Immobilienkrise in den USA Verzweiflungstaten bei Hausbesitzern und Banken

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Die Liste der Kreditgeber hier in Queens, die keine Raten mehr von ihren Schuldnern bekommen hatten, liest sich wie ein Register der großen Sünder der Finanzkrise: Die Pleitebanken Indymac und Washington Mutual sind vertreten, der wegen lascher Annahmepolitik kollabierte Hypothekenfinanzierer Countrywide, der mittlerweile der Bank of America gehört. Die Citigroup natürlich, ebenso Wells Fargo, die Bank aus San Francisco, die sich mit der Übernahme von Wachovia, der einst viertgrößten US-Bank, die Finger verbrannt hat. Aber auch der einst zum Autokonzern General Motors gehörende Finanzierer GMAC Mortgage, heute im Besitz der Private-Equity-Gesellschaft Cerberus. Und sogar ausländische Geldinstitute tummelten sich leichtfertig in Queens: Die britische HSBC ist genau so betroffen wie – mit gleich mehreren Objekten – die Deutsche Bank.

Allein im Januar mussten Banken in den USA mangels ausreichender Gebote 66.777 Objekte selbst übernehmen. Im vergangenen Jahr waren es insgesamt mehr als 860.000. Laut einer Studie der Deutschen Bank gingen in 26 lokalen Märkten 77 Prozent der zum Verkauf angebotenen Häuser an die Banken. In Las Vegas etwa gehört mittlerweile jedes 17. Haus einer Bank.

Je länger Banken Häuser im eigenen Bestand halten, desto größer wird die Notwendigkeit weiterer Milliardenabschreibungen auf die Kreditportfolios. Ex-Hausbesitzer, die vor dem Rauswurf Wände mit Farbe beschmieren, Teppiche mit Säure ruinieren und alles rausreißen, was nicht niet- und nagelfest ist, mindern den Wert vieler Immobilien weiter. Von der Bank übernommene Häuser verursachen zudem Kosten für Instandhaltung und Steuern. Kommunen verpflichten Banken, die Häuser in Schuss zu halten, Gärten zu pflegen, Graffiti zu entfernen, kaputte Fenster zu ersetzen.

Aktivisten helfen Obdachlosen

In Miami bringt die Aktivistengruppe „Take back the Land“ obdachlose Familien in leerstehenden Häusern unter – auch wenn sie damit gegen Gesetze verstoßen. „So viele Häuser stehen leer und werden keinen Käufer finden“, sagt einer der Anführer der Gruppe, „gleichzeitig haben viele Leute keine Wohnung. Das ist einfach nicht richtig.“ Jetzt hoffen alle auf den Obama-Plan, der von Zwangsversteigerung bedrohten Hausbesitzern helfen soll. „Banken und die Richter haben in den vergangenen Wochen, wo immer es möglich war, die Zwangsversteigerung erst einmal zurückgestellt“, sagt Jason Chang, ein auf Immobilien spezialisierter Anwalt aus Brooklyn, „alle haben auf die Details gewartet, weil sich mit Staatshilfe einige Verfahren vielleicht anders lösen lassen.“

Viele Hypothekenservice-Gesellschaften, die die Raten bei den Schuldnern kassieren und weiterleiten, fürchten allerdings, dass sie von Kreditgebern und Investoren verklagt werden könnten, wenn sie, wie im Obama-Plan vorgesehen, Darlehenserleichterungen zustimmen. Weil Kredite meist verbrieft und weiterverkauft wurden, ist nur schwer zu ermitteln, wer letztendlich der Gläubiger der faulen Hypotheken ist – eine US-Versicherung, die Landesbank in Kiel, ein niederländischer Pensionsfonds?

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