Clinton vs. Sanders Die Schmierenkampagne und das Etablissement

Hillary Clinton und Bernie Sanders stehen erstmals bei einer TV-Debatte allein auf der Bühne. Der Ton ist rau. Es ist das Duell eines Publikumslieblings und eines Außenseiters. Wer punktet in New Hampshire?

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Lange hatte Sanders es vermieden, seine Konkurrentin im Wahlkampf hart anzugreifen. Nun greift er sie als Teil der etablierten Politikerklasse an. Quelle: AFP

Durham Die Geduld von Hillary Clinton ist am Ende. Sie dreht die Augen nach links, ihre Stimme wird tief und rau. „Genug ist genug. Wenn Du etwas zu sagen hast, sag es“, erklärt die 68-Jährige an ihren Konkurrenten gewandt. „Es ist an der Zeit, die sehr hinterlistige Verleumdung zu beenden, die Du und Deine Kampagne betreiben.“ Bernie Sanders tritt von einem Fuß auf den anderen.

Die beiden Bewerber im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der US-Demokraten liefern sich zwei Stunden lang einen harten Schlagabtausch bei der TV-Debatte am Donnerstagabend (Ortszeit) in Durham (New Hampshire).

Sie habe niemals eine Meinung bei einer Abstimmung geändert, nur weil sie eine Spende erhalten habe, sagt Clinton. Sie reagierte damit auf Vorwürfe Sanders, sie lasse sich von großen Spendern aus der Finanzwelt beeinflussen.

Es ist die erste Debatte, bei der die beiden alleine auf der Bühne stehen. Es ist die letzte Debatte, bevor am Dienstag die Wähler in New Hampshire das Wort haben. Der dritte Bewerber bei den Demokraten, Martin O'Malley, schied am späten Montagabend aus dem Rennen aus.

New Hampshire ist ein kleiner Bundesstaat im Nordosten der USA, gerade einmal 1,3 Millionen Menschen leben hier, 95 Prozent sind weiß. Aber der Staat hat traditionell eine wichtige Rolle im Wahlkampf um das Präsidentenamt. Denn die ersten drei innerparteilichen Vorwahlen in Iowa, New Hampshire und South Carolina - plus die vierte in Nevada - sind eine wichtige Hürde.

Clinton hat Iowa am Montag gewonnen, aber sie hat gleichzeitig eine herbe Niederlage einstecken müssen. Gerade einmal 0,2 Prozentpunkte lag sie vor Sanders, er erhielt 49,6 Prozent.

Sanders ist Senator von Vermont, der Bundesstaat grenzt an New Hampshire. Das verschafft ihm einen Vorteil. Er ist hier klarer Favorit bei den Demokraten, führt in Umfragen mit 2:1 vor Clinton, auch bei weiblichen Wählern ist er stark. Nach einer Befragung von CNN liegt Sanders bei 61 Prozent, ein Plus von vier Punkten im Vergleich zur vorherigen Befragung. Clinton sackte etwas ab, von 34 auf 30 Prozent. In South Carolina dürfte er es schwerer haben.


Favoritin gegen Außenseiter

Clinton, die Ex-Außenministerin und Ehefrau von Ex-Präsident Bill Clinton, war diesmal lange die Favoritin. Sanders, selbst ernannter demokratischer Sozialist, war lange der Außenseiter. Dieses Bild bekam Risse, Sanders holte auf.

Früher waren die Bewerber oft bemüht, zu zeigen, wer wählbarer ist. Heute sind beide bemüht, zu zeigen, wer progressiver ist.

Nun sieht Clinton sich gezwungen, Themen ausführlicher zu behandeln, die lange nicht ganz vorne auf ihrer Agenda standen. Die wirtschaftliche Lage und das Finanzsystem etwa. Schon in ihrem Eingangsstatement greift sie das auf: „Natürlich profitieren die meisten Amerikaner nicht von der wirtschaftlichen Lage. Natürlich gibt es spezielle Interessen, die das Spiel viel zu sehr bestimmen.“ Bislang fiel vor allem Sanders mit Angriffen gegen das vermeintlich korrupte Finanzsystem auf.

Und einen seiner stärksten Momente hat er auch diesmal bei dem Thema: „Das Geschäftsmodell der Wall Street ist Betrug. Es ist Betrug. Ich denke, Korruption ist an der Tagesordnung.“

Lange hatte er es vermieden, seine Konkurrentin im Wahlkampf hart anzugreifen. So wie sie ihn lange unterschätzte und ihn ebenfalls nicht angriff. Nun wählt er oft das Wort Establishment, wenn es darum geht, negative Attacken gegen Clinton zu fahren.

„Ich muss zugeben, dass Clinton die Unterstützung von sehr viel mehr Gouverneuren, Bürgermeistern und Mitgliedern des Repräsentantenhauses hat. Sie hat das gesamte Establishment oder fast das gesamte Establishment hinter sich. Das ist ein Fakt, das leugne ich nicht.“ Was vordergründig demütig klingt, war fies gemeint. Das Wort Establishment fällt im Wahlkampf immer dann, wenn ein Schimpfwort für die abgehobene Politikerklasse in Washington gesucht wird. Es fällt sehr oft.

Aber am Ende ist auch Sanders um Frieden bemüht. „An unseren schlimmsten Tagen sind wir trotzdem hundertmal besser als jeder Bewerber der Republikaner“, sagt er zu Clinton. Die beiden schütteln sich die Hände.

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