Pakistan Bhutto wollte angeblich Komplott aufdecken

Pakistan bleibt in Unruhe: Die beiden großen Oppositionsparteien wehren sich gegen die von der Regierung geplante Verschiebung der Parlamentswahl und greifen Präsident Musharraf scharf an. Gleichzeitig berichtet die Partei der ermordeten Benazir Bhutto, die ehemalige Ministerpräsidentin habe brisante Dokumente besessen.

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Bhuttos Sohn Bilawal Bhutto Zardari neben einem Bild seiner ermordeten Mutter. Quelle: dpa

HB ISLAMABAD. Pakistans politische Zukunft bleibt ungewiss. Die am Neujahrstag mit Spannung erwartete Entscheidung über den Termin der Parlamentswahl wurde erneut auf Mittwoch vertagt. Als sicher gilt inzwischen allerdings, dass die Abstimmung um mehrere Wochen verschoben wird. Mitglieder der staatlichen Wahlbehörde hatten mitgeteilt, es sei unmöglich, die Wahlen wie geplant am kommenden Dienstag abzuhalten.

Die Opposition im Land protestiert gegen die Entscheidung. Sollte die Regierung die Abstimmung tatsächlich verschieben, werde seine Partei zu Massenprotesten aufrufen, sagte der ehemalige Ministerpräsident Nawaz Sharif von der Muslimliga (PML-N) und fügte hinzu: "Wir werden diese Verschiebung nicht akzeptieren."

Die Pakistanische Volkspartei (PPP) der ermordeten Oppositionsführerin Benazir Bhutto warf Präsident Pervez Musharraf vor, er wolle die Wahl nur deshalb verschieben, damit sich die Empörung über den Mordanschlag in der vergangenen Woche abkühle.

Politische Beobachter gehen davon aus, dass eine Verschiebung der Wahlen in der Tat Musharraf zugutekommt. Denn die Regierungsparteien hätten Zeit, in der Bevölkerung wieder an Boden zu gewinnen. "Uns stehen weitere Wochen mit einer schwachen Übergangsregierung an der Spitze bevor", sagt der pakistanische Journalist Ayaz Amir. "Das ist gefährlich, sorgt es doch für anhaltende Unsicherheit im Land."

Ein Sprecher der Wahlkommission hielt dagegen, es sei unmöglich, den Termin am 8. Januar noch einzuhalten. So seien bei den Unruhen im Anschluss an den Mordanschlag die Büros der Kommission in zehn Bezirken der Provinz Sindh in Brand gesetzt worden. Dabei seien zum Teil auch wichtige Wahlunterlagen zerstört worden, die erst erneuert werden müssten.

Unterdessen wurde über das Bhutto-Attentat neues Videomaterial veröffentlicht, das Zweifel an der Regierungsversion über den Tathergang aufkommen ließ. Der Film, der dem britischen Fernsehsender Channel 4 vorliegt, zeigt einen Mann, der aus nächster Nähe aus einer Handfeuerwaffe Schüsse auf Bhutto in ihrem offenen Wagen abgibt. Sie bewegt sich ruckartig nach oben, was deutlich an ihrem Haar und ihrem Schal zu sehen ist und darauf schließen lässt, dass sie getroffen wurde. Dann fällt sie in sich zusammen, und unmittelbar darauf wird ihr Fahrzeug von einer gewaltigen Explosion erschüttert. Die Regierung hat mitgeteilt, Bhutto sei nicht von Kugeln getroffen worden.

Ein Berater der Politikerin teilte am Dienstag zudem mit, Bhutto habe sich am Abend ihres Todestages mit Abgeordneten aus den USA treffen wollen, um ihnen ein Dossier über Vorbereitungen auf Wahlfälschungen zu übergeben. Der PPP-Abgeordnete Latif Khosa sagte, er habe den 160-seitigen Bericht selbst erstellt. Bhutto habe ihn persönlich Senator Arlen Specter und dem Abgeordneten Patrick Kennedy übergeben wollen. Khosa warf der Wahlkommission unter anderem vor, absichtlich drei Millionen Wahlberechtigte nicht in das Wählerregister aufgenommen zu haben.

An der pakistanischen Börse führte die politische Unsicherheit nach der Ermordung Bhuttos zu hohen Kursverlusten. Der Karachi 100 Stock Index brach am Montag um 4,7 Prozent ein. Es war einer der größten Tagesverluste in der Geschichte der Börse.

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