Kommentar Den Banken droht eine gefährliche Spirale

Erst die Banken, dann die Staaten, dann die Banken, dann die Staaten ... Die Spirale zwischen Staatsschulden- und Bankenkrise wird immer gefährlicher. Jüngster Beleg ist das Schicksal des Geldhauses Dexia.

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Nicole Bastian leitet den Finanzdesk des Handelsblatts. Quelle: handelsblatt.com

Das globale Bankdesaster 2007/08 mündete durch die teure Rettung der Institute und zahlreiche Konjunkturpakete in den westlichen Industrieländern in einer Staatsschuldenkrise. Diese wiederum hat mittlerweile ein so heftiges Ausmaß angenommen, dass die nächste Umdrehung stattfindet: die Bankenkrise 2.0.

Jüngster Beweis: die französisch-belgische Bank Dexia. Sie muss staatlich aufgefangen werden, vor allem weil sie so viele griechische und italienische Staatsanleihen in ihrer Bilanz hat. Zigmilliarden an Kapitalhilfen und Garantien im Jahr 2008 haben nicht nachhaltig geholfen. Dem Sog ist derzeit anscheinend nicht zu entkommen. Auch andere Banken mit vielen Staatsanleihen hochverschuldeter Euro-Staaten stehen derzeit an den Finanzmärkten unter Generalverdacht. Dadurch wird es teuer für sie, sich zu refinanzieren. Und so könnte sich manche Horrorprognose erfüllen.

Im Fall der Dexia erwägt die belgische Regierung nun, den belgischen Teil der Bank zu verstaatlichen. Schon jetzt ist klar, dass die Spirale sich damit noch einmal drehen dürfte. Die in Deutschland nur bei Experten bekannte Dexia ist ein riesiges Institut mit einer Bilanzsumme von 517 Milliarden Euro. Das ist ein Viertel der gesamten Wirtschaftsleistung Frankreichs und anderthalbmal so viel wie das Bruttoinlandsprodukt Belgiens von 352 Milliarden Euro.

Belgiens Staatsverschuldung ist mit fast 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aber ohnehin bereits eine der höchsten in der Euro-Zone, Frankreich bangt um seine bestmögliche Bonitätsnote AAA. Beide Regierungen versuchen deshalb derzeit, die Bank mit staatlichen Garantien zu retten, denn diese erhöhen formal nicht den Schuldenstand. Doch davon lassen sich die Finanzmärkte nicht täuschen und werden gerade bei Belgien skeptisch: Die Prämien zur Absicherung belgischer Staatsanleihen sind in dieser Woche erstmals über die Marke von 300 gestiegen, ein Rekordhoch. Die Finanzmärkte spüren: Auch wenn es neue Auffanggesetze gegeben hat, sind die Staaten nicht viel besser auf die milliardenschweren Bankprobleme vorbereitet als 2008.

Der Chef der europäischen Bankenaufsicht EBA, Andrea Enria, spricht von einer "wirklich gefährlichen Verbindung" zwischen den Schuldenproblemen der Staaten und den Finanzproblemen der Banken. Bisher ist es trotz des europäischen Rettungsfonds EFSF nicht gelungen, der Spirale ein Ende zu setzen. Dazu müssen die Staaten glaubhaft sparen. Und zwar mehr Mittel, als sie benötigen, um ihre Banken zu stabilisieren. Und die Finanzhäuser müssen transparent ihre Staatsanleihebestände abschreiben.

Brauchen die Finanzhäuser auf dem Weg dahin zusätzliches Geld, das sie von privater Hand nicht erhalten, müssen notfalls noch einmal die einzelnen Staaten mit Finanzhilfen einspringen. Nur dann kehrt das Vertrauen der Investoren in Banken und Staaten zurück.

Die Autorin erreichen sie unter: bastian@handelsblatt.com

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