Von Kind auf bringt man uns bei, dass Lügen das Schlimmste ist, was man tun kann. Und trotzdem lügen wir täglich. Je nach befragten Experten zwischen einmal pro Stunde und zehn Mal am Tag. Oft sind es nur kleine Notlügen oder Floskeln wie „Danke, es geht mir gut“, obwohl wir am liebsten heulen möchten.
Es gibt aber auch Lügen, die nicht dazu dienen, das Zusammenleben mit anderen Menschen besser zu machen. Sondern um einen Job zu bekommen, für den wir nicht qualifiziert sind, unsere Partnerschaft zu retten, obwohl wir seit Monaten eine Affäre haben oder um uns sonst wie aus einer Situation heraus zu lavieren, an der wir selbst schuld sind. Diese Lügen zu enttarnen, ist nicht leicht.
Anders als oft behauptet, lässt sich ein Lügner nämlich nicht einfach daran erkennen, dass er den Blickkontakt meidet oder sich an der Nase kratzt. Darüber haben die CIA-Agenten Phil Houston, Michael Floyd und Susan Carnicero das Buch „Erkenne den Lügner“ geschrieben. Alle drei haben jahrelange Erfahrung mit Lügendetektortests.
Grundsätzlich gibt es drei Arten von Lügen: eine glatte Lüge, die Weglassung und das Ablenkungsmanöver. Auf die Frage, ob Sie letzte Nacht bei Ihrer Geliebten in Berlin waren, können Sie also antworten: „Ich habe keine Geliebte“ (obwohl es so ist), „Ich war gestern geschäftlich in Berlin“ oder „Ich bin seit 20 Jahren glücklich verheiratet und liebe meine Frau.“
Das Paradoxe: „Wenn man wissen möchte, ob jemand lügt, muss man Verhaltenssignale, die auf Ehrlichkeit hindeuten, ignorieren.“ Denn wer lügt, wird sein Gegenüber davon überzeugen wollen, dass er die Wahrheit sagt. Außerdem versucht der Lügner, Sympathien zu gewinnen.
Diese Antworten weisen auf eine Lüge hin
Wer beschuldigt wird, etwas bestimmtes getan zu haben, wird sich in einem besseren Licht dastehen lassen. Auf die Frage: "Haben Sie das Geld gestohlen?" antwortet der Lügner nicht mit "nein", sondern mit: "Ich arbeite schon seit 20 Jahren in diesem Unternehmen und stehe kurz vor der Pensionierung. Wieso sollte ich jetzt auf die Idee kommen und so etwas tun?"
Wer etwas nicht getan hat, sagt: Nein, das war ich nicht. Sagt das Gegenüber dagegen: "Ich habe doch gar nichts gemacht" oder "So etwas würde ich nie tun" sollten Sie hellhörig werden.
Wenn jemand Ihre Frage nach einem Fehlverhalten verneint, dieses "Nein" aber in eine weitschweifige Antwort kleidet, sollten Sie hellhörig werden. Wenn der Prozentsatz der Antwort, der sich auf die Verneinung bezieht, relativ klein ist, so ist das ein ausgesprochen schlechtes Zeichen. So etwas können Sie getrost als Lügenindiz werten.
Dahinter steckt ein ganz ähnlicher psychologischer Mechanismus wie hinter der Wiederholung einer Frage: Ihr Gegenüber möchte peinliches Schweigen vermeiden und Zeit gewinnen, um sich eine Antwort zu überlegen. Typische Floskeln, mit denen man die Antwort auf eine Frage umgeht, sind zum Beispiel: "Das ist eine gute Frage" oder "Ich bin froh, dass Sie diese Frage gestellt haben."
Wer eine Frage wiederholt, will Zeit zum Nachdenken zu gewinnen. Durch diese Wiederholung kann man zwar nur zwei bis drei Sekunden herausschinden. Aber wenn jemand zehnmal so schnell denkt, wie er spricht, dann hat er de facto 20 bis 30 Sekunden gewonnen, in denen er sich hoffentlich eine gute Antwort zurechtlegen kann. Aber Vorsicht: Es gibt durchaus legitime Gründe dafür, eine Frage zu wiederholen – vielleicht hat Ihr Gesprächspartner sie nicht gehört oder möchte sich vergewissern, ob er Sie richtig verstanden hat. Und manchmal ist das auch einfach nur eine Angewohnheit.
Wenn jemand sich durch die Fakten einer Situation in die Enge getrieben fühlt, empfindet er das normalerweise als ziemlich belastend. Oft sieht so jemand sich dann gezwungen, zum Angriff überzugehen. Vielleicht versucht er Ihre Glaubwürdigkeit oder Kompetenz anzuzweifeln, und zwar normalerweise mit Fragen wie: "Warum vergeuden Sie meine Zeit, indem Sie mir das erzählen?" Kinder versuchen es bei Auseinandersetzungen mit ihren Eltern sehr oft mit dieser Strategie. Fragen wie "Warum hackst du immer auf mir herum?" oder "Warum hast du kein Vertrauen zu mir?" fallen zum Beispiel in diese Kategorie.
Wenn jemand als Reaktion auf eine Frage plötzlich übertrieben höflich wird, ist das ein Alarmsignal. Vielleicht sagt diese Person dann bei einer bestimmten Antwort: "Ja, mein Herr" oder baut ein Kompliment in ihre Antwort ein: "Das ist aber eine schöne Krawatte, die Sie da anhaben." Welche Strategie dahintersteckt, liegt auf der Hand: Je mehr Sympathien wir für unseren Gesprächspartner haben, umso eher sind wir geneigt, ihm zu glauben.
Wer etwas zu verbergen hat, befindet sich in einem Dilemma, aus dem er sich befreien muss: Die Tatsachen sprechen gegen ihn, also wird er vielleicht versuchen, die Bedeutung der Sache, um die es geht, herunterzuspielen: "Wieso ist denn das so wichtig?" oder "Warum regen sich die Leute so sehr darüber auf?" Unter Umständen wird er sogar versuchen, die Sache ins Lächerliche zu ziehen.
Manche Menschen, die ein schlechtes Gewissen haben, greifen ihren Gesprächspartner nicht direkt an, sondern erheben Einwände gegen seine Vorgehensweise. In diese Kategorie fallen Sätze wie: "Warum fragen Sie mich danach?" oder "Wie lange wird diese Befragung dauern?"
Manchmal weisen Menschen, die etwas zu verbergen haben, darauf hin, dass sie die betreffende Frage früher schon einmal beantwortet haben: "In diesem Zusammenhang möchte ich Sie auf meine frühere Stellungnahme verweisen, in der ich gesagt habe …" oder "Wie ich schon beim letzten Mal erklärt habe …" oder "Wie wir in unserem Geschäftsbericht bereits mehrfach erwähnt haben …"
Wenn jemand Gott ins Spiel bringt, ist das eine extreme Form von Verschleierungstaktik. Also lassen Sie sich von Redensarten wie "Ich schwöre bei Gott" nicht beeindrucken, sondern erkennen Sie sie als das, was sie höchstwahrscheinlich sind: den Versuch Ihres Gesprächspartners, eine Lüge in ihrem besten Sonntagsanzug herauszuputzen, ehe er sie Ihnen auftischt.
Es gibt zwei verschiedene Arten von Einschränkungen, die auf eine Lüge hindeuten: verschleiernde Einschränkungen und der Glaubwürdigkeit dienende Einschränkungen. Mithilfe verschleiernder Einschränkungen kann jemand eine Frage ehrlich beantworten, ohne die heikle Information preisgeben zu müssen. Beispiele für solche Floskeln sind: "im Grunde genommen", "größtenteils", "im Prinzip", "wahrscheinlich", "eigentlich", "so etwas Ähnliches wie" oder "meistens". Mit der Glaubwürdigkeit dienenden Einschränkungen will Ihr Gesprächspartner glaubwürdig erscheinen, zum Beispiel, indem er Floskeln wie "offen gesagt", "um ganz ehrlich zu sein" oder "um die Wahrheit zu sagen" nutzt.
Er will uns auf seine Seite ziehen. Denn je mehr wir jemanden mögen, desto eher glauben wir ihm. Und wir wollen unserem Gegenüber in der Regel auch glauben, weil wir nicht belogen werden wollen. Das macht es für uns so schwierig, eine Lüge zu erkennen, erklären die Autoren des Buches.
Es gibt jedoch Anzeichen, die bei der Entlarvung von Lügen hilfreich sein können. Aber Vorsicht: „Kein Mensch auf diesem Planeten kann hundertprozentig sicher sein, ob sein Gegenüber lügt oder nicht – es sei denn, diese Person behauptet etwas, wovon man schon von vornherein weiß, dass es nicht stimmt.“