Opel-Vorstand Rita Forst "Von der Quote halte ich gar nichts"

Opel-Vorstand Rita Forst hat sich als Ingenieurin und Mutter von zwei Kindern bis an die Spitze des Unternehmens durchgekämpft. Bei vielen jungen Frauen vermisst sie heute Entschlossenheit und eine Karriereplanung.

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Rita Forst

wiwo.de: Frau Forst, Sie sind als Maschinenbau-Ingenieurin Entwicklungsvorstand der Adam Opel AG und in der Position Chefin von 6000 Ingenieuren in Europa. Haben Sie Karriere gemacht, weil Sie Frau sind oder obwohl Sie Frau sind?

Rita Forst: Gerade in den Ingenieursberufen ist Qualifikation das A und O. Ich habe Karriere gemacht, weil ich gut bin und nicht weil ich eine Frau bin.

Die Männer haben Sie deshalb von Anfang an respektiert? Rita Forst: Ich habe zunächst eine Industrielehre gemacht und war da die einzige Frau.. Ich habe Maschinenbau studiert – und war fast allein unter 120 Männern. Ich war in der Motorenentwicklung bei Opel die einzige Frau. Ich habe da gelernt, mich durchzubeißen.

Leicht war es also nicht immer? Rita Forst: In den 80er Jahren gab es schon einige Männer, die mir ein schlechtes Gewissen einzureden versuchten, als unser erster Sohn auf die Welt kam. Heute ist die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau ganz anders, wie ich als Mutter von zwei inzwischen erwachsenen Söhnen weiß: Die Frauen erwarten eine Gleichberechtigung im Haushalt, im sozialen Bereich und auch im Beruf.

Die Erwartung an eine berufliche Karriere erfüllt sich für viele Frauen aber immer noch nicht: In Führungspositionen sind sie unterrepräsentiert. Europaweit wird deshalb eine Frauenquote für die Besetzung von Vorstandspositionen und Aufsichtsratsposten diskutiert. Unterstützen Sie diese Forderung?

Rita Forst: Im siebenköpfigen Opel-Vorstand haben wir zwei Frauen – ohne dass wir eine Frauenquote haben. Im erweiterten Vorstand kommen wir mit vier Frauen auf einen Anteil von ungefähr 25 Prozent. Von der Quote halte ich gar nichts: Wenn es eine Frauenquote gäbe, hätte jede Frau in einer Führungsposition das Problem, dass sie unter Verdacht steht, nur über die Quote in die Position gekommen zu sein und nicht über Qualifikation und Leistung. Frauen müssen sich durchsetzen, beharrlich sein, sich bewähren und beweisen  - genau so wie die Männer.

Und oft auch besser sein als Männer? Rita Forst: Ja, das ist nicht von Nachteil. Bei jeder neuen Aufgabe musste ich immer beweisen, dass ich es packe.   

Im Opel-Vorstand ist die geplante Frauenquote von 30 Prozent fast schon erfüllt. Wie hoch ist der Frauenanteil denn in dem von Ihnen geführten Opel-Entwicklungszentrum?

Rita Forst: Mehr als sieben  Prozent hier in Rüsselsheim und mehr als zwölf Prozent im Diesel-Entwicklungszentrum in Turin.  In Detroit ist soeben Mary Barra zur weltweiten Entwicklungschefin ernannt worden.

Höheres Interesse am Maschinenbau

Worauf führen Sie es zurück, dass die Zahl der Frauen in Ihrem Bereich steigt? Rita Forst: An den Aufgaben. Ich beobachte, dass das Interesse der Frauen am Maschinenbau wächst, je größer der Anteil der Elektrotechnik und Informatik wird.

Weil der mechanische, meist auch schmutzige Anteil an der Arbeit zurückgeht? Rita Forst: Das ist meine Hypothese. Ich habe früher mit meinem Vater noch am Auto geschraubt. Schmutzige, ölverschmierte Hände waren für mich ganz normal. Andere junge Frauen schreckt das auch heute noch eher ab.

Wenn eine Frauenquote nichts brächte außer einem schlechten Gewissen und Rechtfertigungsdruck: welche Alternativen sehen Sie denn, um das Ziel - mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen -- zu erreichen?

Rita Forst: Es ist wichtig, in den Unternehmen  Vorbilder zu haben,  die jungen Frauen Orientierung geben und ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen können. Frauen müssen mit Frauen reden, die Erfahrung haben, Karriere gemacht haben. Hier kriegen sie dann auch sicher eine Antwort auf die Frage: Will ich wirklich Karriere machen?

Führen muss man nicht nur können, sondern auch wollen. Rita Forst: Wer führt, muss auch verzichten können, etwa auf ein Stück Lebensqualität. Man muss dann Wege finden, Beruf und Familie miteinander zu verknüpfen…

…oder auf Familie oder Kinder zu verzichten. Rita Forst: Viele Frauen können sich da oft nicht entscheiden. Männer haben meistens einen Karriereplan, Frauen lassen sich oft ein Stück weit treiben. Sie warten auf das, was da an Angeboten kommt. Sie sind hoch qualifiziert, hervorragend in der Teamarbeit – aber dann folgt oft eine Phase der Unsicherheit, wo sie sich nicht entscheiden können zwischen Karriere oder Familie. Und beides trauen sie sich oft nicht zu. Und diese Phase der Unsicherheit kommt oft in der Zeit, in der die Männer Karrierepläne schmieden, Netzwerke aufbauen und sich total auf ein Ziel fokussieren.

Sie können das, weil die Kinder immer noch die Frauen kriegen. Rita Forst: Das Kinderkriegen ist nicht das Problem. Die Problem kommen erst danach. Sechs Monate Auszeit etwa kann man leicht überbrücken und dann auch schnell in den Job zurückfinden. Aber dazu muss man erst einmal wissen, was man will.

Frauen sind eine Bereicherung

Wie kam eigentlich Ihr Mann damit zurecht, dass Sie Karriere machten? Rita Forst: Ganz gut: Er hat  Seine beruflichen Ziele genauso erfolgreich umgesetzt.

Aus Ihrer Erfahrung: Sind Unternehmen mit einem hohen Frauenanteil in der Führung die erfolgreicheren Unternehmen? Rita Forst: Das ist eine ganz schwierige Frage. Ich glaube, dass Frauen für jeden Vorstand eine Bereicherung sind. Sie erhöhen die Innovationsfähigkeit, denken kundenorientierter. Sie müssen sich nicht so stark profilieren wie Männer. Frauen sind deshalb  ein wichtiger Erfolgsfaktor.               

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