Die Aktie von Nestlé Unerschütterlich wie die Schweizer Berge

Während die anderen Schweizer Exportunternehmen unter der überraschenden Aufwertung des Franken ächzen, zeigt sich Nestlé unbeirrt. Kürzlich konnte die Aktie ein neues Allzeithoch in Euro markieren.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die Abwertung des Franken hat die Schweizer Exportunternehmen hart getroffen. Doch Nestlé könnte von den Währungsturbulenzen verschont bleiben. Der Grund: Der Konzern produziert und verkauft auf den lokalen Märkten. Quelle: ap

Die Auswirkungen ließen nicht lange auf sich warten. Kurz nachdem die Schweizer Notenbank überraschend den im September 2011 eingeführten Euro-Mindestkurs von 1,20 Franken aufgehoben hatte, sackte der Schweizer Aktienindex in der Spitze um rund 14 Prozent ab.

„Für den Schweizer Markt und die Wirtschaft ist das sehr schlecht, wenn der Franken so rasant steigt und der Euro abstürzt. Die Stimmung ist seit Jahresbeginn ziemlich
unruhig, und so eine Nachricht sorgt für Volatilität“, kommentiert Chris Beauchamp, Markt-Analyst bei IG, die ökonomische Situation im Alpenstaat.

Befürchtet wird bei den Eidgenossen landauf, landab, dass der stärker gewordene Franken eine massive Belastung für die zahlreichen Export orientierten schweizerischen Unternehmen darstellt. Die Folgen treffen durchaus nicht nur die Tourismusbranche, den Chemie-und Pharmabereich oder die Maschinenbauer und Autozulieferer - die gesamte Wirtschaft bekommt die Auswirkungen zu spüren. Eine Ausnahme ist Nestlé. Der Nahrungsmittel-, Gesundheits- und Wellnesskonzern dürfte glimpflich davonkommen.

So erwarten Experten, dass sich die Belastungen für den Weltkonzern mit dem Vogelnest im Logo hauptsächlich über den translatorischen Währungseffekt ergeben, der aus der Umrechnung von Einzelabschlüssen in lokaler Fremdwährung in die Berichtswährung Franken entstehe.

Der schwerer lastende Transaktionseffekt, bei dem sich die Währungsverschiebung direkt auf die Relation von Kosten und Einnahmen – und damit auf die Marge – auswirke, dürfte sich in der Erfolgsrechnung nicht ganz so stark niederschlagen. Grund: Nestlés Produktionen und Verkäufe finden meist lokal statt, somit gibt es kaum Exporte aus der Schweiz.

Mittlerweile erwirtschaftet der 1866 von Henri Nestlé gegründete Konzern 98 Prozent außerhalb des Heimatlandes. Besonders in Nord-und Südamerika ist die Schweizer Traditionsmarke, die einst mit dem Verkauf von Kondensmilch ihren ersten Erfolg hatte, sehr stark. Dort werden rund 50 Prozent des Umsatzes erzielt. Jeweils rund 25 Prozent des Erlöses fällt auf Europa und Asien.
An der Börse erfreut sich das Nestlé-Papier damit – und durch die aktuellen Turbulenzen hindurch unverändert – großer Beliebtheit. Seit fast fünf Jahren ist ein klarer, langfristiger Aufwärtstrend erkennbar. Ein Ende dieser Popularität ist derzeit nicht nur wegen der anhaltenden Hausse am Gesamtmarkt nicht in Sicht.


Erfolgreich in der Welt, gehemmt in Europa

Nach wie vor erweist sich das Geschäftsmodell als erfolgreich, sowie das Markenportfolio als vortrefflich. Da es durch den festen Franken billiger werden dürfte, im Ausland weiter auf Einkaufstour zu gehen, ist eine mittelfristige Stärkung der Position Nestlés am Gesamtmarkt durchaus vorstellbar.

Bei J.P. Morgan trauen sie dem weltgrößten Nahrungsmittelproduzenten auch weiterhin zu, schneller als die Branchenkonkurrenz zu wachsen. Des Weiteren ist der Schweizer Weltkonzern auch in der Forschung erstklassig. Besonders die Entwicklung von Schlankheits-Smoothies oder Schlankheitsriegel sorgen für viel Zukunftsphantasie. Das Engagement von Nestlé in solchen Projekten zeigt, dass das Schweizer Unternehmen dem Wunsch vieler Menschen nach Lebensmitteln, die mehr können als den Hunger zu stillen, nachkommen will.

„Die Trennlinie zwischen Lebensmitteln und Pharma wird in den nächsten Jahren an Bedeutung verlieren”, sagt Jean-Philippe Bertschy, Analyst bei Bank Vontobel in Zürich. „Unternehmen mit einem diversifizierten Portfolio gesunder Lebensmittel werden sich dabei als Gewinner erweisen.”
Ob sich auch die Aktie weiterhin als Gewinner fühlen darf, dürfte maßgeblich am 19. Februar entschieden werden. An diesem Tag sollen die Jahreszahlen bekannt gegeben werden. Die bislang gemeldeten Daten sind vielversprechend, und so dürfte die demnächst veröffentlichte Jahresbilanz 2014 erfreulich ausfallen.

Alles in allem positiv verliefen jedenfalls die ersten neun Monate des abgelaufenen Jahres, die ein organisches Wachstum von 4,5 Prozent, welches sich zu 2,3 Prozent aus internem Realwachstum und zu 2,2 Prozent aus Preisanpassungen zusammensetzt, zu bieten hatte.

In Europa gab es dabei allerdings einige Schwierigkeiten. Da Nestlé auf seinem Heimatkontinent deutliche Preisgeständnisse machen musste, wuchs das organische Wachstum hier nur um ein Prozent. In Nordamerika sah sich der Schweizer Weltkonzern mit „fortdauernden Herausforderungen“ im Bereich der Tiefkühlkost konfrontiert.

Als ebenfalls nicht ganz einfach stellte sich das Umfeld in Asien heraus, wenngleich die Unternehmensführung auf langfristige Sicht bezüglich der dortigen Umsatzentwicklungen weiterhin zuversichtlich bleibt. Insgesamt erzielte Nestlé in der Zeit von Januar bis September einen Umsatz von 66,2 Milliarden Schweizer Franken. Und die Aktie wird aller Voraussicht nach attraktiv bleiben – mögliche neue Allzeithochs eingeschlossen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%