Abschied vom Acht-Stunden-Tag? „Das Arbeitsrecht hinkt der Digitalisierung hinterher"

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Flexibilisierung bereits in vollem Gange

Dass eine Flexibilisierung der Arbeitszeit sinnvoll und praktikabel zu sein scheint, zeigen immer beliebtere flexible Arbeitszeitmodelle, wie etwa Arbeitszeitkonten. In vielen Branchen gäbe es bereits tarifvertragliche Regelungen zu Arbeitszeitkonten mit Ausgleichszeiträumen – und die Zahl solcher Modelle steige, heißt es beim Arbeitgeberverband.

Solche Arbeitszeitkonten ermöglichen Mitarbeitern auch jetzt schon an gewissen Tagen länger zu arbeiten als die üblichen acht Stunden – um diese dann flexibel an anderen Tagen abzubummeln. Alles innerhalb der gesetzlichen Grenzen. Höhere Tagesarbeitszeiten können über die Arbeitszeitkonten so in Zeiträumen von bis zu einem Jahr ausgeglichen werden.

Bei Airbus Operations wird dieses Arbeitszeitmodell schon länger praktiziert – dort hält man die Arbeitszeitkonten für den bestmöglichen Weg den Arbeitsalltag sowohl für Mitarbeiter als auch das Unternehmen flexibel zu gestalten. „Mit diesen Modellen gewährten wir unseren Mitarbeitern ein hohes Maß an Flexibilität.", sagt Carola Nolte, Managerin Labour Law der Airbus Operations. Sie ist von einem flexibleren Arbeitszeit-Modell überzeugt.

Laut des Arbeitgeberverbands würden Tarifverträge etwa im privaten Bankgewerbe, der Stahlindustrie und in Teilen auch in der Metall- und Elektroindustrie immer häufiger sogar die Möglichkeit von Langzeit- und Lebensarbeitszeitkonten enthalten.

Arbeitszeit wichtiges Thema für Jamaika

Für Uwe Tigges, Personalvorstand der RWE-Tochter innogy, gehört die Überarbeitung des Arbeitszeitgesetzes auf die Agenda der neuen Koalitionspartner: „Das Arbeitsrecht hinkt der Digitalisierung hinterher. In vielen Bereichen arbeiten wir bereits vernetzt, digital und flexibel. Die Rahmenbedingungen dafür sind aber teils zu starr, zum Beispiel bei der Einschränkung der wöchentlichen Arbeitszeit“, sagt Tigges. „Ohne die sinnvolle wöchentliche Höchstarbeitszeit antasten zu wollen, schlage ich vor, dass wir uns mehr an der EU-Arbeitszeitrichtlinie orientieren.“

Viele Mitarbeiter wünschten sich mehr Freiheit, um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können. Darüber hinaus böten flexible Arbeitszeitmodelle für Unternehmen die Chance, qualifiziertes Fachpersonal zu gewinnen und zu binden. „Flexible und selbstgestaltete tägliche Arbeitszeiten bedeuten mehr Autonomie und eine bessere Work-Life-Balance“, so Tigges.

Die Chancen auf eine tatsächliche Gesetzesanpassung stehen bei Jamaika allerdings nur mäßig gut. Dass der Vorstoß der Wirtschaftsweisen bereits Wirkung bei den Sondierungsgesprächen zeigen könnte, ist mehr als fraglich. Zwar sind FDP und Union offen für Änderungen – die Grünen dürften jedoch blockieren.

Die FDP – allen voran Ex-Manager und FDP-Bundestagsabgeordneter Thomas Sattelberger – wünscht sich eine Reform des Arbeitszeitgesetzes. Statt der täglichen Höchstarbeitszeit von acht Stunden denkt sie laut über die von Arbeitgebern geforderte wöchentliche Maximaldauer von 48 Stunden nach. Und auch die Union scheint einer Reform eher positiv gegenüber zu stehen.

Die Grünen zeigten bislang aber harte Kante bei dem Thema: Einer Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes, das etwa tägliche Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten regelt, „stellen wir uns klar entgegen“, sagte Parteichefin Simone Peter bereits Ende Oktober.

Mit Material von dpa

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