermögen zu 35 Prozent in Aktien, 35 Prozent in Immobilien und zehn Prozent in Hedgefonds angelegt.“

Nicht investieren würde er derzeit in die Emerging Markets. Und: „Wir setzen eher auf die Regionenspieler wie beispielsweise aus Europa oder USA als auf Branchenspieler.“ Seine Klienten seien vor allem Value-Investoren, denen es nicht um zweistellige Renditen gehe. Die derzeitigen Entwicklungen am Goldmarkt sieht er gelassen: „Gold ist ein klassisches Investment, wenn man Zweifel am Euro hat.“ Generell rät er Anlegern dazu, nur zu investieren, wenn sie das damit verbundene Verlustrisiko auch finanziell aushalten können.


Ins Depot gehören viele Sachwerte

Sachwerte wie Immobilien, Unternehmensbeteiligungen aus den Bereichen Wasserkraft und Biotechnologie sowie Wald stellt Christoph Weber von WSH Family Office mit mindestens 60 Prozent ins Gesamtanlageportfolio. „Das Gespenst der Immobilienblase“, sagt Weber, sehe er nicht. Allerdings rate er auch nicht mehr zu Investitionen in Standorte wie München. Eine Immobilienblase sehen auch die Deutschen nicht: Die niedrigen Zinsen sorgen seit Jahren für einen Boom auf dem deutschen Immobilienmarkt.

Auch am Aktienmarkt sieht Weber bis zum Jahresende durchaus noch Chancen: „Es kommt natürlich auf die Risikofreude der einzelnen Familie an.“ Timing-Entscheidungen seien für ihn tabu, stattdessen werden die Gewinne quartalsmäßig sofort abgeschöpft und die Gelder auf ein Pufferkonto gelegt. „Damit erreichen wir sechs Prozent Rendite pro Jahr.“ Der durchschnittliche Bankkunde kann von einer solchen Rendite derzeit nur träumen.

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