Schneller schlau Warum wird nach Aschermittwoch gefastet?

Frommer Verzicht – „Schneller schlau“ entführt in die Welt des Wissenswerten.

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Das Aschekreuz auf der Stirn markiert für Christen den Beginn der vorösterlichen Fastenzeit. Quelle: handelsblatt.com

Karnevalsmuffel können bald aufatmen - mit dem Aschermittwoch ist der Mummenschanz für diese Saison endgültig erledigt. Der Tag, an dem sich Christen ein Kreuz aus Asche auf die Stirn zeichnen lassen, markiert den Beginn der Fastenzeit: Bis zum Osterfest sollen Gläubige sich bestimmter gewohnter Genüsse enthalten - was sich nicht unbedingt nur aufs Essen beschränken muss.

So verrät etwa schon der Name Autofasten , welche Form der Enthaltsamkeit hier geübt werden soll - übrigens mit dem Segen beider christlicher Konfessionen und der Unterstützung verschiedener Ministerien, Umweltschutzverbände und des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Wer sich beim Verzicht aufs eigene Gefährt in seiner Mobilität eingeschränkt fühlt, kann im „Fastenwandern“ einen Ausgleich suchen und damit eine der immer populäreren Formen des Heilfastens für sich entdecken.

Mit dem religiösen Ursprung des Fastens haben solche Formen des gesundheitsbewussten Verzichts allerdings wenig zu tun. Der wird gewöhnlich im Jahr 325 gesehen, als ein kirchliches Konzil in Nicäa die genaue Berechnung des Osterdatums festsetzte. Wie Christus, der 40 Tage in der Wüste gefastet hatte, sollte auch der Gläubige 40 Tage lang Verzicht auf Fleisch und andere Speisen üben - was für den mittelalterlichen Christen vielfach Wassersuppe und hartes Brot bedeutete.

Von Aschermittwoch bis zur Ostermette galt, außer an Sonntagen, die Regel: Nur eine Mahlzeit pro Tag, dazu zwei kleine „Snacks“. Fleisch und alle Arten von Milchprodukten waren tabu, ebenso Eier. An Aschermittwoch und Karfreitag wurde dem Gläubigen nur eine Mahlzeit zugebilligt. Bedenkt man, dass etwa ein – oft schwer arbeitender – mittelalterlicher Mönch bis zu 7000 Kalorien pro Tag zu sich nahm, werden die Dimensionen dieses Verzichts deutlich.

Kein Wunder, dass die geplagten Gottesdiener mitunter zu Tricks griffen, um allzu tiefe Einschnitte in den täglichen Speiseplan zu umgehen. Anekdoten um Wasservögel, die kurzerhand zu Fischen – und damit zu erlaubten Speisen – erklärt wurden, sind unter Historikern umstritten. Sicher ist jedoch, dass sich bayrische Mönche während der Fastenzeit ein besonders starkes Bier brauten. Und die Raffinesse, mit der manch frommer Koch sein vermeintlich dürftiges Fischgericht zubereitete, erreichte solche Ausmaße, dass sich die Kirchenbehörden immer wieder genötigt sahen, auf den Geist der Fastengebote zu verweisen – und allzu aufwändige Fischgelage zu untersagen.

Die Entdeckung Amerikas brachte ein neues Genussproblem in die alte Welt: Schokolade. 1569 schickten die Bischöfe von Mexiko einen eigenen Gesandten an Papst Pius V. Der heilige Vater sollte selbst entscheiden, ob der Aztekentrank „Xocoatl“ die Fastenregel verletzte. Was Pius nach dem Genuss einer Tasse Kakao auch tat – und die Schokolade unter die erlaubten Fastenspeisen einordnete.

Ein anderer Fastenbrauch lebt heute vor allem als Sprichwort fort - das Hungertuch, auch Fastentuch genannt. Es wird in Kirchen während der Fastenzeit aufgehängt und verdeckt den Altar und die Heiligenbilder, bis es zur Ostermette feierlich wieder eingeholt wird. Genagt wird allerdings üblicherweise nicht an diesen meist kostbar verzierten Stoffen - das Sprichwort bezieht sich in seiner ursprünglichen Form auf den Herstellungsprozess, aufs „Nähen am Hungertuch“.

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