Backwaren im Müll „Ab zehn Prozent fängt es an, wehzutun“

Tonnenweise landen Backwaren auf dem Müll. Bis zu 17 Prozent schmeißen Bäckereien weg, hat jetzt eine neue Erhebung ergeben. Vom „Second Back“ bis zur „Happy Hour“: Wie Bäcker auf die Verschwendung reagieren.

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Eine Untersuchung der FH Münster hat ergeben, dass bis zu 17 Prozent der Backwaren bei den untersuchten Bäckereien entsorgt werden. Quelle: dpa

Münster Es ist schwarz oder weiß, kommt getoastet oder körnig daher, besteht aus Roggen, Dinkel oder Gerste: In den Regalen deutscher Handwerksbäcker herrscht riesige Angebotsvielfalt - und das bis Ladenschluss. Doch die prallvoll gefüllten Regale haben einen hohen Preis: Einer exemplarischen Untersuchung der Fachhochschule Münster zufolge landen zwischen 6 und 17 Prozent der Brote, Brötchen oder Puddingteilchen aus Handwerksbäckereien auf dem Müll. In den exemplarisch untersuchten Bäckereien, die 6 bis 40 Filialen betreiben, entspricht das einem wöchentlichen Umsatzverlust von durchschnittlich 15.700 Euro.

„Der Wert eines Kleinwagens wird hier jede Woche nicht zu Geld gemacht“, sagt Forschungsleiter Guido Ritter aus Münster. Im Auftrag des NRW-Verbraucherschutzministeriums haben er und sein Team sechs mittelgroße Bäckereien unter die Lupe genommen und beraten. Von den Strategien gegen den Brotüberschuss könnten aber Handwerksbäcker in ganz Deutschland profitieren.

Back-Werk auf einen Blick

Die Forscher sind überzeugt: Die enorme Verschwendung ist vermeidbar, wenn Bäckereien den Verbrauchern liefern, was sie wünschen - und wenn sie mehr mit ihnen reden. „Schon allein, dass wir da waren und gemessen haben, hat die Bäcker veranlasst, ihre Bestellprozesse einmal genau anzusehen“.

Dazu müssten auch die Verkäuferinnen besser geschult und in die Verantwortung genommen werden: „Die Mitarbeiter in der Filiale wissen genau, ob die Sonne am Wochenende scheint und für das Grillwetter besonders viele Baguettes gefragt sind“, sagt Ritter. In vorauseilendem Gehorsam glaubten noch zu viele Bäckereien, dass nur ein riesigen Produktportfolio und der volle Warendruck bis Ladenschluss Kunden zufriedenstelle. Doch weniger sei manchmal mehr, so die Forscher.

Back-Factory auf einen Blick

Den Kampf mit der unverkauften Ware kennt auch Michael Wippler. Er ist Bäckermeister in Dresden und Vizepräsident des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks. Ganz ohne Retouren gehe es wohl in keinem Betrieb, sagt er. „Ab zehn Prozent fängt es an, betriebswirtschaftlich wehzutun.“ Schmerzhaft sei jedoch jedes Brot, das auf den Müll wandert: „Jeder Bäcker mit Leib und Seele hat schließlich ein Verhältnis zu seinem Produkt“, sagt er.

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