IT-Umstellung Commerzbank-Kunden sollten sich mit Geld eindecken

An den österlichen Feiertagen sollen zweieinhalb Jahre nach dem Kauf die alten Dresdner-Systeme endlich eingemottet werden. Das Mammutprojekt IT-Umstellung soll das Privatkundengeschäft stärken.

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Die Mitarbeiter der Commerzbank müssen über Ostern Acht-Stunden-Schichten schieben. Quelle: handelsblatt.com

Vom sonnigen Wetter werden die Computerspezialisten der Commerzbank an den Osterfeiertagen wenig mitbekommen. Denn bis Montag will der Konzern an einem geheim gehaltenen Ort in Frankfurt eines der ehrgeizigsten IT-Projekte der deutschen Bankgeschichte abschließen. Die Daten von rund fünf Millionen ehemaligen Kunden der Dresdner Bank müssen in diesen vier Tagen unfallfrei auf die frisch renovierten Computerplattformen der Commerzbank geschoben werden. Danach werden die alten Dresdner-Systeme eingemottet.

Für 2500 Mitarbeiter der Bank bedeutet das an den Feiertagen Acht-Stunden-Schichten rund um die Uhr. Läuft alles gut, wachsen die beiden Großbanken zweieinhalb Jahre nach dem Kauf der Dresdner Bank durch die Commerzbank auch technisch endgültig zusammen. Das ist für die Bank mehr als nur eine Prestigefrage. „Erst dann kann die Bank im Privatkundengeschäft richtig loslegen, alles andere ist mit Reibungsverlusten verbunden“, sagt Olaf Kayser, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Mit diesen Reibungsverlusten und den Vorbereitungen auf die neuen Commerzbank-Systeme hatte die Bank ihre bisherige Schwäche im Privatkundengeschäft entschuldigt.

Die IT-Umstellung soll das Privatkundengeschäft stärken

„Nur wenn die Bank dort Fortschritte erzielen kann, hat sie eine Chance, ihre Ertragsziele zu erreichen“, sagt Kayser. Und genau weil so viel davon abhängt, glaubt der Analyst an einen Erfolg. IT-Kosten in Höhe von 400 Millionen Euro im Jahr ließen sich damit sparen, weitere Einsparungen würden dadurch überhaupt erst möglich.

Aus dem Grund hat die Bank auch keine Mühen bei der Vorbereitung gescheut. „Wir haben unsere IT virtuell in zwei kompletten Testbanken in allen Details nachgebaut“, erklärt der zuständige Bereichsvorstand der Commerzbank, Peter Leukert. Monatelang haben die Programmierer mit den beiden virtuellen Banken „Gaia“ und „Diana“ den Datenumzug geprobt. Vereinfachende Modelle hätten schlicht nicht ausgereicht. Das liegt zum einen an der schieren Größe des Projekts. „Das wäre etwa so, als würden alle Münchner gleichzeitig nach Hamburg umziehen“, sagt Leukert. Der Umzug ist aber nicht nur sehr groß, sondern auch sehr kompliziert, da alle Kunden ihre alten Kontonummern behalten dürfen. „Das ist etwa so, als ob sich durch den Umzug Postleitzahl, Straßenname und Hausnummer nicht ändern“, sagt Leukert.

Wichtige Vorarbeiten hat die Bank schon im August 2010 abgeschlossen. Damals rüstete sie ihre gemeinsame Plattform dafür, künftig etwa doppelt so viele Kundendaten zu verarbeiten wie bisher. Das neue System muss Daten von elf Millionen Kunden verarbeiten, die im Jahr fünf Milliarden Transaktionen abwickeln.

Sieben Tests gab es seither mit „Gaia“ und „Diana“ – und zwei Generalproben. Diese waren so detailgetreu, dass zu ihnen sogar eigens der Vorstand anrückte – sonntags im Morgengrauen. Das wird an Ostern wieder geschehen. Denn in den nächsten vier Tagen wird der Moment kommen, nach dem es technisch kein Zurück mehr gibt. Ab diesem Moment mischen sich dann die Daten ehemaliger „grüner“ Dresdner-Bank-Kunden mit den Kunden der „gelben“ Commerzbank unwiderruflich. Deshalb muss der Commerzbank-Vorstand in einer Sondersitzung beschließen, dass der Hebel endgültig umgelegt wird.

Die Kunden bekommen den Umzug zu spüren: Die Commerzbank musste am Wochenende vom 9. und 10. April ihre IT-Plattform komplett herunterfahren. Die Folgen: kein Automat funktionierte, kein Online- und kein Telefonbanking. 140000 Kunden konnten nicht einmal ihre EC-Karte nutzen und mussten sich vorab mit Bargeld eindecken. Auch bei der endgültigen Umstellung an Ostern sind die Systeme wieder unten. Diese Steilvorlage hat die Stadtsparkasse Düsseldorf prompt genutzt und wirbt: „Kein Bargeld über Ostern? Kommen Sie doch zu uns.“

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