Das Problem: Laut Steffes gäbe es nur sehr wenig Literatur, die valide Ergebnisse zulässt. Die Forschung stecke in dem Bereich noch in den Kinderschuhen. Eine deutsche Universität, die sich mit dem Thema befass, ist die Uni Bamberg. So zeigt beispielsweise eine Untersuchung des Centre of Human Resources Information Systems (CHRIS), dass flexible Arbeitszeitmodelle und Home Office neben Weiterbildung als Top-Maßnahme gegen Probleme bei der Besetzung neuer Stellen gelten. Doch braucht es feste Zeiten, in denen sich das Team und Vorgesetzte auch in der Realität treffen können. Sonst war es das mit der Beförderung, was Führungskräfte auch selber zugeben.
Im April 2013 veröffentlichte das internationale Personalberatungsunternehmen Korn/Ferry eine Studie, für die 320 Chefs weltweit zu ihren Erfahrungen mit Homeoffice befragt wurden. Das Ergebnis: 60 Prozent sagten, dass die Arbeit im heimischen Büro ein Karrierekiller sei. „Heimarbeit kann sowohl Arbeitgeber- als auch -nehmern nutzen, es kann aber auch zu Unsichtbarkeit führen, die die Karrierechancen begrenzt“, bestätigt Ana Dutra von Korn/Ferry.
Homeoffice: 10 Regeln für Arbeitgeber
Flexible Arbeitsmodelle erfordern klare Vereinbarungen. Nur wenn die Rahmenbedingungen transparent und Erwartungen eindeutig formuliert sind, kann daraus eine vertrauensvolle neue Arbeitskultur entstehen.
Flexible Arbeitsmodelle eignen sich nicht für alle Aufgaben. Firmen müssen deshalb klare Regeln für den Rahmen für die Nutzung (wer kann flexibel arbeiten) und die Umsetzung (Anwesenheitspflichten, Arbeitsumfang, Verfügbarkeit) vorgeben. Gallup hat in verschiedenen Studien herausgefunden, dass gerade Mitarbeiter im Home-Office häufig nicht genau wissen, was von ihnen erwartet wird. Deshalb müssen Führungskräfte ihre Erwartungen und die Aufgaben besonders deutlich formulieren.
Nicht für jeden Mitarbeiter eignet sich Arbeiten im Home-Office: Jedem Mitarbeiter sollte freigestellt sein, diese Angebote im Unternehmen zu nutzen.
Die Ausschöpfung des vollen Leistungspotenzials hängt stark von der Motivation und persönlichen Stärken ab. Für Personen, die ein sehr großes Bedürfnis nach sozialer Interaktion haben, ist die Arbeit im Home-Office nicht ideal. Ein häufiger Fehler ist, flexible Arbeitsmodelle als „Belohnung“ für besondere Leistungen einzusetzen. Das schafft falsche Anreize. Daher sollte aufgrund der Stärken oder Arbeitsweisen des einzelnen Mitarbeiters entschieden werden, ob dieser Home-Office oder mobiles Arbeiten nutzen kann und darf.
Als Arbeitgeber sollte man seinen Mitarbeitern vertrauen und „loslassen“ können.
Die bloße Anwesenheit ist kein Indikator für die Qualität der Arbeit. Schafft ein Mitarbeiter seine Arbeit zu Hause schneller als im Büro, sollte sich die Führungskraft darüber freuen – und nicht aus Prinzip auf das Erfüllen von Zeitkontingenten bestehen. Generell sollte eine Führungskraft den Rahmen für die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter schaffen, sich selbst einbringen zu können.
Die Leistung von Mitarbeitern muss objektiv definiert und gemessen werden.
Jeder Mensch entwickelt seine eigene Arbeitsweise. Gleiches gilt für die Zeitplanung bei flexiblen Arbeitsmodellen. Starre Zeitkorsetts demotivieren und behindern eine produktive Arbeitseinteilung. Der Mitarbeiter muss an seinen Leistungen gemessen werden. Dies erfordert ein grundlegendes Performance Management im Unternehmen, das Leistungen objektiv definiert und misst.
Aus den Augen, aber nicht aus dem Sinn: Auch Mitarbeiter ohne permanente Anwesenheit brauchen Führung.
Bei Heimarbeitern sollte das Feedback bewusster und regelmäßiger erfolgen als bei den Kollegen vor Ort. Wenn Führungskräfte ein ehrliches Interesse an ihren Mitarbeitern zeigen, deren Arbeit regelmäßig bewerten und über die persönliche Weiterentwicklung sprechen, können sie die Mitarbeiter auch über große Distanzen hinweg binden.
Arbeitgeber haben eine Fürsorgepflicht. Das gilt insbesondere für flexible Arbeitsplatzmodelle.
Wenn der Mitarbeiter spätabends noch E-Mails schreibt, ist er dann überlastet? Oder ist das nur sein persönlicher Arbeitsstil? Um diese Frage zu beantworten, müssen sich Führungskräfte auch für den Mitarbeiter als Menschen interessieren und dessen Stärken, Routinen und familiäres Umfeld kennen. Gallup hat über 10 Millionen Menschen weltweit zum Thema »Mein Vorgesetzter/ Meine Vorgesetzte oder eine andere Person bei der Arbeit interessiert sich für mich als Mensch« befragt. Personen, die diesem Satz zustimmen, bleiben häufiger in ihrem Unternehmen, haben mehr emotional gebundene Kunden, sind erheblich produktiver und erwirtschaften mehr Gewinn.
Neue Meetingkulturen erleichtern effiziente Arbeitsprozesse innerhalb der Teams.
Für ein gemeinsames Verständnis der Ziele und Aufgaben ist ein enger Austausch im Team notwendig. Auch und gerade bei flexiblen Arbeitsmodellen. Häufig sorgen jedoch schwierige Terminabstimmungen oder ungenügende Kommunikationswege für Reibung. Regelmäßige Statusmeetings ermöglichen allen Beteiligten, Projektstände auszutauschen, Ideen vorzustellen, Aufgaben zu besprechen und frühzeitig Schwächen aufzuzeigen.
Den direkten Austausch fördern, sich gegenseitig schätzen – und so das Gemeinschaftsgefühl stärken.
Der Mensch benötigt täglich 6 Stunden soziale Interaktion, um sich wohl zu fühlen und gesund zu bleiben. Wenn Kollegen und Vorgesetzte sich auch über das Berufliche hinaus schätzen, entsteht ein positives Arbeitsumfeld und ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl. Für die zwischenmenschlichen Beziehungen sind regelmäßige persönliche Treffen unverzichtbar.
Mitarbeiter müssen sich im Unternehmen willkommen fühlen und haben ein Anrecht auf einen Arbeitsplatz.
Die Anforderungen an Arbeitsplätze haben sich in den vergangenen Jahren aufgrund neuer Informationstechnologien und Arbeitsmodelle stark verändert. Doch noch immer gilt: Mitarbeiter brauchen eine Arbeitsumgebung, in der sie produktiv arbeiten können, in der sie sich wohlfühlen und willkommen sind. Das gilt ebenso für flexible Arbeitsmodelle. Maximale Flexibilität bedeutet auch, dass ein Mitarbeiter neben dem Arbeitsplatz z.B. im Home-Office auch Zugriff auf einen Arbeitsplatz im Team hat. Wie dieser gestaltet ist (z.B. durch Tablesharing oder Rollcontainer) muss vorab geklärt sein und dem Bedarf angepasst sein.
Neue Arbeitsstrukturen können nur erfolgreich sein, wenn sie mit der Unternehmenskultur und den Unternehmenszielen vereinbar sind.
Mitarbeiter, die der Aussage zustimmen „Die Ziele und die Unternehmensphilosophie meiner Firma geben mir das Gefühl, dass meine Arbeit wichtig ist“, sind produktiver und bleiben ihrem Unternehmen länger treu. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmenskultur und flexible Arbeitsmodelle aneinander angepasst werden: In Unternehmen, in denen ein Kontrollzwang herrscht, werden Home-Office und mobiles Arbeiten nicht zum Erfolg führen. Und wer von der Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder von Flexibilität spricht, muss dies auch in der Praxis einlösen.
Zwei von zehn Befragten gaben sogar an, Heimarbeiter sollten ihrer Meinung nach weniger Geld bekommen, als die Kollegen im Büro. Das Ergebnis der Studie ist natürlich nicht repräsentativ. Hinzu kommt, dass "Meinungsumfragen, welche sich auf die subjektive Wahrnehmung von Führungskräften und Angestellten beziehen, nur beschränkte Evidenz über die tatsächliche Wirkung von Homeoffice liefern können“, wie Steffes vom ZEW sagt.
Smalltalk ist Pflicht
Trotzdem liefert sie einen Einblick, wie der Aufstieg auf der Karriereleiter funktioniert. Es geht natürlich auch um Leistung, aber in erster Linie um das Sehen und Gesehen werden – um Netzwerke. Wer nicht im Büro sitzt, wenn der Chef die spannenden Aufträge verteilt, bekommt nur das, worauf die Kollegen mit Präsenz-Vorkaufsrecht keine Lust haben. „Kunde X ist übrig geblieben? Das kann ja dann der Müller zu Hause machen.“
So kann man sich aber leider nicht beweisen. Hinzu kommt, dass sich per E-Mail kein Verhältnis aufbauen lässt, weder ein positives, noch ein negatives. Und für eine Beförderung braucht der Vorgesetzte schließlich das Zutrauen, dass der Mitarbeiter der Aufgabe gewachsen ist. Auch menschlich.
Heißt: Das Feierabendbier mit den Kollegen, der Smalltalk auf dem Flur, die endlosen Meetings und das gemeinsame Essen in der Kantine mögen zwar vielen lästig sein, für das berufliche Fortkommen sind sie aber unerlässlich. Gerade, wer sich auf eine Führungsposition bewerben möchte, muss Präsenz zeigen, bei Vorgesetzten und Kollegen.
Tipps für den gelungenen Smalltalk
Zum Smalltalk gehört auch eine entsprechende Körperhaltung: Es geht um eine nette, harmlose Plauderei, also beginnen Sie diese mit einem netten Lächeln. Und verschränken Sie die Arme nicht vor der Brust und verstecken Sie Ihre Hände nicht hinter dem Rücken oder in den Hosentaschen.
Smalltalk betreiben wir meist mit Menschen, die wir nicht besonders gut kennen. Deshalb ist es wichtig, einen angenehmen Gesprächsabstand einzuhalten. Wer seinem Gegenüber zu dicht auf die Pelle rückt, darf sich nicht wundern, wenn er sich unbeliebt macht.
Am liebsten smalltalken die Deutschen über ihren Urlaub, Ärger mit Handwerkern, ihre Hobbies, Berufliches oder die Gesundheit.
Vermeiden Sie die Themen Politik, Religion, Geld und private Probleme: Solche Themen sind nur für den Freundes- oder Verwandtenkreis bestimmt. Für eine unverbindliche Plauderei mit Fremden eignen sie sich nicht.
Auch wenn es sich um Ihren absoluten Lieblingswitz handelt, beginnen Sie ein Gespräch bitte nicht mit: „Kennen Sie den?...“ Niemand hat etwas gegen humorvolle Bemerkungen und Schlagfertigkeit, aber Sprücheklopfer und Witzbolde kommen einfach nicht gut an.
Bringen Sie Ihr Gegenüber dazu, etwas zu erzählen. Wer geschlossene Fragen stellt, auf die der Gesprächspartner nur mit „Ja“ oder „Nein“ antworten kann, schafft keine angenehme Gesprächsatmosphäre. Versuchen Sie es lieber mit einer Frage wie „Woher kennen Sie den Gastgeber?“
Achten Sie darauf, neutrale Fragen zu stellen und freundlich zu bleiben. Wer fragt: „Finden Sie Fußball auch so doof?“ wird es sich mit einem eingefleischten Fan verscherzen. Dann lieber fragen, was das Gegenüber beruflich macht. Zur Not reden Sie über das Wetter, das geht immer.
Damit sich wirklich ein nettes Gespräch ergibt, müssen Sie natürlich nicht nur Fragen stellen, sondern auch zuhören. Schenken Sie Ihrem Gegenüber also die volle Aufmerksamkeit, auch wenn Sie sich über belanglose Themen unterhalten. Sonst verliert er schnell die Lust am Gespräch mit Ihnen.
Auch wenn Lästern im Freundeskreis Spaß macht, beim Smalltalk sollten Sie es sich sparen. Es fällt nur negativ auf Sie zurück. Zuhörer übertragen jene Eigenschaften, die Person A einer Person B andichtet, unbewusst und automatisch auf Person A. Ebenfalls verzichten sollten Sie auf prahlerische Redebeiträge nach dem Motto „Mein Haus, mein Auto, meine Yacht“.
Das bedeutet, dass sich auch Heimarbeiter bei wichtigen Meetings oder wöchentlichen Konferenzen blicken lassen sollten, oder mittags mit den Kollegen essen gehen, wenn es räumlich möglich ist.
Ergebnisse von Projektarbeiten können per Videokonferenz besprochen werden und falls entsprechende Firmennetzwerke oder Messenger vorhanden sind, sollten sie auch genutzt werden. Davon, schon morgens um fünf die erste und abends um elf die letzte E-Mail abzuschicken, raten Experten jedoch ab. Dieses Verhalten zeugt nämlich nicht davon, wie fleißig man ist, sondern nur, dass es an der Eigenverantwortung mangelt. Und das kann Folgen haben: Unternehmen wie Bosch verbieten ihren Mitarbeitern unter Umständen das Homeoffice, wenn sie das Gefühl haben, dass ein Angestellter rund um die Uhr arbeitet. „Ziehen Sie klare Grenzen der Erreichbarkeit“, heißt es entsprechend in einer Empfehlungen für die Mitarbeiter.
Als Schablone eignet sich vielleicht das Microsoft-Modell: Heimarbeiter bekommen klare Zielvereinbarungen, was sie bis wann geleistet haben müssen, es gibt klare Regeln, wie die Arbeit im Homeoffice auszusehen hat und neben der regelmäßigen Kommunikation gibt es fixe Termine, an denen sich das gesamte Team trifft. So bekommen die Vorgesetzten die Kontrolle, die sie sich wünschen und die Mitarbeiter sind nicht nur eine gesichtslose Personalnummer.