Bundesbank Ein zweites Leben für die Beton-Burg

Die Zentrale der Bundesbank ist im Stil des Brutalismus errichtet und soll erstmals seit der Errichtung grundlegend renoviert worden. Eins steht dabei schon fest: Wer künftig eine Klimaanlage haben wird.

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Die Bundesbank-Zentrale ist ein stolzer Betonbau.

Frankfurt Seit über vier Jahrzehnten wacht die Bundesbank von ihrer 13 Stockwerke hohen Betonfestung im Norden Frankfurts über die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland. Aber Bundesbank-Präsident Jens Weidmann könnte bald einen ganz anderen Ausblick genießen, wenn nämlich das Hauptgebäude der Bundesbank in Ginnheim renoviert wird. Bis zum Jahresende wird entschieden, wie das dem Stil des Brutalismus der 1960er-Jahre zuzurechnende Gebäude bewahrt werden soll - und wie mit den zu erwartenden Störungen im Betrieb umgegangen wird.

Das Gebäude ist Teil der Identität der Bundesbank und daher die Renovierung eine heikle Angelegenheit. Die Entscheidung, das Gebäude zu behalten, steht im Kontrast zum Umzug wichtiger Bereiche der Europäischen Zentralbank in einen neu erbauten Wolkenkratzer im Frankfurter Ostend im vergangenen Jahr.

Die Bundesbank sei sich des Schatzes bewusst, den sie mit ihrem Gebäude habe, erklärte Oliver Elser, Kurator einer für 2017 geplanten Ausstellung zum Brutalismus im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt. Das Gebäude stamme aus einer Zeit, in der die Architekten sich auf Solidität, innere Werte und Zukunftsfähigkeit konzentrierten, erläutert er - sehr symbolische Charakteristika für eine Zentralbank.

Mit der Renovierung ihres Hauptsitzes folgt die Bundesbank dem Beispiel der größten Geschäftsbank des Landes: Die Deutsche Bank hat in den Jahren 2007 bis 2010 für 200 Millionen Euro ihre Zwillingstürme im Zentrum Frankfurts modernisiert. Andere Bauwerke aus der inzwischen wenig beliebten betonlastigen Bundesbank-Ära sind dagegen abgerissen worden, beispielsweise der zur Universität gehörende AfE-Turm in Frankfurt-Bockenheim.

Errichtet wurde die Bundesbank-Zentrale von 1967 bis 1972. Die beiden Architekten Hannsgeorg Beckert und Gilbert Becker ließen sich vom schweizerisch-französischen Architekten Le Corbusier inspirieren, dessen Vorliebe für nackten Beton - „beton brut“ - ihn zum Vater des Brutalismus machte. Vom Brutalismus inspiriert sind beispielsweise das Rathaus in Boston, USA, das National Theatre in London und die Akademie der Wissenschaften in Moskau.

Das Bundesbank-Hochhaus, das über 200 Meter lang ist, aber weniger als 20 Meter breit, ist eines der markantesten Gebäude Frankfurts. Die Fassade, die hin und wieder auch die Weihnachtskarten der Bundesbank ziert, wird von zwei Fahrstuhlschächten in drei Segmente gegliedert. Die Front wird von einem Gitter aus Betonelementen bestimmt, die Fenster sind gegenüber der Fassade zurückversetzt. Um die Zentrale herum befinden sich mehrere kleinere Bürogebäude, die im Laufe der Jahre hinzugefügt wurden, sowie das Geldmuseum der Bundesbank.


Umzug in eine vorübergehende Bleibe?

Bisher wurden keine größeren Renovierungsarbeiten am Bundesbank-Gebäude durchgeführt. Die Fassade ist so gut wie unverändert, und das Innere ist zwar voll funktionsfähig, verfügt jedoch nicht über moderne Technologie. Für Reiner Bruckhaus, Leiter des Zentralen Baumanagements der Bundesbank, ist das Fehlen wesentlicher Veränderungen ein Tribut an die Handwerkskunst der Erbauer. „Die Architekten waren ihrer Zeit weit voraus, erklärt er. „Sie haben ein Gebäude von hoher Qualität erstellt, das nachgerüstet werden kann. Ansonsten könnten wir es nicht mehr betreiben.“

Andere Zentralbanken im Euro-Raum verlassen dagegen ihre alten Gebäude. Die irische Zentralbank will ihr Gebäude im Zentrum Dublins – ebenfalls ein Beispiel für den Brutalismus – verkaufen und erarbeitet gerade eine Strategie dafür. Nächstes Jahr will die Notenbank in neue Gebäude im Hafenviertel umziehen. In Frankfurt wird das ehemalige EZB-Hochhaus, der sogenannte Euro-Tower, umgestaltet und soll dann die Bankenaufsicht der EZB beherbergen.

Wenn sich die Bundesbank beim Ablauf ihrer Renovierung an der Deutschen Bank orientiert, wird sie ihr Gebäude für zwei bis drei Jahre aufgeben und die rund 1500 dort beschäftigten Mitarbeiter an anderen Orten unterbringen.

Angesichts eines Leerstands von 1,2 Millionen Quadratmetern bei Bürogebäuden in Frankfurt sollte es nicht allzu schwer werden, eine vorübergehende Bleibe zu finden, erwartet Ralf Fröba, Leiter Büromärkte bei dem Beratungsunternehmen Bulwiengesa. Da ein Ersatzquartier mit mehr als 30.000 Quadratmetern im Zentrum Frankfurts schwierig zu beschaffen sein dürfte, kommen wahrscheinlich eher andere Stadtteile wie das Mertonviertel oder Niederrad oder nahe gelegene Orte wie Eschborn in Frage. In diesen Orten oder Stadtteilen stehen jeweils mehr als 100.000 Quadratmeter leer.

Weidmanns Sprecher Michael Best attestiert dem Gebäude eine starke historische Bedeutung für die Bundesbank. Man wolle das Gebäude für die nächsten Jahrzehnte zukunftssicher machen, erläuterte er.

Dafür ist eine komplette Überholung nötig. Beginnen sollen die Bauarbeiten 2018. Im Rahmen des Projektes prüfen die Bundesbank-Vertreter auch, wie die Südseite des Gebäudes gekühlt werden soll, wo die Temperaturen im Sommer häufig auf über 30 Grad Celsius steigen. Es gibt allerdings keine Pläne, die Klimaanlage über den 12. und 13. Stock hinaus - hier sind Vorstand und Sitzungsräume untergebracht - auszudehnen.

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