Arbeitsleben Unhöflichkeit macht einsam

Manche Menschen werden von ihren Kollegen mehr oder weniger deutlich ausgeschlossen. Verantwortlich dafür sind die Ausgeschlossenen oft selbst, wie zwei Studien zeigen.

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Die fiesesten Mobbing-Attacken
Laut einer TNS Emnid-Studie ist jeder sechste Deutsche (15 Prozent) selbst einmal Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz geworden. Doch nicht jede Lästerei gilt als Mobbing. Die Gewerkschaft verdi definiert Mobbing als "fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder andere ebenso geschützte Rechte, wie die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen." Dazu gehören Angriffe auf die Möglichkeit, sich zu äußern, Angriffe auf die sozialen Beziehungen, Angriffe auf das soziale Ansehen, Angriffe auf die Qualität der Berufs- und Lebenssituation sowie Angriffe auf die Gesundheit. Meistens entwickelt sich Mobbing jedoch langsam und steigert sich... Quelle: Fotolia
Der Karrierecoach Martin Wehrle hat sich näher mit dem Thema Mobbing und den einzelnen Stufen befasst. Meistens beginnt es mit einfachem Lästern über einen Kollegen oder eine Kollegin. Auf einmal wird alles, was an dem Betroffenen anders ist, durch den Kakao gezogen und jede Kleinigkeit wird zu einer Riesenmarotte aufgeblasen. Man spricht nicht mehr mit dem Kollegen, sondern über ihn. Quelle: Fotolia
Die nächste Stufe ist, nicht mehr nur über die Eigenarten des Kollegen zu tuscheln, sondern ihn damit zu verspotten. Seinen Gang oder seine Sprechweise zu imitieren, ihm verletzende Spitznamen zu geben oder offen über ihn zu lachen. Quelle: Fotolia
Viele Mobber suchen bei ihren Opfer nach winzigen Fehlern und überschütten sie dann mit völlig überzogener Kritik. Wer ständig vor allen anderen gesagt bekommt, dass die eigene Arbeit nichts taugt und ihm ständig Fehler unterlaufen, der wird unsicher - und macht Fehler. Quelle: Fotolia
Der nächste Schritt ist dann oft, den Kollegen beim Chef anzuschwärzen, weil er angeblich nur Fehler macht und dann auch noch zu langsam arbeitet. So sorgen die Mobber dafür, dass der Betroffene auch noch bei den Führungskräften einen schlechten Stand hat. Quelle: Fotolia
Spricht das Mobbingopfer die Kollegen direkt an, wird es nicht selten für verrückt erklärt. Der Kollege sei bloß überempfindlich, verstehe keinen Spaß oder habe offensichtlich psychische Probleme. Quelle: Fotolia
Experten beobachten außerdem, dass der Ton immer schärfer wird, je länger das Mobbing andauert. Nicht selten kommt es vor, dass der betroffene Kollegen angeschrien wird. Quelle: Fotolia

Die Szene kann wohl in fast jedem Arbeitsumfeld vorkommen. Es ist Mittagszeit, die Kollegen fragen sich gegenseitig: "Kommt ihr mit in die Kantine?" Nur einer wird keines Blickes gewürdigt, geschweige denn angesprochen. Kristin Scott und Thomas Zagenczyk von der Clemson University sowie Simon Restubog von der Australian National University haben in zwei Studien überprüft, weshalb es zu solchem Verhalten des sozialen Ausschlusses am Arbeitsplatz kommt. Darüber berichtet jetzt die Fachzeitschrift "Wirtschaftspsychologie Aktuell".

Die Forscher definieren Sozialen Ausschluss als das Ignorieren, das ein Mitarbeiter erlebt. Ein Mitarbeiter wurde also als "ausgeschlossen" betrachtet, wenn er sich so fühlt, also wenn er beispielsweise der Aussage zustimmt: „Diese Person behandelt mich, als wäre ich gar nicht da.“ Die Forscher befragten dazu jeweils Mitarbeiterpaare: den, der sich ausgeschlossen fühlte („Ausgegrenzter“), und einen Kollegen, der mit ihm zusammenarbeitete („Kollege“). In der ersten Studie wurden 181 Mitarbeiterpaare eines Callcenters auf den Philippinen befragt, in der zweiten Studie 183 Paare von Angestellten mehrerer philippinischer Firmen.

Unhöflichkeit als Auslöser

Das zentrale Ergebnis beider Studien ist, dass am Anfang des Ausschließens häufig unhöfliches Verhalten dessen stand, der sich ausgegrenzt fühlte. Zum Beispiel wenn der heute Ausgegrenzte zu Anfang seine Kollegen arrogant behandelt hatte. Zumindest gaben das die Ausgrenzenden an.

Diese Unhöflichkeiten führten dazu, dass der Kollege gegenüber dem später Ausgegrenzten misstrauisch wurde. Dieses Misstrauen wiederum hatte zur Folge, dass die Kollegen sich abwendeten und sich der andere wirklich ausgegrenzt fühlte.

Einen entscheidenden Einfluss auf das Verhalten hat die Frage, ob der „Ausgegrenzte“ für den Kollegen wichtig war. Also zum Beispiel ob er mit ihm unmittelbar zusammen arbeiten muss und ihm dabei fähig erschien. Wenn der andere für die eigene Arbeit wichtig war, wurde er auch bei unhöflichem Verhalten nicht unbedingt ausgegrenzt. Wenn sein Beitrag unwichtig war, wurde er meist ausgegrenzt.

fk

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