Cinerenta-Fonds Finanzamt schockiert Filmfonds-Anleger

Neuer Tiefschlag für Filmfonds-Investoren: Das Finanzamt München sieht bei fünf Produkten der Gesellschaft Cine Pictures keine Gewinnerzielungsabsichten. Investoren, die in der Vergangenheit Verluste steuerlich geltend machten, drohen nun hohe Steuernachzahlungen. Es ist nicht das erste Mal, dass Filmfonds Anlegern Ärger bereiten.

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Warnsignale vom Finanzamt: Filmfonds-Investoren drohen Steuerrückzahlungen. Quelle: handelsblatt.com

DÜSSELDORF. Wirklich gute Nachrichten haben die Anleger der fünf Cinerenta-Filmfonds noch nie bekommen. Eine der schlechtesten flatterte ihnen jetzt ins Haus: Die Verlustzuweisungen sind futsch. Das Finanzamt München hat mitgeteilt, dass es bei allen Fonds "von einem Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht" ausgeht. Im Klartext sagt die Finanzverwaltung: Die Anleger wollten nie Geld mit den Filmen verdienen. Deshalb haben sie auch keine die Einkommensteuer mindernde Verluste verdient.

Dass die betroffenen Anleger Opfer einer Fehlkonstruktion des Emissionshauses Cinerenta wurden, interessiert das Finanzamt nicht. "Die Cinerenta-Fonds sind ein Musterbeispiel dafür, wie handwerklich schlecht gemachte Anlageprodukte einen Schaden in dreistelliger Millionenhöhe bei Anlegern anrichten", sagt der Berliner Rechtsanwalt Wolfgang Schirp, der die Geschädigtengemeinschaft Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz berät. Die Gesellschaft, die damals zu 60 Prozent Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft gehörte, warb rund 455 Mio. Euro bei Anlegern ein.

Für Filmfonds-Anleger setzt sich die Reihe der schlechten Nachrichten damit fort. Filmfonds wurden in den Jahren 1998 bis 2005 als sogenannte Steuersparmodelle aufgelegt. Sie gewährten steuermindernde Anfangsverluste in Höhe von 100 Prozent. Das führte dazu, dass Spitzenverdiener für das Beitrittsjahr eine Steuergutschrift in Höhe der Hälfte ihrer Einlage erhielten. In den vergangenen Jahren sind die Produkte aber zunehmend in schlechtes Licht bei den Behörden geraten. Im April etwa kündigte das bayerische Finanzministerium an, dass auch Garantie-Filmfonds ihre Steuervorteile verlieren sollen. Bei diesen Fonds stellen Banken die Rückzahlung der Anlegergelder zu 100 Prozent sicher.

Auch bei Fonds, die nur einen Teil der Rückzahlung garantieren, gab es damals keine Entwarnung. "Ob Fonds mit weniger als 100 Prozent garantierter Rückzahlung betroffen sind, muss im Einzelfall geprüft werden", teilte das Ministerium damals mit. Insgesamt drohen damit Tausende Fonds-Anleger ihre Steuervorteile rückwirkend zu verlieren.

Bei den Cinerenta-Fonds ist der Fall etwas anders gelagert, weil das Finanzamt hier auf die fehlende Gewinnerzielungsabsicht abstellt. Wer sich an den zwischen 1997 und 2003 aufgelegten Cinerenta-Fonds beteiligte, bekam eine 100-prozentige Verlustzuweisung. Für Spitzenverdiener bedeutete dies damals: Wenn sie 100 000 DM (etwa 50 000 Euro) einzahlten, bekamen sie etwa die Hälfte davon vom Finanzamt zurück.

Nun drohen Steuernachzahlungen plus Zinsen ans Finanzamt. Cine Pictures, die Gesellschaft die inzwischen die Fonds verwaltet, macht selbst eine Beispielrechnung für einen Anleger auf, der sich am zweiten Fonds mit 100 000 DM (rund 50 000 Euro) beteiligt hat: Einschließlich Zinsen müsste er 37 600 Euro ans Finanzamt zahlen.

Aber wovon? Keiner der Fonds hat bisher auch nur annähernd das investierte Geld zurückgezahlt. Cine-Pictures-Geschäftsführer Florian Lechner, will die Höhe der Rückflüsse nicht nennen, gibt aber zu, dass wohl keiner der Fonds das investierte Kapital vollständig zurückzahlen wird. Sarah Mahler, Anwältin der Kanzlei Mattil & Kollegen, weiß dagegen genau, wie es um die Fonds bestellt ist: Beim ältesten Fonds sind 57,5 Prozent des Einsatzes zurückgeflossen, bei jüngsten 16,8 Prozent. Eine Faustformel in der Filmbranche sagt: Bei einem Film, der sein Geld nach zwei Jahren nicht eingespielt hat, tröpfelt es nur noch. Also wird bei den Cinerenta-Fonds das Geld nur noch tröpfeln.

Cinerenta-Anleger sind Kummer gewohnt: Beim zweiten Fonds sollten Erlösausfallversicherungen die Anleger beruhigen. Sie sollten zahlen, wenn ein Film floppt. Für zwei Filme wurde Geld beim Versicherer eingefordert - vergeblich.

Bleibt den Anlegern nur noch der Gang vors Gericht. Einerseits, um Schadenersatz gegen Fonds-Verantwortliche geltend zu machen. Mehrfach seien Schadenersatzprozesse gegen die Treuhänderin der Fonds, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Contor, gewonnen worden, wirbt die Kanzlei Mattil in München für sich.

Andererseits können die Betroffenen auch gegen die Finanzverwaltung vorgehen. Cine-Picture-Chef Lechner kündigt an, vor Finanzgerichten gegen die Aberkennung der Gewinnerzielungsabsicht vorzugehen. Dabei sollten sie bedenken, dass vor wenigen Tagen das Landgericht München I die ehemaligen Cinerenta-Geschäftsführer Eberhard Kayser und Rainer Binger wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zugunsten der Cinerenta-Anleger zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren auf Bewähhrung verurteilt hat (6 KLs 323 Js 30919/04).

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