Unbekanntes Netz Was Unternehmen im Web falsch machen

Viele Unternehmen nutzen das Web nur unzureichend zur Selbstdarstellung. Dabei gibt es einige einfache Methoden, um herauszufinden, wie sich potenzielle Kunden im Web erreichen lassen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Immer mehr Unternehmen nutzen Facebook als Mittel der Kommunikation mit ihren Kunden. Dabei gilt es, den richtigen Ton zu treffen. Quelle: handelsblatt.com

Fast alle Unternehmen sind im Netz – doch viele Websites werden kaum besucht. Ein möglicher Grund: Viele, die in Unternehmen Verantwortung tragen, sind mit dem Web noch nicht warm geworden. „Die meisten Unternehmenswebsites stellen lediglich eine Art Verkaufsbroschüre dar“, sagt Thomas Knüwer, der mit seiner Firma Kpunktnull Unternehmen bei ihrem Internetauftritt berät.

Ein häufig zu beobachtendes Problem: Viele Unternehmen setzen auf Inhalte in Adobes Flash-Format. Die Multimedia-Inhalte sehen zwar schick aus, haben aber viele Nachteile: Google etwa kann mit Flash-Inhalten nichts anfangen. Großunternehmen wie Mercedes oder BMW können sich das durchaus leisten, denn wer nach Produkten derart bekannter Hersteller sucht, gibt direkt den Markennamen bei Google oder in die Adressleiste des Browsers ein. Unternehmen allerdings, die darauf hoffen müssen, dass potentielle Kunden ihre Website über die Suche nach Problemlösungen mittels Google finden, haben mit reinen Flash-Seiten ein Problem.

Denn die in dem Multimedia-Format verwendeten Texte werden von Suchmaschinen nicht erfasst. Auch im Sinne der Barrierefreiheit ist der Einsatz von Flash problematisch: Hilfstechnologien für Blinde lassen sich mit Flash-Inhalten nicht umsetzen. Auch die Nutzer von Smartphones und Tablet-PCs haben häufig das Nachsehen – die Apple-Geräte iPhone und iPad können mit Flash überhaupt nichts anfangen.

Welche Inhalte sind die richtigen?

Doch selbst wenn Unternehmen nicht auf Flash setzen, sind die Inhalte häufig für viele potentielle Kunden nicht attraktiv. „Jeder mittelmäßige Blogger lächelt über die Zugriffszahlen der meisten Unternehmens-Websites“, so Knüwer. Denn die Zeiten, in denen man Kunden anschreibt und „Kauf das!“ schreibe, seien längst vorbei – „auch in der realen Welt“.

„Die Mehrzahl der Konsumenten im Netz suche nicht nach Produkten, sondern nach Lösungen für Probleme“, so Knüwer. Doch wofür interessieren sich die potenziellen Kunden überhaupt? Einen ersten Anhaltspunkt liefert der Suchmaschinen-Riese Google kostenlos: Mit dem Google Keyword-Tool lassen sich zu ausgesuchten Suchbegriffen thematisch ähnliche Begriffe suchen – inklusive Informationen darüber, wie häufig die Begriffe gesucht werden. Außerdem verrät das Tool, nach welchen Begriffen Besucher einer bestimmten Website im Web suchen.

Die entsprechenden Daten sammelt Google von Freiwilligen, die beispielsweise Googles Toolbar oder den Browser Chrome einsetzen und der anonymen Verwertung ihrer Daten zugestimmt haben. Damit sind zumindest für größere Websites Trends zu erkennen.

Wie die Alternative zur digitalen Variante des Verkaufskatalogs aussehen kann, zeigt die Website des Haarpflegekonzerns Schwarzkopf. Bei seinem Webauftritt setzt Schwarzkopf seit neustem auf redaktionell erstellte Inhalte rund um das Thema Haarpflege. Eine Keywordanalyse ergab, wofür sich potenzielle Kunden des Unternehmens wirklich interessieren: Nicht für spezifische Produkte, sondern für Tipps und Tricks rund um die Haarpflege. Das Ziel des Unternehmens: Bei möglichst vielen der nach Angabe des Unternehmens 16 Millionen Google-Suchanfragen jährlich zum Thema Haar soll die Schwarzkopf-Seite ganz oben stehen.

Dazu kauft das Unternehmen redaktionell erstellte Inhalte vom Condé-Nast-Verlag ein, bekannt für Lifestyle- und Mode-Magazine wie „GQ“, „Vogue“ und „Glamour“. Mit interessanten Inhalten, die sich auf konkrete Fragen und Probleme rund um das Sytling von Haaren drehen, will das Unternehmen potenzielle Kunden über Google auf die Website locken – die dann wiederum auf die Produkte aufmerksam werden.

Usability: Den Nutzer Blick

Häufig mangelt es auch an der Benutzerführung der Website. „Sehr häufig erleben wir in der Praxis, wie weit die Einschätzungen von Unternehmen, Entwicklern, Designern und selbst Usability-Experten von den tatsächlichen Anforderungen der Nutzer entfernt sind“, sagt Usability-Expertin Frauke Voss von der Syzygy AG. Immer wieder fänden sich beispielsweise nicht übersetzte Fehlermeldungen auf Websites oder Buttons, die nicht so wirkten, als seien sie anklickbar.

„Sowohl die anfängliche Anforderungs-Analyse als auch das spätere Testen mit Hilfe echter Nutzer wird aus unterschiedlichen Gründen noch oft vernachlässigt“, so die Expertin. Hauptargument sind die hohen Kosten eines solchen Tests. „Das kann sich jedoch als Milchmädchenrechnung entpuppen“, glaubt die Expertin. Projektbeteiligte seien häufig kein adäquater Ersatz für Probanden aus der Zielgruppe.

Besonders für Unternehmen, die ihre Produkte und Dienstleistungen online verkaufen, wirken sich Mängel bei der Benutzerführung der Website unmittelbar im Verlust von Umsätzen aus.

Social Media: Den richtigen Ton treffen

Beim Thema Social Media sieht Knüwer Parallelen zu den Anfangszeiten des Siegeszugs des Webs: derzeit wollen alle rein. Der Dialog mit den Kunden mit Hilfe des Social Webs ist für Knüwer in jedem Fall ein Gewinn. Denn längst wüssten Kunden, dass über Hotlines häufig nur unterbezahlte Call-Center-Mitarbeiter den Auftrag hätten, Anrufer abzuwimmeln. „Wer trotzdem anruft, ist entweder dumm oder verzweifelt genug, es dennoch zu versuchen. Deshalb bekommen Unternehmen auf diesem Kanal nur das Feedback der Dummen und Verzweifelten“, sagt Knüwer.

Beim direkten Draht zu den Kunden über Social-Media-Tools wie Twitter und Facebook gilt es allerdings auch den richtigen Ton zu treffen. Nicht immer nutzen die User ihre neu gewonnene Macht im Sinne des Unternehmens, da gilt es souverän und locker zu bleiben. Als Positiv-Beispiel kann das Versandhaus Otto gelten: Mehr als 23.000 User machten sich einen Witz daraus bei einem Model-Wettbewerb einen Mann in Frauenkleidern zum besten Otto-Model zu wählen. Der von Otto ausgelobte Preis, ein professionelles Mode-Fotoshooting, ging wie angekündigt an den Sieger. Der lockere Umgang mit dem Online-Flash-Mob sorgte für eine Reihe von positiver Berichterstattungen.

Auch Social-Media-Berater Sascha Lobo empfiehlt vor allem zur Natürlichkeit. In einem Beitrag für das Cebit-Blog Webciety rät er Privatleuten wie Unternehmen: Um viele „Follower“ - also Abonnementen - beim Kurznachrichtendienst Twitter zu erreichen, sollte der eigene Account geduldig und konstant aufgebaut werden. „Followermenschen möchten sich im allgemeinen ungern fühlen, als würde man sie bloß um der Zahl willen sammeln (selbst wenn man es tut)“.

Auch der erst 16-Jährige Podcaster Philipp Riederle, der Unternehmen beim Umgang mit dem neuen Medium berät, rät zum gelassenen Umgang mit Kritik im Social Web. Auf keinen Fall sollten Unternehmen kritische Kommentare löschen. „Das stößt auf Ablehnung bei jedem User“, so der Social-Media-Berater. Stattdessen sollte die Unternehmen in einen Dialog mit ihren Kritikern gehen und „Fehler zugeben, falls Fehler gemacht wurden“. Insgesamt rät er zu einer persönlichen und authentischen Ansprache auf den neuen Kommunikationskanälen, statt Inhalte automatisiert auf Facebook oder Twitter zu stellen.

Wer muss ins Netz?

Muss überhaupt jedes Unternehmen ins Netz? Gerade viele kleine und mittelgroße Unternehmen werden sich das fragen, ob sich die enge Beziehungen zu einem festen Kundenstamm nicht auch ohne Webpräsenz pflegen lässt. Für Thomas Knüwer allerdings führt kein Weg am Internet vorbei: Junge Konsumenten suchten zuerst im Netz, wer keinen Webauftritt habe, sei für sie häufig nicht existent. Doch selbst für Unternehmen mit reinen Business-to-Business-Beziehungen sei ein Webauftritt längst unverzichtbar. So würden gerade viele Zulieferbetriebe des Mittelstands derzeit neue Kunden in den Schwellenländern gewinnen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%