Strategie Fünf wegweisende Konzepte für neues Wissensmanagement

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Itemis: Vier Tage arbeiten, einen Tag tüfteln

Itemis

Mario Wündsch interessiert sich gerade sehr für die Zukunft der Smartphones: Überholen Android-Handys bald das iPhone? Falls ja, wie lassen sich dafür neue Applikationen entwickeln? Wündsch tippt die Fragen in den Computer seines Büros in Lingen. Und diskutiert sie mit zwei Kollegen in Pforzheim uand Kiel, die von dort über den Kommunikationsdienst Yammer zugeschaltet sind.

Nichts Besonderes, möchte man meinen.

Ist es aber. Denn Software für Smart‧phones zu entwickeln, gehört nicht zu Wündschs Aufgaben. Der Informatiker brütet eigentlich über maßgeschneiderter Unternehmenssoftware – jüngst entwickelte er für einen Baumarkt eine Kundenkarte mit Rabattsystem.

Doch heute ist Freitag. Und am fünften Tag der Woche sind solche scheinbaren Extratouren nicht nur erlaubt – sie sind ausdrücklich Pflicht bei Wündschs Arbeitgeber. Itemis, ein mittelständischer Software-Entwickler aus Lünen bei Dortmund, hat seiner Belegschaft ganz bewusst regelmäßige Weiterbildung verordnet. „4+1“ heißt die schlichte Formel, die seit knapp vier Jahren den Arbeitsrhythmus der 140 Mitarbeiter prägt – und seitdem jedem von ihnen 20 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit zur freien Fortbildung überlässt.

Ob die Kollegen dann, wie in Wündschs Fall, eine sogenannte Study Group gründen, um Lösungen außerhalb ihrer täglichen Projektarbeit zu finden, ob sie in der Zeit Fachartikel oder Fachbücher schreiben oder ihr Englisch aufmöbeln: Weiterentwicklung ist hier ganz bewusst ein dehnbarer Begriff – selbst die Runde Golf mit dem Chef gehört dazu.

„Unsere Mitarbeiter sollen sich nach Lust und Laune weiterentwickeln können“, sagt Itemis-Personalchef Jens Trompeter. Mit Altruismus hat das dennoch nichts zu tun: „Innovation ist unser Geschäftsmodell“, sagt Trompeter. Entsprechend kluge und entwicklungsfreudige Mitarbeiter brauche das Unternehmen. Die kämen aber nur, wenn der Arbeitgeber „interessante Angebote im Köcher“ habe.

Dass gerade hoch qualifizierte Programmierer dabei weniger an schicke Dienstwagen denken, stellte Itemis-Personalchef Trompeter in zahlreichen Bewerbungsgesprächen und einer Mitarbeiterbefragung fest: Dort standen vielmehr die „Beschäftigung mit neuesten Technologien“ und „Freiräume für eigenverantwortliche Weiterbildung“ ganz oben auf dem Wunschzettel.

Wie bei Holger Willebrandt. Für den Informatiker war das 4+1-System einer der Hauptgründe, sich nach dem Studium für Itemis zu entscheiden. Weil er zuletzt viele Monate am Stück in ein Kundenprojekt eingebunden war, hat er gerade eine ganze Woche Fortbildung nachgeholt, eine zweite folgt im Januar 2011. Auch das ist Teil des 4+1-Konzeptes: Die Lernzeit lässt sich aufsparen.

Und nicht selten entstehen aus diesen Denkzellen Ideen für neue Geschäftszweige: Seit Kurzem gibt es bei Itemis den Geschäftsbereich „Mobile Apps“.

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