Deutsche Bank Samstags die Finanzen regeln

Der freie Samstag für Bankberater ist für Gewerkschaften so etwas wie eine heilige Kuh. Doch in acht Beratungscentern kann die Deutsche Bank nun auch am Wochenende Kunden in Finanzfragen beraten. Das hat seinen Preis.

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Bislang sind nur wenige Bankfilialen auch samstags geöffnet, wie hier etwa die Berliner Filiale „Quartier Zukunft“ der Deutschen Bank. Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung wollen Banken aber auch am Wochenende für Kunden erreichbar sein. Quelle: dpa

Frankfurt Online lassen sich Bankgeschäfte längst rund um die Uhr erledigen. Doch ein persönliches Gespräch mit einem Bankmitarbeiter ist noch immer eine Rarität: Die meisten Bankfilialen bleiben am Wochenende geschlossen. Insofern ist die Vereinbarung, die die Deutsche Bank nach langen Verhandlungen mit den Gewerkschaften Verdi und dem Deutsche Bankangestellten Verein (dbv) abgeschlossen hat, eine kleine Revolution: Künftig darf das Kreditinstitut Kunden auch samstags in Finanzfragen beraten.

Zwar bleiben die Filialen geschlossen, doch Kunden können sich per Telefon, Video-Chat oder Browser-Chat in einer der acht regionalen Beratungscentern melden. Erreichbar sind die Berater samstags zwischen neun und 15 Uhr. Das sieht ein neuer Haustarif zwischen der Bank und den Gewerkschaften Verdi und DBV vor, wie beide Organisationen am Donnerstag mitteilten. Die Deutsche Bank kommentiert das nicht weiter.

Für die Deutsche Bank spielen die regionalen Beratungscenter eine wichtige Rolle für ihre Privatkunden-Strategie. Schließlich will das Geldhaus in diesem Jahr die Zahl ihrer Filialen von ursprünglich 723 um 188 Zweigstellen reduzieren. Durch die Beratungscenter, die als Alternative dienen, versucht das Institut diesen Effekt abzufedern. „Diese Zentren sollen nach Möglichkeit auch dann für die Kunden per Online-Chat, Video oder Telefon erreichbar sein, wenn die Filialen schon geschlossen haben. Wir wollen Beratung nicht nur in der Filiale, sondern auf allen Zugangswegen“, hatte Privatkundenvorstand Christian Sewing einmal in einem Handelsblatt-Interview gesagt. Auch unter der Woche sind die Beratungscenter deshalb bis um 20 Uhr geöffnet.

Für die Gewerkschaften ist die Samstagsarbeit ein Tabu-Bruch. Entsprechend schwierig waren die Verhandlungen, denn Verdi und dbv wollten zumindest möglichst günstige Konditionen für die rund 400 betroffenen Mitarbeiter herausholen. So ist die Samstagsarbeit etwa nur erlaubt, wenn die Mitarbeiter sich dazu auch bereit erklären. Der Einsatz eines Mitarbeiters soll außerdem auf höchstens zwei Einsätze pro Monat beschränkt sein. Für fünf solcher Wochenendeinsätze gibt es einen freien Tag extra.

Außerdem zählt die Arbeit an diesem Tag 30 Prozent „mehr“ als an einem normalen Wochentag: Es gibt für jeden Samstag einen vollen Ausgleichstag unter der Woche, obwohl die Öffnungszeiten am Wochenende ja kürzer sind als zwischen Montag und Freitag. Auf diese Art verkürzt sich die Wochenarbeitszeit. Solange die Vereinbarungen gilt, können ältere Mitarbeiter dieser Beratungscenter außerdem auf besonders günstige Vorruhestandsregeln zurückgreifen, die eigentlich 2014 ausgelaufen sind.

„Der Tarifabschluss macht deutlich: Freie Wochenenden haben für uns einen hohen Stellenwert und die Arbeit an Samstagen hat einen hohen Preis“, sagte Verdi-Verhandlungsführer Jan Duscheck dem Handelsblatt. „Durch das attraktive Ausgleichspaket sollte sich auch genügend Kollegen für einen auch tatsächlich freiwilligen Einsatz finden lassen“, ist sich dbv-Chef Stephan Szukalski sicher.


Der Anfang vom Ende?

Ist das nun der Anfang vom Ende des freien Samstags in der Bankenbranche? Bislang sieht der Tarifvertrag nur in Ausnahmefällen offene Filialen am Samstag vor: So gibt es etwa eine „Wettbewerbs-Klausel“, die es privaten Banken erlaubt, die Schalter auch samstags zu öffnen, etwa wenn Wettbewerber wie Sparkassen oder die Postbank mit ihrem Haustarifvertrag Service an den Schaltern anbieten. Außerdem können Banken solche Arbeiten an nicht-tarifgebundene Töchter auslagern, auch dann zählt der Tarifvertrag nicht.

Die regionalen Beratungscenter der Deutschen Bank gehen aber über solche Sonderfälle hinaus. „Die Begehrlichkeiten bei anderen Arbeitgebern sind sicherlich da“, sagte Duscheck. „Aber der Abschluss bei der Deutschen Bank ist für uns jetzt erstmal die Leitwährung. Darunter werden wir bei anderen nicht gehen.“ Da werde jeder „sehr genau rechnen müssen, ob sich das wirklich lohnt“. Die Hürden für Nachahmer sind damit hoch gehängt, zumal einige Banken auch schon feststellen mussten, dass sich Samstagsarbeit nicht zwingend rechnet.

Die Berliner Sparkasse hatte als eine der ersten in Berlin vor mehr als zehn Jahren in einigen ihrer Filialen samstags Beratung angeboten, wie auf Anfrage zu hören ist. Allerdings hätten die Kunden zu diesen Zeiten eher Service- als Beratungsanliegen. „Da unsere Kunden inzwischen immer mehr ihrer Serviceanliegen telefonisch und online abwickeln, haben wir im Februar dieses Jahres die Samstagsöffnung von Filialen beendet“, berichtet eine Sprecherin der Sparkasse.

Statt Vorort-Betreuung haben nun auch die Berliner auf Telefon und Chat umgestellt. „Wir bieten samstags von 9 bis 14 Uhr einen Live-Chat für Serviceleistungen an. Kunden unserer Mobilen Beratung können auf Wunsch auch am Samstag einen Termin vereinbaren“, so die Sparkassen-Sprecherin. Auch bei der Commerzbank stehen Samstagsöffnungen derzeit nicht auf der Agenda. Eine Erweiterung der Öffnungszeiten aufs Wochenende – wie vor Jahren getestet – sei nicht in Planung, hatte Privatkundenvorstand Michael Mandel Ende 2016 gesagt.

Auch im Falle der Deutschen Bank wollen die Gewerkschaften nun beobachten, wie das Angebot am Wochenende in den regionalen Beratungscentern in Wuppertal, München, Hamburg, Berlin, Leipzig, Mainz, Mannheim und Essen angenommen wird. Fürs Erste ist der Haustarifvertrag auf eine „Erprobungsphase“ bis Ende 2019 befristet. Nur wenn sich beide Seiten dann auf eine Verlängerung oder neue Regeln einigen, wird die Samstagsarbeit danach fortgeführt.

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