Nacktfotos für Umweltschutz Model löst Kulturkontroverse in Vietnam aus

Wie viel Nacktheit akzeptiert das kommunistische Vietnam? Model Ngoc Quyen wollte mit Aktaufnahmen ein Zeichen für den Umweltschutz setzen - und steckt nun mitten in einer Kultur- und Wertediskussion der Generationen.

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Model und Schauspielerin Ngoc Quyen sorgte mit ihren Nacktfotos für einen Skandal. Quelle: handelsblatt.com

Das Model Ngoc Quyen räkelt sich nackt an einem Fluss in einem kleinen Wald irgendwo in Vietnam. Sie lässt sich dabei fotografieren und stellt die Bilder ins Internet. Unter den Aufnahmen titelt sie: „Hüte die Umwelt wie Deinen Körper“. Die 23 Jahre alte Vietnamesin hat mit den Bildern für einen Skandal gesorgt und eine heftige Debatte über traditionelle Werte im kommunistischen Land ausgelöst.

In Windeseile verbreiteten sich die Bilder in den Medien, via Facebook und in anderen Internetforen. Viele kritisierten, dass das Nacktsein für einen anderen Zweck instrumentalisiert werde. Ngoc Quyen sagt, sie habe die Fotos aus eigener Initiative veröffentlicht, und ganz ohne einen Hintergedanken.

Auf einer bekannten vietnamesischen Webseite kommentiert jemand namens Huyen Trang: „Nacktbilder sind in der vietnamesischen Kultur nicht akzeptabel. Sie schützt nicht die Umwelt, sondern sie verschmutzt sie.“ Auf einer anderen Seite schreibt ein Kommentator: „Wenn Ngoc Quyen Eltern hat, was denken die nun? Ich würde mich für sie schämen.“

Die Darstellung von Nacktbildern ist ein heikles Thema, vor allem in einem Land, das größtenteils von einer patriarchalischen Kultur geprägt ist und die Sittsamkeit der Frauen würdigt. Der Körper einer Frau soll ein Mysterium bleiben und nie ganz in der Öffentlichkeit gezeigt werden.

Seit vielen Jahrzehnten sei der Frauenkörper ein Motiv in der Fotografie, erklärt der Fotograf Thai Phien, vielfach „halb bedeckt, halb entblößt.“ Die Bilder des 48-Jährigen, der Frauen meist in Landschaften fotografiert, waren lange umstritten in Vietnam und galten als Pornografie. „Die Öffentlichkeit ändert sich nun gegenüber Aktfotografie“, sagt er. „Aber die Kulturpolitik in Vietnam ist immer noch sehr konservativ. Sie versuchen weiterhin das Thema Nacktheit zu verhindern.“ Quyens Bilder als „Nacktkunst“ zu bezeichnen, geht ihm jedoch zu weit.

Die Kontroverse hat einen wunden Punkt in Vietnam getroffen, nämlich die größer werdende Kluft zwischen der alten und neuen Generation. Damit gehen Ängste einher, dass mit der Modernisierung traditionelle Familienwerte verloren gehen. Vietnam war über viele Jahre hinweg im Krieg und entwickelte sich erst in den 1980er Jahren zu einer wachsenden Volkswirtschaft in Südostasien.

Das Brutto-Inlandsprodukt betrug im vergangenen Jahr 6,8 Prozent. Mehr Wohlstand und neue Technologien haben jungen Menschen gleichzeitig die Möglichkeit gegeben, sich zu entfalten und sich anders auszudrücken. In den Augen vieler Menschen scheinen sie damit von den konfuzianischen Werten ihrer Eltern abzufallen.

„Mit jeder Generation gibt es einen Kampf zwischen alt und neu“, sagt die Direktorin des Instituts für Sozialwissenschaften in Vietnam, Khuat Thu Hong. „Der Grund liegt darin, dass Vietnams Entwicklung schneller ist als zuvor.“ Dennoch sei selbst in diesen sich wandelnden Zeiten Quyens Initiative für die Öffentlichkeit sehr außergewöhnlich, meint Hong.

Unterdessen hat Ngoc Quyen Stellung zu den Fotos genommen. Im Interview mit VietnamNet wurde sie gefragt, ob ihre Mutter und Freund die Aktion genehmigt hätten. Sie gab zu, sie hätte es nie ohne die Zustimmung der Mutter gemacht. Vielleicht besänftigt es die Traditionalisten, dass Quyen die elterliche Zustimmung für die Aktion hatte.

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