Gewerbeimmobilien Wie US-Immobilien deutsche Banken gefährden

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Grafik: Fällige Rückzahlung für Kredite

Wie viel abgeschrieben wurde, wie viel die HRE heute noch in den Büchern hält, ist unklar. „Doch die zittern gewaltig“, sagt ein deutscher Banker, „vor allem, wenn man bedenkt, was nebenan passiert ist.“ Dort musste der US-Konzern Toll Brothers bei dem Luxusprojekt Northside Piers nach schleppendem Verkauf die Preise um mehr als ein Drittel kappen.

Bei der HRE kletterte das Volumen der auf einer Beobachtungsliste stehenden Problemkredite im Bereich Gewerbeimmobilien seit Ende 2008 von fünf Milliarden Euro innerhalb eines halben Jahres um 79 Prozent auf neun Milliarden  Euro. „Die deutlichsten Zuwächse sind in den USA“, heißt es dazu kleinlaut im Konzernzwischenlagebericht. Nicht verwunderlich, wenn man auf den Finanzierungsrausch der HRE in den Boomjahren 2006 und 2007 in den USA blickt: 520 Millionen für ein Ski-Resort in Aspen, 182 Millionen für ein Wohn- und Einkaufsprojekt in Denver, 240 Millionen für ein Hotel des Investors Donald Trump in Las Vegas und 442 Millionen für eines auf Hawaii, 393 Millionen für zwei Luxuswohnblocks in Atlanta, 105 Millionen für ein Entertainment-Center in Harlem.

Riskante Kreditfinanzierungen für US-Gewerbeimmobilien landeten auch noch auf einem anderen Weg in der Bilanz der HRE. 2006 legte die Bank den Quadra Realty Trust auf, einen Immobilienfonds, den sie im Februar 2007 an der New Yorker Börse einführte. Die HRE behielt 35 Prozent, konnte aber gleich zu Beginn 246 Millionen Dollar eigene Finanzierungen in späteren Krisengebieten wie Miami, Las Vegas und New York im Fonds abladen.

Meister des miserablen Timings

Die Idee dahinter: Die Bank hätte nicht nur als Konsortialführer an der Kreditvergabe verdient, sondern auch als Manager des Fonds kassiert – und zudem das eigene Kreditrisiko auf andere Schultern verlagert. Doch die HRE-Manager erwiesen sich vor allem als Meister des miserablen Timings. Weniger als ein Jahr nach dem Börsengang musste die HRE die Anteile des Fonds, der Eignern nur herbe Kursverluste beschert hatte, zurückkaufen – zu 38 Prozent über dem Börsenkurs. Wegen der Finanzkrise hatte die Refinanzierung des auf fast 700 Millionen Dollar Kreditvolumen angeschwollenen Fonds gestockt, Kreditgeber forderten ihr Geld zurück.

HRE hätte ohnehin einspringen müssen. Jetzt hat sie das Kreditportfolio von Apartmentblöcken, Geschäftshäusern, Hotels und Büros in der Bilanz. Es dürfte weiter an Wert verloren haben. Über 400 Millionen Dollar des Portfolios steckten in besonders riskanten Baudarlehen.

HSH stieg erst auf dem Höhepunkt ein

„Sie tauchten spät hier auf, sind aber dafür umso aggressiver aufgetreten“, spottet ein deutscher Banker über die HSH Nordbank. Heute knabbert die ums Überleben kämpfende Bank an den Folgen. So hatten die Norddeutschen noch Ende 2007 750 Millionen Dollar Kredit bereitgestellt, den ein Spekulant für die Umwandlung des Apartmentkomplexes „Manhattan House“ mit fast 600 Einheiten auf der Upper East Side in Luxuswohnungen brauchte.

Den HSH-Leuten war es zunächst sogar gelungen, ein Finanzierungskonsortium auf die Beine zu stellen. Doch als die Bewohner sich gegen Mieterhöhungen und die Umwandlung in Luxuswohnungen wehrten und zudem der Verkauf nur sehr schleppend in Gang kam, kniffen die HSH-Partner. Laut dem Branchendienst „Commercial Mortgage Alert“ zwangen sie die Deutschen, alle Darlehen und damit das ganze Kreditrisiko zu übernehmen. Angeblich hatte die HSH zu diesem Zeitpunkt in den USA bereits rund sechs Milliarden Dollar Kreditvolumen, die sie nicht mehr syndizieren konnte und deshalb in die eigenen Bücher nehmen musste. Die HSH will sich dazu nicht äußern.

Ein ähnliches Malheur passierte der Frankfurter Helaba. Gemeinsam mit dem sparkasseneigenen Fondshaus Deka vergab sie einen 415-Millionen-Kredit für das Toy Building am Madison Square. Co-Eigner des Gebäudes war die Investmentbank Lehman Brothers. Das zu mehr als der Hälfte leer stehende Bürogebäude ist Teil des Lehman-Konkursverfahrens. Möglicherweise müssen die Hessen das Objekt übernehmen, um Verluste bei einer Zwangsveräußerung zu verhindern. „Wir müssen nur einen Mieter finden, dann wird das noch was“, gibt sich Hans-Christian Ritter von der Helaba in New York optimistisch.

Selbst mit vermeintlich erstklassigen amerikanischen Partnern fielen deutsche Banken in New York auf die Nase. So war die Commerzbank-Tochter Eurohypo im August gezwungen, den 30-stöckigen neu gebauten Apartmentturm „Forte“ in Brooklyn selbst zu übernehmen. In dessen Fertigstellung wollte Mehrheitsinvestor Goldman Sachs angesichts düsterer Aussichten offensichtlich kein zusätzliches Geld mehr investieren. Goldman musste bereits 35 Millionen Dollar abschreiben. Eurohypo-Manager Clifford Rooke hofft, mit einem blauen Auge davonzukommen: „Wir arbeiten sehr hart daran, unser Investment zu 100 Prozent zurückzuerhalten.“

Problem-Hochhaus: Finanzierung von NordLB und Eurohypo

Schlimmere Bauchschmerzen bereitet ihm ein Mammutprojekt auf der anderen Seite der Brooklyn Bridge. Dort, im von der Krise besonders geschüttelten Financial District, klettert gerade die silberne Titanfassade des Beekman Tower, eines vom Stararchitekt Frank Gehry entworfenen 76 Stockwerke hohen Wolkenkratzers, an einem Stahlgerüst empor. Die Eurohypo war mit der Nord/LB einer der Konsortialführer für ein 680 Millionen Dollar schweres Baudarlehen.

Bereits im vergangenen Frühjahr gab es Stress mit dem Bauherren, der sogar drohte, den Turm um die Hälfte zu kappen. Jetzt könnten angesichts der eingebrochenen Preise für Eigentumswohnungen die rund 900 Luxuswohnungen, von denen im Financial District bereits Hunderte zum Verkauf stehen, in Mietwohnungen verwandelt werden. Das würde aber auch bedeuten, dass die Banken das geliehene Geld nicht so schnell wieder zurückbekommen werden wie geplant. Und ob die Mieteinnahmen ausreichen werden, um die Zinszahlungen zu decken, ist angesichts der in dem Viertel bereits um deutlich mehr als 20 Prozent eingebrochenen Mieten zweifelhaft.

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