Erdgasfund in Ägypten Panische Reaktionen in Israel

Israel hatte große Hoffnungen auf Gasvorkommen vor seiner Küste gesetzt, scheiterte jedoch an sich selbst. Nun könnte die Chance vertan sein, denn das riesige Feld in Ägypten scheint für Konzerne deutlich attraktiver.

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Seine Passivität der letzten Jahre bekommt Israel nun zu spüren – in Ägypten wurde ein Erdgasfeld gefunden, das attraktiver scheint. Quelle: plainpicture/Aurora Photos

Jerusalem Lange Zeit galten die Gasreserven vor der Küste Israels als künftig sprudelnde Einnahmequelle für das an Bodenschätzen arme Land. Ägypten sollte sowohl Partner als auch als Exportziel werden. Doch die israelische Regierung verschlief es jahrelang, sich mit Erschließungsunternehmen zu einigen. Nun wurden vor der ägyptischen Küste riesige Erdgasvorkommen entdeckt. Die Aufregung in Israel ist groß. Denn Ägypten könnte nun seine eigene, unabhängige Lösung gefunden haben.

Nachdem der italienische Energiekonzern Eni am vergangenen Sonntag die Entdeckung des „bislang größten“ Gasfelds im Mittelmeer vor der ägyptischen Küste bekanntgegeben hatte, sind die Pläne zur Entwicklung von Leviathan - dem noch unerschlossenem Gasfeld Israels - plötzlich wieder in der Schwebe. Das neu entdeckte Feld befindet sich in flacheren Gewässern als Leviathan und könnte daher leichter auszubeuten sein.

Prompt brachen die Aktienkurse von Energiekonzernen mit Anteilen an israelischen Gasfeldern ein. Beobachter befürchten, dass Israel nun sogar völlig neu planen muss. Denn schließlich war der Plan, dass Gasexporteure in Ägypten die Hauptkunden von Leviathan werden sollten.

Zwei Gasfelder, Tamar und das größere Leviathan, wurden 2009 und 2010 von Israel entdeckt. Dies weckte die Hoffnung, dass das Gas die Abhängigkeit des Landes von ausländischen Energiequellen mindern und die Wirtschaft Auftrieb erhalten würde.

Doch die Erschließung des Gases stellte sich als schwieriger denn gedacht heraus. Es kam zu Streit über die Preisgestaltung, die Exportstrategie und die Aufteilung der Gewinne mit den Konzernen, die die Felder entwickeln sollen.

De riesige Gasfund vor Ägypten „ist ein schmerzhafter Weckruf für unser wirklich dämliches Verhalten“, sagte Energieminister Juwal Steinitz am Montag im israelischen Heeresrundfunk. Die Entwicklung stocke seit Jahren, nichts bewege sich.

Monatelang bemühte sich die israelische Führung um einen Vertrag mit Konzernen zur Gewinnung des Gases. Doch Kritiker hielten Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor, er habe auf Kosten des israelischen Staatssäckels einem Monopol nachgegeben. Auch der Kartellbeauftragte wandte sich gegen den geplanten Vertrag.

Geringere Anreize

Das Kabinett versuchte, den Beauftragten zu umgehen und erklärte, der Vertrag sei eine Frage der nationalen Sicherheit, da er Geschäftsbeziehungen zu Ägypten betreffe. Das Land hatte als erster arabischer Staat Frieden mit dem jüdischen Staat geschlossen und ist ein wichtiger Verbündeter im Kampf gegen militante Islamisten.

Doch nun, da Ägypten auf flüssiges Gold gestoßen ist, befürchten die Politiker in Israel, dass für Konzerne deutlich weniger Anreize bestehen, die Felder in Israel überhaupt noch zu erschließen. Eine gemeinsame Gesellschaft des texanischen Konzerns Noble Energy und der israelischen Delek-Gruppe ist der wichtigste Erschließer von Tamar und Leviathan. Die Firmen verkaufen dem israelischen Markt Gas aus dem Tamar-Feld, das seit 2013 produziert, und wollen auch Nachbarländer beliefern.

Das Leviathan-Feld, das bis zur Entdeckung in Ägypten als das größte Gasfeld im Mittelmeer galt, wurde bislang nicht erschlossen. Die Firmen warteten auf Zusicherungen der Regierung über die Höhe der Einnahmen. Eigentlich sollte das Feld im kommenden Jahr die Produktion aufnehmen, doch der Zeitplan ist nun wieder völlig offen.

Die Erschließungsunternehmen bauten darauf, das Gas aus Leviathan nach Ägypten zu bringen, wo es Anlagen gibt, um das Gas für den Export nach Europa zu verflüssigen. Ägyptens Nähe zu Israel und die langjährigen diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern hätten dies vereinfacht. Nach langen Verhandlungen einigte sich ein Ausschuss der Regierung in diesem Jahr mit den Firmen.

Ziel war, deren monopolistische Kontrolle über die israelischen Gasreserven aufzubrechen und mehr Wettbewerb einzuführen. Doch nach Ansicht israelischer Umweltschützer und Abgeordneter der Opposition behält die Einigung das Monopol bei und verschwendet israelische Ressourcen. Ihre Forderungen nach mehr Wettbewerb verzögerten die Abstimmung über den Plan.

Zudem änderte der israelische Wirtschaftsminister seine Meinung und will den Widerstand des Kartellbeauftragten nicht länger umgehen. Damit muss Israel völlig neu planen, denn der Beauftragte trat während des Streits zurück. Sein Nachfolger wurde noch nicht ernannt.

„Während wir hier mit Grabenkämpfen beschäftigt sind und damit, sicherzustellen, dass niemand profitiert, hätte der Staat Israel bereits Exportvereinbarungen unterzeichnen können, die Milliarden Schekel eingebracht hätten“, sagte Uri Aldubi, Vorsitzender der israelischen Vereinigung der Öl- und Gaserschließungsbranche, im Heeresrundfunk. „Die einmalige Gelegenheit für die israelische Gasindustrie schwindet rasch. Jetzt ist Eile geboten.“

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