Ada Lovelace-Festival Als Programmieren noch Frauensache war

In Berlin beginnt heute das Ada Lovelace Festival. Dessen Ziel ist es unter anderem, Frauen in IT-Jobs zu vernetzen und zu fördern. Dabei war Programmieren mal ein typischer Frauenberuf. Wir stellen die Tech-Pionierinnen vor.

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Zum Gedenken an Ada Lovelace Quelle: Presse

Verbände, Universitäten und die Politik starten immer wieder Kampagnen und Förderprojekte, um mehr Frauen für IT-Berufe zu interessieren. Die Zukunft liegt in den Tech-Jobs, da ist man sich einig. Entsprechend viele Fachkräfte braucht es also. Doch prozentual betrachtet, interessieren sich nur die wenigsten jungen Frauen für ein Informatikstudium. Wenn schon Naturwissenschaft, dann Biologie oder Mathematik. Aber einer dieser Klischee-Nerds mit Brille, die in Kellerlöchern hausen und sich von TK-Pizza ernähren, will Papas kleines Mädchen nicht werden.

Entsprechend sind nur acht Prozent der Auszubildenden in technischen Berufen weiblich, an den Hochschulen sind gut 20 Prozent der MINT-Studenten weiblich, in den reinen Informatikstudiengängen sind es rund zehn Prozent. Und das ist kein rein deutsches Phänomen: Auch im Silicon Valley sind Frauen rar, bei Facebook sind 85 Prozent der Angestellten Männer, bei Google sind es 83 Prozent und bei Apple 80 Prozent.


Dabei war das einmal anders: Nicht nur, dass Programmierern mal ein ganz anderes Image anhaftete, als heute, die ersten Programmierer der Welt waren Frauen. In den Kriegs- und Nachkriegsjahren war Software-Entwicklung in den USA ein typisch weiblicher Beruf.


Hedy Lamarr

Die Amerikanerin Hedy Lamarr beispielsweise entwickelte während des Zweiten Weltkrieges zusammen mit George Antheil ein Verfahren, um die Funkfernsteuerung für Torpedos sicherer zu machen. Ihr Ziel war es, Torpedos, die per Radiowellen gesteuert wurden, für den Gegner unangreifbar zu machen. Denn 1940 ließ sich die Radiowellen-Verbindung zu den Unterwassergeschossen noch sehr leicht stören. Lamarr und Antheil brachten Sender und Empfänger dazu, scheinbar zufällig, aber synchron ihre Frequenz zu ändern und entwickelten so das Frequenzsprungverfahren, auf dem unsere heutigen WLAN-Netzwerke und Bluetooth-Verbindungen basieren.

Elsie Shutt

Ebenfalls zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges berechneten Frauen am ersten elektronischen Universalrechner Eniac die Flugbahn von Gewehrkugeln und Raketen. Die Eniac-Frauen wurden übrigens auch als „Computer“ bezeichnet. Sie waren studierte Mathematikerinnen, die für jede ballistische Frage eine Antwort errechnen – to compute – mussten. Bei der Vorstellung des Eniac-Rechners im Jahr 1946 ließ man die Programmiererinnen dem Zeitgeist entsprechend allerdings unerwähnt.
Trotzdem gründete Elsie Shutt, eine der Eniac-Frauen, 1958 das Softwareunternehmen Computations Incorporated. Sie beschäftigte ausschließlich Frauen, die zuhause Angehörige pflegen mussten. Rund 50 Frauen schafften durch sie – zunächst als Freelancer - den Sprung in die Software-Branche.


Grace Murray Hopper

Doch noch bevor Eniac vorgestellt und Computations Incorporated gegründet wurde, meldete sich die Mathematikprofessorin Grace Hopper freiwillig zur US-Marine. 1944 programmierte sie „Mark 1“, den ersten programmierbaren Computer. Außerdem leitete sie den Aufbau von „Mark II“.
Ende der 1940er Jahre entwickelte sie die Idee, Computerprogrammen das Sprechen beizubringen. 1952 folgte dann der erste Compiler, der die englische Sprache in für die Maschinen verständliche Befehle aus Nullen und Einsen umwandelte. Hopper gilt außerdem als die Mutter der noch heute existierenden Programmiersprache COBOL. Außerdem verdanken Computernutzer und User-Hotlines rund um den Globus ihr den Begriff „Bug“, also Käfer, für einen Softwarefehler. Im Jahr 1947 geriet während der Arbeiten an dem gut fünf Tonnen schweren „Mark II“ nämlich eine Motte in den Rechner geraten, die ihn zum Absturz brachte.


Hopper soll einmal über ihre Arbeit gesagt haben: "Programmieren ist wie das Vorbereiten des Abendessens. Man muss planen und alles so terminieren, dass es fertig ist, wenn man es braucht.“ Sie war überzeugt: Ein guter Programmierer brauche Geduld und den Blick fürs Detail. Und beides hätten Frauen, weshalb sie die geborenen Informatikerinnen seien.


Jean Sammet

Ebenfalls an der Entwicklung von COBOL beteiligt war Jean Sammet. Sie hatte ebenfalls Mathematik studiert und arbeitete ab 1953 bei der Sperry Companie, wo sie zwei Jahre später zur leitenden Programmiererin aufstieg. 1958 wechselte sie zu Sylvania Eclectric Products und wurde Teil des „CODASYL Short Range Committees“, das sich der Entwicklung der Programmiersprache COBOL verschrieben hatte. Im Lauf ihrer Karriere arbeitete sie bei IBM und war Leiterin des Boston Advanced Programming Departments. Sie veröffentlichte wissenschaftliche Arbeiten zu Programmiersprachen und Manipulation von Formeln, das im Rahmen ihrer Arbeit bei IBM erschienene Programming languages: history and fundamentals galt als Standardwerk über Programmiersprachen. Außerdem leitete sie bei IBM die Entwicklung der Programmiersprache Ada.


Ada Lovelace

Diese Programmiersprache Ada ist nach der britischen Mathematikerin Ada Lovelace benannt, die als eine der Begründerinnen der Informatik gilt. Augusta Ada Byron wurde am 10. Dezember 1815 als Tochter von Lord Byron und der britischen Aristokratin Anne Isabella Milbanke in London geboren.

1822 stellte Charles Babbage eine mechanische Rechenmaschine vor, quasi einen Vorfahren unserer Computer. Er nannte das Gerät, das nie fertig gestellt wurde, Analytical Engine. Babbage sah in der Apparatur eine Möglichkeit, schneller zu rechnen – also einen dampfbetriebenen Rechenschieber, wenn man so will. Lovelace erkannte in der Analytical Engine dagegen eine Maschine, die auch Texte und Bilder verarbeiten oder Musik komponieren könnte.

Die Funktionen seien nicht festgelegt, sondern abhängig von dem, was ein Mensch ihm befehle. Und diese möglichen Befehle schrieb sie auf. Damit entwickelte Lovelace im Jahr 1843 den ersten Algorithmus, bei dem man getrost vom ersten Computerprogramm sprechen kann. Diese Befehle sollten auf Lochkarten gespeichert werden und von der Maschine verarbeitet werden. Aus technischen Gründen wurde die Analytical Engine zwar nie gebaut, Lovelace Aufzeichnungen sind jedoch erhalten geblieben. Heute gibt es – neben der Programmiersprache – zahlreiche nach ihr benannte Initiativen, die Mädchen und Frauen für Jobs in der IT-Branche begeistern sollen.

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