Arbeitsmarkt Fünf Mythen der modernen Arbeitswelt

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Reiz der offenen Räume

Mythos 3: Offene Räume schaffen Kreativität

Desksharing, Open Space, Innovation Areas - das Büro der Zukunft hat immer schickere Arbeitsbereiche, doch nur eines fehlt immer häufiger: Wände. Deshalb setzen immer mehr Konzerne und Mittelständler auf das Großraumbüro. Im Vergleich zu Einzel- und Zweierbüros sparen die Unternehmen 20 Prozent der Bau- und späteren Energiekosten.

So wird der Reiz der offenen Räume natürlich selten begründet. Vielmehr rückt man die Arbeitsqualität in den Mittelpunkt. Das Großraumbüro soll die Kommunikation unter Mitarbeitern fördern, Ideen generieren, Innovation sicherstellen. Dabei wollen die meisten Mitarbeiter vor allem ihre Ruhe.

Die schönsten Büros und Konferenzräume
Google "SuperHQ", LondonOb Mountain View, Mumbai oder München: Google ist in Sachen innovativer Arbeitsplatzgestaltung und inspirierender Atmosphäre ein Vorzeigebeispiel. Bei der Bürogestaltung von Googles Londoner Hauptquartier am Covent Garden durften sich die Innenarchitekten der Penson Group mal so richtig austoben. Herausgekommen ist ein knallbunter Stilmix aus riesigen Sofalandschaften, gemütlichen Sitzgruppen und einem Garten zum gemeinsamen Unkrautjäten. Viel Platz also für gemeinsames Arbeiten. Zugegeben – das schrille Interieur im opulenten Chesterfield-Design mag nicht jedermanns Geschmack treffen, einen Kontrast zum ewigtristen Grau-In-Grau klassischer Konferenzräume bietet es in jedem Fall.Google "SuperHQ" Quelle: PENSON
Google "SuperHQ", LondonDie Bürokonzepte des Internetgiganten sind bekannt dafür, anders zu sein. Der Platz für gemeinsames Arbeiten steht dabei immer im Mittelpunkt. Neben einem festen Arbeitsplatz für jeden Mitarbeiter bietet Googles Londoner „SuperHQ“ dieselbe Anzahl an gemeinsam nutzbaren Plätzen. Selbst die Bibliothek, sonst eher Ort der Ruhe und des konzentrierten Arbeitens, keinesfalls jedoch lebendiger Kommunikation, bietet mit seinen großen, kreisrunden Sofas eine Alternative zum eigenen Schreibtisch – und eben viel Platz zum gemeinsamen Arbeiten.Google "SuperHQ" Quelle: PENSON
Google "SuperHQ", LondonWeltweit hat Google mehr als 70 Niederlassungen in über 50 Ländern – und keine gleicht der anderen. Zuständig für die Gestaltung der Google Offices ist ein eigenes Team, das ortsansässige Architekten verpflichtet und die Mitarbeiter vor Ort einbezieht. Das Ergebnis ist immer ein verspieltes Arbeitsplatzdesign mit jeder Menge Lokalkolorit: Was in Zürich die Seilbahn-Gondeln, in Hamburg das "Schietwetter" oder Arbeitsplätze in Form stilisierter Ruderboote, sind in London Union Jacks oder typisch englische Stilelemente, wie etwa das „Velourmptious snug“, ein plüschiges Separee im Stile des Hinterzimmers eines britischen Pubs.Google "SuperHQ"
SoundCloud "Global Headquarter", BerlinNeben Startups scheinen vor allem auch Tech-Unternehmen, darunter Branchenriesen wie Google, Facebook oder Microsoft, wert auf eine inspirierende und innovative Arbeitsplatzatmosphäre zu legen. Eine kreative Umgebung fördert eben auch kreative Arbeit. Oder so. Ein Beispiel jedenfalls, was dabei herauskommen kann, wenn beide Welten aufeinandertreffen, liefert das Berliner Startup SoundCloud. Ihr „Global Headquarter“ auf dem Gründercampus „Factory Berlin“ bietet mit knapp 3000 Quadratmetern auf drei Etagen viel Platz für kreative Arbeit, egal ob alleine oder im Team: Insgesamt gibt es 16 verschieden große und unterschiedlich gestaltete Meetingräume, die alle nach Berliner Stadtteilen benannt sind. Im Kaminzimmer, von SoundCloud zur technikfreien Zone erklärt, kommt bei indirekter, warmweißer Beleuchtung, gemütlichen Loungemöbeln und einem knisternden Feuer, Wohnzimmeratmosphäre auf.SoundCloud "Global Headquarter" Quelle: SoundCloud
Spacebase Loft, Industriehafen Frankfurt„Die Art und Weise von Meetings verändern“. Das war das - zugegeben - sehr ambitionierte Motto von Julian Jost und Jan Hoffmann-Keining als sie ihren Job als Unternehmensberater an den Nagel hingen, um zusammen mit dem schwedischen Investor und Online-Reise Pionier Stephan Ekbergh eine weltweite Buchungsplattform für Workshop- und Meetingräume zu gründen. Das war im August 2014. Ihrem erklärten Ziel, die Welt vor öden, kastenförmigen und farblosen Meetingräumen zu retten, sind sie seitdem schon ein ganz großes Stück näher gekommen. Vom perfekt arrangierten Designer-Loft bis zu einer kompetenzbildenden Boxarena: Inzwischen hat Spacebase schon mehr als 2000 Räume in über 30 Städten und 12 verschiedenen Ländern im Angebot, darunter New York, Amsterdam, Tel Aviv, Kapstadt oder Berlin.Spacebase Loft Frankfurt Quelle: right. based on science
Spacebase Kreativloft, MünchenEs sind vor allem junge, dynamische Unternehmen und Freelancer, die sich nicht in öde Büros inmitten eintöniger Gewerbegebiete einmieten und in langweiligen Tagungsräumen der immergleichen Businesshotels konferieren. Doch auch die wirklich großen Konzerne der Old-Economy scheinen den Reiz der hippen Architektur auf den geteilten Büroflächen für sich entdeckt zu haben. Zu den Kunden von Spacebase gehören ebenso Riesen wie die Deutsche Bahn oder der Pharma- und Chemiekonzern Merck. Startup-Atmosphäre auf Zeit, wenn man so will.Spacebase Kreativloft München Quelle: Spacebase
OutOfOffice, MünchenTodschicke, lichtdurchflutete 420 Quadratmeter auf zwei Stockwerken im Herzen Münchens bietet das Unternehmen OutOfOffice aus Hamburg. Das Loft zeichnet sich vor allem durch sein dezentes Interieur, eine bodentiefe Fensterfront und großzügige Terrasse aus. Die zwei Etagen, die zusammen oder getrennt angemietet werden können, bieten reichlich Platz Workshops, Seminare, Tagungen, Pressekonferenzen oder Fotoshootings – technisches Equipment und ein voll ausgestatteter Gastro-Bereich inklusive. Neben München haben die Hanseaten auch zwei Locations in Frankfurt und Hamburg im Angebot, die dem stilvollen Loft in der bayerischen Landeshauptstadt in nichts nachstehen.OutOfOffice München Quelle: OutOfOffice

Die Universität Oxford untersuchte im vergangenen Jahr die Produktivität und Arbeitszufriedenheit von Menschen im Großraumbüro. Vor allem der Geräuschpegel stört aus Sicht der Befragten die Konzentration. Denn damit Ideen zu Ende gedacht werden können, brauchen Menschen Möglichkeiten, sich zurückziehen, wie die Wissenschaftler betonen. Aus ihrer Sicht ist deshalb entscheidend, dass Unternehmen nicht nur offene sondern auch Ruheräume bereitstellen.

Mythos 4: Das Privatleben profitiert von der neuen Flexibilität

Um Mitternacht wirft Ansgar Oberholz seine letzten Gäste raus. Er betreibt das Café Sankt Oberholz in Berlin, dem Hohetempel der selbsternannten digitalen Avantgarde. Ein Lokal, in dem Leute nicht zum Kaffeeklatsch, sondern zum Arbeiten kommen.

Jeder, der hier sitzt, hat einen Laptop vor sich stehen. Auf ihren Bildschirmen zeigt sich, an was sie arbeiten: Präsentationen, Bildbearbeitung, Texte - alles, womit man digital Geld verdienen kann. In Deutschland arbeiten fünf Millionen Menschen jenseits der Festanstellung in digitalen Berufsfeldern. Doch das Internet hat keine Öffnungszeiten. Und Feierabend ist damit erst, wenn man selbst entscheidet, wann Schluss ist.

Aus Sicht von Oberholz braucht es deshalb eine neue Selbstkompetenz. "Man muss wissen, wie man mit der neuen Form des Arbeitens gesund umgeht. Wir müssen neue Kulturtechniken erlenen, damit wir die Vorzüge der neuen Freiheit genießen können und nicht um unsere Selbstausbeutung noch effizienter voranzutreiben“, sagt Oberholz. Dazu gehören ganz einfache Dinge. Zum Beispiel mal „nicht erreichbar“ sein.

Virtueller Assistent, intelligente Büromöbel und überall kluge Roboter – der Arbeitsalltag von morgen unterscheidet sich massiv vom heutigen. Auf was Sie sich einstellen müssen, verrät diese animierte Story.

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