Arbeitsrecht Was der Chef alles wissen darf - und was nicht

Krankheiten, Zweitjobs, Kinderwunsch - manche Chefs wollen alles über ihre Mitarbeiter wissen. Doch nicht alles ist erlaubt. Bei unzulässigen Fragen besteht das Recht zur Lüge. Was der Chef fragen darf – und was nicht.

Wenn sich der Vorgesetzte für den Mitarbeiter interessiert, ist das nicht immer in seinem Interesse. Wer beim Chef als krank, unflexibel oder finanziell angeschlagen gilt, muss mit schlechteren Karrierechancen rechnen. „Es kommt immer wieder zu Missverständnissen, was der Arbeitgeber von seinem Mitarbeiter wissen darf und was nicht“, sagt Marc Spielberger, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Beiten Burkhardt. Quelle: dpa
Der Chef darf sowohl bei der Einstellung als auch während des Arbeitsverhältnisses Fragen stellen. Unzulässige Fragen dürfen Mitarbeiter allerdings falsch beantworten – es drohen keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Bei legitimen Fragen muss der Angestellte allerdings wahrheitsgemäß antworten. Sonst riskiert der Mitarbeiter eine fristlose Kündigung oder Rückabwicklung des Arbeitsvertrages mit möglichen Schadenersatzansprüchen. Auf den folgenden Seiten erklärt Handelsblatt Online, welche Fragen zulässig sind – und welche nicht. Quelle: dpa/picture alliance
AusbildungDie Übersicht startet mit zulässigen Fragen. Dazu zählt etwa Angaben zu Ausbildung, Qualifikation und dem beruflichen Werdegang. „Der Arbeitgeber darf auch ins Detail gehen und nach Ausbildungs- und Weiterbildungszeiten fragen“, sagt Spielberger. Selbst die Frage nach Vorbeschäftigungszeiten beim eigenen Unternehmen ist legitim, wenn der Mitarbeiter ein befristetes Arbeitsverhältnis abschließen möchte. Wer bei diesem Fragen falsche Angaben macht, riskiert eine außerordentliche Kündigung. Quelle: dpa
FlexibilitätIm Interesse des Arbeitgebers steht auch die Frage nach der Einsetzbarkeit des Mitarbeiters. Der Vorgesetzte darf etwa zur Bereitschaft zur Versetzung an andere Standorte oder Bereiche. Der Chef darf auch Fragen, ob der Mitarbeiter für Schichtdienste zu Verfügung steht. Quelle: ap
SpracheAuch nach Fremdsprachenkenntnisse und der Beherrschung der Muttersprache darf der Arbeitgeber fragen. „Aber nur wenn sie für die tatsächlicher Aufgabe des Mitarbeiters von Belang sind“, sagt Spielberger. Der Arbeitgeber darf zusätzlich nach Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis oder Staatsangehörigkeit fragen, etwa wenn der Mitarbeiter ins Ausland entsendet werden soll. Quelle: dpa
ZweitjobsEbenfalls erlaubt sind Fragen nach Nebenjobs, wenn sie den Job behindern könnten. Das gilt auch für bestehende Wettbewerbsverbote, etwa aus dem alten Job. Quelle: dpa
SchlapphüteMitarbeiter im öffentlichen Dienst müssen auch eine Mitarbeit bei der Staatssicherheit der DDR offenbaren. Quelle: dpa
KrankheitenMitarbeiter sind aber nicht immer auskunftspflichtig. Angaben zu Krankheiten müssen sie nur machen, wenn sie für die Tätigkeit wichtig sind. Das ist etwa bei Ansteckungsgefahren für Kollegen und Kunden der Fall oder wenn die Tätigkeit wegen der Erkrankung nicht mehr ausgeübt werden kann. Bestimmte Berufsgruppen wie Ärzte oder Piloten haben strengere Auskunftspflichten. Beispiel: Eine Infektion mit HIV müssen Arbeitnehmer grundsätzlich nicht angeben. Es sei denn, sie arbeiten in Berufen, in denen ein erhöhtes Ansteckungspotenzial besteht, etwa in Klinken, Küchen oder der Lebensmittelproduktion. Fragen nach der genetischern Veranlagung sind grundsätzlich tabu. Quelle: dpa
Alkohol und DrogenFragen zu Suchtproblemen müssen Mitarbeiter beantworten, wenn sie ihren Job deswegen nur eingeschränkt ausüben können. Ob jemand raucht oder nicht, darf der Chef grundsätzlich nicht abfragen. Quelle: dpa
VermögensverhältnisseAuch diese Themen sind privat. Es sei denn der Mitarbeiter bekleidet eine besondere Vertrauensstellung, beispielsweise als Vermögensverwalter. Quelle: dpa
VorstrafenNur wenn die Frage für die Tätigkeit entscheidend ist, darf sie der Vorgesetzte stellen. Bedingung: Es handelt sich um einschlägige Strafen oder laufende Verfahren, wenn mit umfangreichen Ermittlungen, Untersuchungshaft oder Freiheitsstrafen zu rechnen ist. Quelle: dpa
SchwangerschaftDiese Frage ist für Arbeitgeber immer tabu. Das gilt auch, wenn es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis handelt und die Bewerberin höchstwahrscheinlich einen großen Teil der vereinbarten Zeit nicht arbeiten kann. „Selbst bei einer Schwangerschaftsvertretung darf der Vorgesetzte nicht nach der Schwangerschaft fragen“, sagt Spielberger. Ebenso tabu sind Fragen nach dem Kinderwunsch, einer geplanten Heirat oder der sexuellen Identität. Quelle: Reuters
Politik und ReligionAuch Fragen nach der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft sind dem Arbeitgeber nicht gestattet, wie auch Auskunftswünsche nach politischen Vorlieben und Parteizugehörigkeit. Die Fragen nach der Religion ist nur in Tendenzbetrieben oder kirchlichen Einrichtungen erlaubt. Problematisch ist, wenn der Arbeitnehmer Tätigkeiten vertraglich zusagt, die er wegen seiner Religion nicht ausüben kann. In diesem Fall riskiert er unter Umständen eine spätere Kündigung, weil er das Versprochene nicht ausüben kann. Quelle: dpa
AlterNicht alle Auskunftswünsche lassen sich pauschal beantworten. So ist es umstritten, ob nach dem Alter gefragt werden darf. Die Frage ist grundsätzlich legitim, da der Arbeitgeber nur so einen beruflichen Werdegang erkennen kann. Im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz gibt es im Paragraphen 10 dazu etliche Ausnahmen. So darf etwa nach dem Alter gefragt werden, wenn für den Berufszugang Höchst- oder Mindestaltersgrenzen gelten. Quelle: dpa
Wehr- und ErsatzdienstDie Frage, ob ein Bewerber Wehr- oder Ersatzdienst geleistet hat, ist unzulässig. „Das würde auf eine mittelbare Benachteiligung männlicher Bewerber deuten, ein legitimes Interesse des Arbeitgebers an dieser Information besteht nicht“, sagt Spielberger. Quelle: dapd
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