Unternehmensführung Warum viele Frauen gegen die Quote sind

Seite 3/4

Petra Hesser

„Die Mischung macht erfolgreich, die Quote aber erzwingt diese in nur einem Punkt. Deshalb führt sie am Ende meistens zu einer Qualitätsverschlechterung“, hält Heike Cohausz, Geschäftsführerin der Düsseldorfer Personalberatung von Rundstedt HR Partners, dagegen.

Jeder feste Prozentsatz sei nur eine andere Form der Diskriminierung, weil er im Extremfall bei der Personalauswahl tatsächliche Anforderungen oder Qualifikationen überlagert. Zudem degradiert er alle Frauen, die es auch so geschafft hätten, zu Quotenmäusen.

Die Quote wäre „eine Pseudo-Lösung, die am falschen Ende ansetzt“, sagt denn auch Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführerin Gabriele Sons. Erst wenn genügend qualifizierte Frauen eingestellt und ins mittlere Management befördert würden, stünde ein ausreichend großer weiblicher Pool für Top-Positionen zur Verfügung. Darum bemüht sich aktuell auch Gerhard Cromme als Aufsichtsratschef von Siemens und ThyssenKrupp.

Und genau das ist der Kern des Problems. Frauen sind nicht schlechter qualifiziert als Männer, im Gegenteil: Sie bereichern das Management, bringen sogenannte Komplementärkompetenzen ein, gehen an komplexe Aufgaben anders heran als Männer, finden andere, oft nachhaltigere Lösungen. Und sie führen sogar besser als Männer, weil sie häufig mehr Sozialkompetenz besitzen.

Die Veränderung braucht Zeit

Überdies sind sie bestens ausgebildet. Allein von den rund 53 000 Wirtschaftswissenschaftlern, die im Jahr 2009 die Uni verlassen haben, waren 49 Prozent weiblich. Insgesamt und über alle Fächer hinweg liegt der Frauenanteil unter deutschen Absolventen gar bei 51 Prozent.

Doch die Zahl täuscht. Auf dem Arbeitsmarkt nachgefragt werden mehrheitlich Fachrichtungen, die die meisten jungen Frauen gar nicht oder zu selten studieren.

Dem deutschen Maschinenbau zum Beispiel fehlen 5000 Facharbeiter und bis zu 5000 Ingenieure. Der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik rechnet damit, dass sich der Personalbedarf bis 2020 mindestens verdoppeln wird. Doch in den Studienfächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – den sogenannten MINT-Fächern – sind Frauen unterrepräsentiert.

Beispiel Wirtschaftsingenieure: Von den insgesamt 8855 Absolventen im Jahr 2009 waren nur 22 Prozent Frauen. Oder Maschinenbau und Verfahrenstechnik: Unter den rund 20 000 angehenden Ingenieuren fanden sich nur 19 Prozent Absolventinnen, im Fachbereich Elektrotechnik gar nur acht Prozent.

Etwas besser sah es in den Naturwissenschaften aus: Der Fachbereich Chemie kam 2009 auf einen Frauenanteil von 47 Prozent, Mathematik auf 42 Prozent, in der Physik aber waren es schon nur noch 17 Prozent, und das zukunftsträchtige Fach Informatik schlossen knapp 15 Prozent Frauen ab.

Wo also sollten sie so schnell herkommen, die 30 oder gar 40 Prozent weiblichen Fachkräfte aus denen sich die Führungsetagen speisen – und die eben nicht nur die Ressorts Personal, Marketing, Gleichstellungsbeauftragte besetzen?

Schon angesichts der fünfjährigen Wahlperioden von Aufsichtsräten sei klar, dass eine Veränderung „nicht über Nacht geschehen kann“, sagt Klaus-Peter Müller, Vorsitzender der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex. Die nächste große Welle von turnusmäßigen Aufsichtsrats-Neuwahlen stehe erst im Frühjahr 2013 an. Dann würde es „größere Veränderungen“ geben. Alles vorher aber sei unrealistisch und voreilig.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%