Arbeiten 4.0 "Mitarbeiter wollen eigenverantwortlich entscheiden"

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Mitarbeiterbindung durch T-Shape-Prinzip

Zu dieser Transparenz gehört auch, dass Arbeitnehmer wissen, woran die Kollegen arbeiten. In vielen Unternehmen herrschen Rivalitäten zwischen Abteilungen. Der Vorwurf ist immer der gleiche: Die Anderen arbeiten kaum, wir leisten die ganze Arbeit. Sogenannte „Scrum“-Boards in offenen Büros leisten hier Abhilfe.

Auf diesen ist zu sehen, woran das jeweilige Team arbeitet. Im Vorbeigehen bekommt man schnell einen Eindruck, welches Projekt gerade ansteht – es gibt keine Geheimniskrämerei und es kann auch Hilfe angeboten werden, falls Kollegen überfordert sind.

Ein weiteres Element der Mitarbeiterbindung ist das sogenannte T-Shape-Prinzip. Damit Talente nicht in einen engen Rahmen gepresst werden, gibt es T-Shape. Dabei breitet der Mitarbeiter bildlich gesprochen seine Arme wie ein T aus und lernt von seinen Kollegen. So soll ein Wissensaustausch stattfinden, der den Mitarbeitern einen Blick fürs große Ganze gibt. Außerdem können Kollegen dadurch leichter füreinander einspringen. Ein „das gehört nicht zu meinen Aufgaben“ gibt es nicht. So entstehen in einem Unternehmen Multitalente, die trotzdem Experten auf ihrem Gebiet sind.

Besonders förderlich für die Unternehmenskultur sind Veranstaltungen, bei denen das gesamte Unternehmen zusammenkommt und jede Abteilung ihre aktuellen Projekte vorstellen kann. Mitarbeiter bekommen durch diese Events Lob und Anerkennung ihrer Kollegen – für viele ist das eine größere Motivation als Geld.

Ein wichtiger Wettbewerbsvorteil ist außerdem die Lage des Unternehmens. Zwar wollen es viele nicht wahrhaben, doch das Unternehmen oder das Produkt allein überzeugen Bewerber nur selten. Zur Lage gehört nicht nur die Stadt, sondern auch das konkrete Umfeld und die Räumlichkeiten. Kein Mitarbeiter sitzt gerne im Keller bei trübem Licht vor einem Bildschirm. Ein attraktiver Arbeitsplatz, eine angenehme Atmosphäre und abwechslungsreiche Essensmöglichkeiten sind nicht zu unterschätzen.

Grundsätzlich gewinnen Unternehmen den War for Talents, wenn sie sich von starren Prozessen und Modellen abwenden und sich hin zu den Menschen wenden. Ein Modell darf niemals über den Mitarbeitern stehen. Wenn ein Arbeitsmodell nicht funktioniert, wird es abgeschafft – egal wie modern oder ausgefeilt es auch sein mag. Das “Scrum”-Arbeitsmodell setzt auf effektives und agiles Arbeiten. Allerdings ist es nur ein Modell, kein Selbstzweck und auch keine heilige Kuh, die nicht angetastet werden darf. Ganz im Gegenteil: Modelle müssen immer an das eigene Unternehmen angepasst werden.

Wenn Unternehmen anfangen, ihre Arbeitsstrukturen kritisch zu betrachten und an den Mitarbeitern auszurichten, dann wird sich eine angenehme Unternehmenskultur etablieren – und diese Kultur macht am Ende den Unterschied.

Movingimage24 ist ein Berliner Videotechnologie-Anbieter. Das Unternehmen setzt auf das aus den USA stammende "Scrum"-Arbeitsmodell. Im April 2015 besuchte Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) im Rahmen ihrer Initiative "Arbeiten 4.0" Movingimage, um sich über innovative Arbeitsmodelle zu informieren. Der Dialogprozess läuft bis Ende 2016. Nahles fordert eine neue Führungskultur im digitalen Zeitalter. Am Dienstag besuchte sie die Firmenzentrale von Microsoft Deutschland in Unterschleißheim, um sich über die flexiblen Arbeitsmodelle des Konzerns zu informieren.

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