Musikkonzern vor Jobabbau Emi dreht Geldhahn weiter zu

Der kriselnde britische Musikkonzern Emi verschärft einem Zeitungsbericht zufolge seinen Sparkurs. Ein Jobabbau wird damit immer wahrscheinlicher. Wie schlecht es um die Geschäfte der Musikbranche bestellt ist, machten zuletzt noch einmal die Zahlen aus dem US-Weihnachtsgeschäft deutlich.

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HB LONDON. Emi findet keinen Weg aus der Krise. Mit neuen Maßnahmen soll nun gegengesteuert werden. Die Verpflichtung neuer Künstler müsse nun direkt von einer Handvoll ranghoher Manager abgesegnet werden, auch Pläne für Marketing-Aktionen würden strenger unter die Lupe genommen, berichtete die "Financial Times" unter Berufung auf unternehmensnahe Kreise.

Der neue Emi-Eigentümer, das Beteiligungsunternehmen Terra Firma des Investors Guy Hands, will zudem bis 2012 die Marketing-Ausgaben um 28 Millionen Pfund kappen. 2008 sei auch ein Stellenabbau unter den weltweit 5500 Beschäftigten wahrscheinlich, hieß es.

Hands, der sich den britischen Traditionskonzern inklusive übernommener Schulden vier Milliarden Pfund kosten ließ, sieht sich angesichts rapide sinkender CD-Verkäufe zu einem rigorosen Sparkurs gezwungen, was ihn bei den hauseigenen Stars nicht populärer macht. Vor einigen Monaten drohte er "faulen Künstlern" den Rauswurf an. Die britische Band Radiohead, deren Emi-Vertrag im Herbst ohne eine Verlängerung auslief, warf ihm daraufhin in einem Interview vor, keine Ahnung vom Musikgeschäft zu haben. 2007 hatten Musiker wie Ex- Beatle Paul McCartney das Label verlassen, auch Robbie Williams hatte angedeutet, nicht unbedingt bei Emi bleiben zu wollen.

Der Konzern, bei dem Stars wie Coldplay oder Norah Jones unter Vertrag stehen, hatte im vergangenen Geschäftsjahr einen Vorsteuerverlust von 263,6 Millionen Pfund gemacht. Das schnell wachsende Online-Geschäft kann die Einbußen durch die Einbrüche beim CD-Absatz nicht ausgleichen.

Wie schlecht es um die Geschäfte der Musikbranche bestellt ist, machten zuletzt noch einmal die Zahlen aus dem US-Weihnachtsgeschäft deutlich: Der Alben-Verkauf brach im Jahresvergleich um gut ein Fünftel ein. Von der Erntedankfest-Woche (Thanksgiving) um den 22. November bis Heiligabend wurden im wichtigsten Musikmarkt der Welt 83,9 Millionen Alben abgesetzt - ein Minus von 20,3 Prozent, wie das US-Fachblatt "Variety" unter Berufung auf Zahlen der Marktforschungsfirma Nielsen Soundscan berichtete. Bestverkauftes Album des Jahres wurde demnach mit nur 3,5 Millionen Exemplaren die Platte "Noel", auf der der Sänger Josh Groban seine Interpretation von Weihnachtsliedern vorträgt.

Radiohead-Sänger Thom Yorke wies unterdessen Berichte zurück, wonach die Vertragsverlängerung an überhöhten finanziellen Forderungen der Band gescheitert seien. Die Londoner "Times" und die "Financial Times" hatten berichtet, Emi habe Radiohead drei Millionen Pfund geboten. Die Band habe aber einen Vertrag im Wert von bis zu zehn Millionen Pfund gefordert. Yorke sagte dem US-Branchenblatt "Billboard", die Band habe vor allem mehr Kontrolle über ihre Aufnahmen gefordert und die Art, wie der Musikkonzern mit ihnen in Zukunft umgeht.

Die Band sorgte im Herbst für Schlagzeilen, als sie ihr neues Album im Internet zum Download anbot und die Fans selbst über den Preis entscheiden ließ. Der kommerzielle Effekt des von Medien zunächst als revolutionär gefeierten Vorgehens blieb jedoch umstritten. Offizielle Angaben legte die Band nie vor. Inzwischen ist das Album "In Rainbows" bei einer anderen Musikfirma auch als gewöhnliche CD erschienen. Branchenexperten fragen sich nun, wie hoch deren Verkäufe noch ausfallen werden, nachdem die Fans das Album - wenn auch in schlechterer Sound-Qualität - herunterladen konnten.

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