Berliner Flughafen Deutschland kann alles - nur keinen Flughafen

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Überforderte Manager, überhebliche Bauindustrie

Kapitel 3: Die überforderten Manager

Wie viel Fluggäste fliegen im Jahr 2050 von Berlin ab? Wer so eine Frage beantworten muss, muss Visionär sein oder gute Prognosemodelle haben. Für Berlin gab es weder das eine noch das andere.

Der Flughafen war zunächst für 17 Millionen Passagiere pro Jahr ausgelegt. Inzwischen wurde die Planung mehrfach korrigiert. Wenn der Airport irgendwann eröffnet, können 27 Millionen Fluggäste pro Jahr aus-, ein- und umsteigen. Die Kapazität wird also kaum ausreichen. Schon 2013 kamen mehr als 26 Millionen.

BER wurde und wird also deutlich teurer. Sollte der noch aktive Flughafen Schönefeld für bis zu neun Millionen zusätzliche Passagiere weiter betrieben werden, wie von Mehdorn inzwischen vorgeschlagen, kostet das 100 Millionen Euro extra.

Ohnehin mussten in den vergangenen Jahren immer weitere Nachrüstungen vorgenommen werden: neue Piers und Pavillons. Allein die Abfertigungen für den neuen A380 waren im ursprünglichen Planungskonzept nicht enthalten, heißt es in Aufsichtsratskreisen.

Auch das Flughafenmanagement hat versagt. Nur wenige Tage vor dem ursprünglichen geplanten Starttermin 2012 hieß es noch, es gebe keinen Grund, an der Eröffnung zu zweifeln. Die Vorgänger von Mehdorn seien gute Manager für den Betrieb eines existierenden Airports, hieß es aus Gesellschafterkreisen - aber keine Manager für den Bau eines Flughafens.

Kapitel 4: Die überhebliche Bauindustrie

Die Planer haben die erforderlichen und erwünschten Nachbesserungen zwar übernommen, aber offenbar nicht mit anderen Teilen des Flughafens aufeinander abgestimmt. So ist wohl zu erklären, dass der Flughafen zwar insgesamt größer wurde, aber die Baupläne nicht mitwuchsen. Die derzeit Verantwortlichen am Flughafen beklagen eine desolate Dokumentation der Baufortschritte.

So bereitet derzeit vor allem die Entrauchungsanlage große Probleme - intern nur noch "Monster" genannt. Entgegen der physikalischen Gesetze saugen vier große Ventilatoren den Rauch bei einem Feuer in einen unterirdischen Schacht. Noch kann die Anlage aber nicht flexibel gesteuert werden.

Die großen Schaufelräder springen also auch dann auf volle Kraft, wenn nur irgendwo ein Papierkorb brennt. Zudem hielten einige Lüftungsrohre bei Brandschutz-Tests dem gewaltigen Sog nicht Stand und bekamen Risse. Und die Steuerung der Entrauchungsklappen bleibt ebenfalls ein Problem: Wegen fehlerhafter Skizzen können die einzelnen Klappen noch nicht gezielt angesteuert werden.

Unangenehme Fragen muss sich auch die Bauwirtschaft gefallen lassen. Denn auf dem Hauptstadtflughafen wird heute nicht nach internationalen Baustandards gebaut. Noch immer tragen die Bauunternehmen zweidimensionale Bauskizzen mit auf die Baustelle.

Für ein Großprojekt dieser Art verlangen öffentliche Bauträger in Skandinavien, Großbritannien oder den USA den Einsatz digitaler Bausoftware. Gebaut wird dort zunächst digital in 3D, bis der erste Stahlträger in den Boden gerammt wird.

Doch die mittelständische Bauindustrie in Deutschland hatte nie wirklich ein Interesse an der Technik, weil es mit Zusatzkosten und mehr Personal verbunden ist. Erst in Zukunft wird "Building Information Modelling" zum Standard erhoben.

Kapitel 5: Das Ende

So wird der Hauptstadt-Flughafen wohl erst 2017 eröffnen - vier Jahre später als geplant. Flughafenchef Mehdorn hielt zwar bis vor kurzem intern noch an einem möglichen Betriebsstart 2015 fest, doch das gilt im Aufsichtsrat schon lange als unmöglich.

Bevor das erste Flugzeug abhebt, muss der Flughafen erst einmal ein halbes Jahr im Vorfeld getestet werden. Die Kontrolleure gehen intern von 2016 aus. Doch da war die Personalie des inzwischen beurlaubten Technikchefs noch unbekannt. 2017 scheint daher realistischer.

Verzögerungen schließt Mehdorn inzwischen selbst nicht mehr aus. Per Pressemitteilung ließ er verlauten: "Wir überprüfen derzeit mögliche Auswirkungen des Korruptionsverdachtsfalls auf den BER-Zeitplans."

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