Manager-Rauswürfe Die gefallenen Stars der Finanzkrise

Sie verdienten Millionen und verspielten Millarden: Die Finanzkrise sorgt für einen Kahlschlag in den Chefetagen von Banken und Versicherungen. Zahlreiche Topmanager mussten wegen hoher Verluste ihre gutdotierten Posten räumen. wiwo.de präsentiert die spektakulärsten Abtritte.

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Gestürzter Hoffnungsträger: John Thain

John Thain, der ehemalige Chef Quelle: dpa

Er galt als Überflieger, als jemand, der es an die Spitze der US-Bankbranche schaffen sollte. Doch für John Thain, den einstigen Chef der New Yorker Börse, endete seine Zeit als Bank-Boss mit einem Rauswurf.

Anfang 2009 musste Thain seinen Posten als Chef der US-Investmentbank Merrill Lynch räumen, nachdem er wenige Monate zuvor den Notverkauf des Geldinstituts an die Bank of America (BofA) eingefädelt hatte. Dabei hatte er allerdings mit BofA-Chef Ken Lewis eine folgenschwere Vereinbarung getroffen: Trotz Milliardenverlusten sollten die Merrill-Mitarbeiter wie üblich milliardenschwere Boni ausbezahlt bekommen - ein wenig sensibles Vorgehen der beiden Banker.

Millionen-Bonus und Büro-Renovierung

Thain zeigte sich Ende 2008 nicht gerade kleinlich: Er forderte noch im Dezember 2008 einen Bonus von zehn Millionen Dollar. Zudem ließ er sein Büro für 1,2 Millionen Dollar neu renovieren.

Dieses wenig geschickte Verhalten machte ihn für Lewis zur täglichen Belastung. Am 22.Januar dieses Jahres trat Thain von seinem Amt zurück. Sein Nachfolger Brian Moynihan werden unterdessen gute Chancen auf den Chefposten der Bank of America eingeräumt. Um diesen ist ein Nachfolgerennen entbrannt, seit Ken Lewis seinen Rückzug für Ende 2009 ankündigte.

Gefallenes Alpha-Tier: Richard Fuld

Richard Fuld vor seiner Quelle: Reuters

Er hielt sich für den besten in der Herde der Wall-Street-Alphatiere. Als "Gorilla" wurde er wegen seines aggressiven Geschäftsgebarens bezeichnet, und Richard "Dick" Fuld war richtig stolz darauf. Doch am 15. September 2008 war Richard "Dick" Fuld, der ehemalige Offizier, seinen Posten und seinen Ruf los. Trotz verzweifelter Rettungsversuche fand sich kein Retter für die Investmentbank Lehman Brothers, deren Chef Fuld damals war.

Die Bank legte eine der größten Pleiten der Wirtschaftsgeschichte hin, Fuld stürzte vom Thron und mußte sich hämische Anfeindungen gefallen lassen. "Schande" stand auf einem Schild, das Protestierende beim Gerichtsverfahren gegen Fuld hinter das kantige Konterfei des ehemals mächtigen Bankers hielten.

15 Jahre lang saß Fuld fest im Sattel bei Lehman, einer der Institutionen der Wall Street. Für Fuld, den früheren Offizier, war das Bankgeschäft wie ein Krieg, den er mit seinen Mitarbeiter-Truppen führte. Unter seiner Führung schraubte er den Gewinn der Bank von 113 Millionen im Jahr 1994 auf 4,2 Milliarden Dollar im Jahr 2007 hoch - und hielt sich für allmächtig.Ein Mann mit einer "fast unerträglich starken Persönlichkeit" sei Fuld gewesen, schrieb Lehmans Kommunikationschef Andrew Gowers später. Fuld war laut Gowers "ein Paradebeispiel für einen allmächtigen Unternehmenschef", der seinen Mitarbeiter Furcht einflößte.

Isolation durch Personenkult

Dieser Personenkult isolierte Fuld bald: Denn er war ein Chef, den niemand in Frage stellen konnte. Mitte 2007 schloss Lehman auf dem Immobilienmarkt dann einige extrem riskante Geschäfte ab, die der Vorstand abnickte. Ein Konsortium unter Lehman-Führung bot etwa 15 Milliarden Dollar für Amerikas größte Wohnungsbaugesellschaft - ein Deal, der komplett schiefging. Denn kurz darauf begannen die Immobilienpreise zu fallen, die Kredite auf den Weltmärkten trockneten aus, und der Deal brachte Lehman immer näher an den Abgrund.

Fuld realisierte allerdings nicht, in welchen Gefahren seine Bank steckte. Weiterhin sprach er beflissen mit Kunden, mit Geldgebern wechselte er kaum ein Wort. Selbst als Lehman einen Quartalsverlust von 2,8 Milliarden Dollar aufwies, sah dies Fuld als Ausreißer an.

Die Aktienkurse von Lehman begannen hingegen regelrecht einzubrechen. Fuld verfiel in Panik, statt harte Gespräche mit möglichen Investoren zu führen. Ende September 2008 musste Lehman Brothers Konkurs anmelden. Danach musste er sich vor einem Ausschuss des US-Kongresses verantworten. Politiker bezeichneten ihn als "Bösewicht des Tages", Demonstranten schrien ihn an. Fuld drohen zudem noch Klagen vor einem US-Zivilgericht.

Auch gut ein Jahr nach den turbulenten Ereignissen hält sich Fuld nach wie vor für unschuldig. In einem Interview mit Reuters Anfang September prophezeite er: "Am Ende werden die Guten gewinnen. "

Der Lückenbüßer: AIG-Chef Martin Sullivan

Er kam, sah, und stürzte nach nur drei Jahren an der Unternehmensspitze: Martin Sullivan, bis zum 15. Juni 2008 Chef des US-Versicherungsriesen American International Group (AIG), stürzte über die Riesen-Verluste des einst weltgrößten Versicherers.

Martin Sullivan, geschasster Quelle: REUTERS

Dem 54-jährigen Sullivan wurde ein Aufstand seiner Aktionäre zum Verhängnis. Anfang Juni 2008 beschloss der AIG-Verwaltungsrat die sofortige Trennung von Sullivan. Die Unzufriedenheit der Aktionäre war durchaus verständlich. Denn die Finanzkrise hatte den weltgrößten Versicherer hart getroffen.

Begonnen hatte die Krise am Kreditmarkt vor einem Jahr mit dem Zusammenbruch von zwei Hedgefonds der Investmentbank Bear Stearns. Wegen steigender Kreditzinsen konnten Schuldner mit geringer Bonität, so genannte Subprime-Schuldner, plötzlich ihre Hypothekardarlehen nicht mehr bedienen. Dies führte zu hohen Verlusten bei hypothekenbesicherten Papieren. Für AIG waren die Folgen dramatisch: Faule Kredite in den Büchern des Unternehmens verloren plötzlich deutlich mehr an Wert als erwartet.

Höchster Quartalsverlust der Konzerngeschichte

Sullivan unterschätzte wie viele andere Top-Manager, wie stark die eigenen Profite unter dem Einbruch des US-Eigenheimmarkts leiden würden. Im Jahr 2008 musste er den höchsten Quartalsverlust in der 89-jährigen Konzerngeschichte von AIG bekannt geben: Ein  Minus von fast acht Milliarden Dollar stand bei AIG für Januar 2008 bis März 2008 in der Bilanz. Das Quartal davor war mit Verlusten von sechs Milliarden Dollar kaum besser.

Seit Ausbruch der Finanzkrise musste AIG 30 Milliarden Dollar abschreiben. Im Mai besorgte sich AIG 20 Milliarden Dollar an frischem Kapital – angekündigt waren zunächst nur 12,5 Milliarden. Das reichte längst nicht aus: Insgesamt hat die US-Regierung AIG mit fast 70 Milliarden Dollar unter die Arme gegriffen, wie die US-Website ProPublica akribisch recherchiert hat.

AIG wiederholt im Visier der US-Börsenaufsicht SEC

Der herbe Wertverlust sorgte Anfang 2008 für Unmut unter den Aktionären. Damit wurde die Luft für Sullivan immer dünner. Wegen der anhaltend schlechten Zahlen hatten drei bedeutende AIG-Anteilseigner in einem offenen Brief den Rücktritt Sullivans gefordert.

Auch der größte AIG-Aktionär und ehemalige Vorstandschef der Versicherung Hank Greenberg wollte einen Führungswechsel – für Sullivan wohl eine besondere Perfidie: Denn Sullivan war einst als Saubermann nach der Ära Greenberg angetreten. Greenberg war über Ermittlungen der US-Börsenaufsicht SEC gestürzt, die bei AIG schwere Bilanzierungstricks vermutete.

Sullivan legte die Ermittlungen mit einem Vergleich bei, für den er die Rekordsumme von 1,6 Milliarden Dollar zahlte. Zudem musste AIG die Bilanzen für fünf Jahre korrigieren. Doch seit kurzem steht AIG wieder im Visier der SEC-Fahnder. Sie prüfen nun, ob Wertpapiere, die auf Immobilienkrediten basieren, korrekt verbucht wurden.

Persönlich muß Sullivan der Rauswurf tief getroffen haben. Er verließ das Unternehmen nach 36 Jahren Betriebszugehörigkeit. Sein Nachfolger Roger Willumstad warf nach kurzer Zeit bei AIG ebenfalls das Handtuch. Seit dem 17. September 2008 hat AIG mit Edward Liddy einen neuen Chef. Einfach hat Liddy es nicht: Mehrfach musste er sich vor dem US-Kongress wegen von AIG gezahlter Boni rechtfertigen - und der Riesen-Versicherer ist noch immer nicht in sicheren Gewässern.

Gestrauchelter Schweizer Potentat: UBS-Chef Marcel Ospel

Er hielt sich selbst für unersetzbar und galt als der mächtigste Mann der Schweizer Bankenwelt. Doch die Finanzkrise kegelte auch ihn aus seinem Job: Marcel Ospel, einst Verwaltungsratspräsident der Schweizer Großbank UBS, musste am 1. April 2008 zurücktreten.

Ex-UBS-Chef Marcel Ospel: Quelle: REUTERS

Ospel blieb keine andere Wahl: Denn die von ihm geführte UBS musste an jenem Tag Abschreibungen in zweistelliger Milliardenhöhe bekanntgeben – zum wiederholten Mal. Die Verluste aus der Finanzkrise summieren sich für die UBS bis zu Ospels Abgang auf 40 Milliarden Franken (rund 24 Milliarden Euro).

In einem 50-seitigen Bericht rechneten die UBS-Banker Ende April 2008 penibel vor, wie es zu den hohen Verlusten kam. Im Jahr 2006 weiteten die Investmentbanker der UBS ihr Geschäft mit festverzinslichen Wertpapieren erheblich aus, und dieses Geschäft geriet außer Kontrolle. Zudem wollte die Bank stärker in alternative Anlagen investieren. Zu diesem Zweck gründete sie die Einheit Dillon Read Capital Management, die kräftig in Subprime-Papiere investierte. Die Einheit hatte weitgehende Freiheiten und erlitt im Zuge der Finanzkrise spektakulär Schiffbruch.

Prämie für Ospel trotz Finanzkrise

Die UBS-Aktionäre waren über Ospels Riesenverluste wenig erfreut.

Auf besondere Kritik stießen die Prämien für Manager, deren Versagen in dem UBS-Bericht hinreichend dokumentiert ist. Ospels Nachfolger Peter Kurer hatte keinen leichten Start. Denn er zählt zur „alten Garde“ des UBS-Managements. Im März 2009 gab Kurer seinen Posten auf. Sein Nachfolger Oswald Grübel versucht nun, die UBS wieder zu ihrer alten Stärke zurückzuführen.

Der Glücklose: Charles Prince, Citigroup

Charles Prince machte schon vor Ausbruch der Finanzkrise keine gute Figur. Doch die Milliardenverluste am US-Immobilienmarkt wurden dem Citigroup-Chef zum Verhängnis. Unter Prince Führung hatte die größte Bank der USA Milliardensummen in Wertpapiere investiert, die mit Hypothekendarlehen von amerikanischen Hausbesitzern minderer Bonität besichert waren.

Ex-Citigroup-Boss Charles Quelle: dpa

Als die Rückzahlung der Darlehen Mitte 2007 zu wackeln begann, musste die Citigroup Milliarden in den Wind schreiben. Im November 2007 nahm Prince seinen Hut.

Vor Ausbruch der Finanzkrise war die US-Bank eine Größe für sich: Im Jahr 2006 erwirtschaftete sie in 100 Ländern einen Ertrag von insgesamt 89 Milliarden Dollar, rund dreimal so viel wie die Deutsche Bank. Als Allfinanzbank mit breiter Produktvielfalt galt die Citigroup lange als Abbild des amerikanischen Finanzsystems. Sie war Nummer eins im Geschäft mit den so genannten Structured Investment Vehicles und ist deshalb besonders stark von der Finanzkrise betroffen.

Abbild des amerikanischen Finanzsystems

Prince’ Nachfolger Vikram Pandit hat kräftig aufgeräumt. Einige Randgeschäfte wie etwa bankeigene Hedge-Fonds hat er schon verkauft. Die deutsche Citibank hat Pandit an die französische Crédit Mutuel verkauft. Dennoch wird noch Jahre dauern, bis die Citigroup zu ihrer einstigen Größe zurückfindet.

Der gefallene Aufsteiger: Merrill-Lynch-Chef Stan O’Neal

Er verkörperte wie kaum ein anderer den amerikanischen Traum vom Aufstieg: Stanley O’Neal schaffte es als erster Afroamerikaner an die Spitze einer großen US-Investmentbank. Doch die Finanzkrise machte auch vor dem Chef der US-Investmentbank Merrill Lynch nicht halt.

Stan O'Neal, einst Präsident Quelle: REUTERS

O’Neal fuhr bei Merrill Lynch einen aggressiven Wachstumskurs – und dieser wurde der Bank in der Finanzkrise zum Verhängnis. Denn die drittgrößte US-Investmentbank hatte sich stark am US-Markt für zweitklassige Hypothekendarlehen engagiert. Die Folgen waren bitte - für die Bank und für O'Neal selbst. Denn er war einer der ersten unter den ehemaligen Superstars der Wall Street, der über die Finanzkrise stolperte. Ende Oktober 2007 musste der damals 56-jährige den höchsten Quartalsverlust in der 93-jährigen Geschichte der Bank bekanntgeben. Wenige Tage später war er seinen Job los. Analysten zeigten sich damals wenig verwundert: Die Bank habe im Risikomanagement daneben gegriffen, lautete der Tenor.

Vom Bandarbeiter zum Bankchef

O’Neal hatte sich aus kleinen Verhältnissen hochgearbeitet: Er wuchs im US-Bundesstaat Alabama auf und finanzierte sich sein Studium als Bandarbeiter in einer Autofabrik. Ein Jahr vor seinem Rücktritt strich O’Neal noch ein Salär von 50 Millionen Dollar ein.

Sein Nachfolger John Thain hielt sich ebenfalls nicht lange im Sattel: Nach dem Notverkauf von Merrill Lynch an die Bank of America wurde Thain Anfang 2009 gefeuert. Der Grund: Er hatte mit der Bank of America milliardenschwere Boni-Zahlungen ausgehandelt, obwohl Merrill am Rand der Pleite stand. Sein Nachfolger Brian Moynihan hat nun gute Chancen, den Anfang 2010 freiwerdenden Chefposten der Bank of America zu ergattern.

Die geschasste Staatsbankerin: Ingrid Matthäus-Maier, KfW-Chefin

Sie war eine der wenigen Frauen Deutschlands in einer Management-Spitzenposition und kämpfte verbissen um ihren Verbleib als KfW-Chefin. Doch die Milliardenverluste der IKB-Bank kosteten Ingrid Matthäus-Maier ihren Job.

Ingrid Matthäus-Maier, Quelle: AP

Die ehemalige SPD-Politikerin ging Anfang April mit Tränen in den Augen. Zum Fallstrick wurden ihr die milliardenschweren Rettungspakete für die Mittelstandsbank IKB, an der die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit über 40 Prozent beteiligt ist. Die IKB hatte sich über Offshore-Gesellschaften stark am US-Hypothekenmarkt engagiert und war dadurch in eine existenzbedrohende Schieflage geraten.

Um die drohende deutsche Bankenkrise abzuwenden, stand die KfW für sämtliche Risiken der IKB gerade und schoss mehrfach Geld nach. Das kam die staatliche KfW und damit die Steuerzahler teuer zu stehen.

Monatelange Suche nach Käufer für IKB

Monatelang versuchte die KfW, die IKB endlich loszuwerden. Doch erst im August 2008 fand die Bank in dem Finanzinvestor Lone Star einen Käufer.

Selbst Parteifreunde sparten nicht mit Kritik an  Matthäus-Maiers Krisenmanagement. Sie habe den Verkaufsprozess derart in die Länge gezogen, dass potentzelle Investoren reihenweise absprangen, hieß es. 

Matthäus-Maiers designierter Nachfolger Ulrich Schröder, zuvor Chef der NRW-Bank, ist es gelungen, die KfW wieder in ruhigeres Fahrwasser zu bringen. Doch das Kapitel IKB wird wohl für immer ein tiefroter Fleck in der Geschichte der staatlichen Förderbank bleiben.

Der gefallene Finanzmagier: Georg Milbradt, Ministerpräsident von Sachsen

Er stand wie kaum ein anderer für den Aufstieg des Freistaats Sachsen: Selbst seine politischen Gegner bescheinigten Georg Milbradt, ein ausgezeichneter Finanzminister gewesen zu sein. Doch Milbradt wollte mehr. Im April 2002 wurde er zum sächsischen Ministerpräsidenten gewählt. Fünf Jahre später trat er zurück.

Georg Milbradt, ehemaliger Quelle: AP

An Milbradts Abtritt war die Krise der Landesbank SachsenLB nicht ganz unschuldig. Denn im Spätsommer 2007 geriet auch die SachsenLB in den Strudel der Finanzkrise. Das drohende Aus für die Landesbank wendete Milbradt mit einem Notverkauf ab. Doch die Vorgänge rund die SachsenLB dürften Milbradt auch persönlich zugesetzt haben. Denn die Bank, die er mitgegründet hatte, galt als eines seiner Lieblingsprojekte.

Sein Ruf als „Finanzmagier“ war damit angekratzt. Einige Zeit später wurden Einzelheiten über Kredite bekannt, die Milbradt und seine Frau von der SachsenLB erhalten hatten. Milbradt wurde zwar kein Fehlverhalten nachgewiesen – doch das Vertrauen der sächsischen CDU-Abgeordneten hatte er damit verspielt.

Abgang mit strategischer Größe

Mitte April 2008 kündigte Milbradt seinen Rückzug an. Bei seinem Abgang zeigte er nochmals seine strategische Klasse: Als Nachfolger setzte er Stanislaw Tillich ein, der bis dahin Finanzminister war. Der Vertraute Milbradts ist in der CDU geschätzt und beliebt – ganz wie der frühere sächsische Ministerpräsident vor Ausbruch der Finanzkrise.

Der Vorlaute: Werner Schmidt, Chef der BayernLB

Seinem drohenden Rauswurf kam er durch einen Rücktritt bevor: BayernLB-Chef Werner Schmidt trat Mitte Februar 2008 nach heftigen Querelen als Chef der zweitgrößten deutschen Landesbank ab.

Werner Schmidt, ehemaliger Quelle: AP

Zum Verhängnis wurde Schmidt ein ehrliches Eingeständnis: Anfang Februar letzten Jahres gab der BayernLB-Chef überraschend Wertberichtigungen von 1,9 Milliarden Euro bekannt. Mit dieser Zahl düpierte er die gesamte bayrische Landesregierung. Denn bis zu Schmidts Vorstoß hatte es immer geheißen, über die Auswirkungen der Finanzkrise könne erst mit der Bilanz im April berichtet werden. Bayerns damaliger Ministerpräsident Günter Beckstein und Finanzminister Erwin Huber warfen Schmidt daraufhin schlechte Kommunikation vor. Ein Verwaltungsratsmitglied drückte das etwas deutlicher aus: „Wir stehen jetzt wie die letzten Deppen da“.

Der Druck auf Schmidt, der immer schon als impulsiv galt, wurde danach zu groß. Beckstein formulierte es kurz nach Schmidts Rücktritt ziemlich deutlich. Der Rücktritt sei „konsequent“ gewesen. Es habe schwere Kommunikationsprobleme zwischen Schmidt und den beiden Eigentümern gegeben. „Dass das Klima nicht mehr gestimmt hat, hat jeder gesehen, auch wenn er dreiviertel blind war“, sagte Beckstein damals.

Nachspiel für Beckstein und Huber

Schmidts Nachfolger Michael Kemmer hat die BayernLB wieder einigermaßen auf Kurs gebracht. Doch die schon oft geforderte Neuordung der Landesbanken steht weiterhin aus.

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