Arbeitsrecht „Wer die Betriebsratswahl behindert, macht sich strafbar“

Vom 1. März bis zum 31. Mai werden in deutschen Unternehmen die Betriebsräte neu gewählt. Welche Aufgaben dabei der Arbeitgeber übernehmen muss und warum Unternehmen sich nicht gegen eine Betriebsratswahl aussprechen sollten, erklärt Arbeitsrechtlerin Katrin Scheicht.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Volkswagen USA Deutschland Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Frau Scheicht, in den USA haben sich VW-Mitarbeiter kürzlich gegen einen Betriebsrat ausgesprochen. Haben Sie so etwas in Deutschland schon mal erlebt?

Katrin Scheicht: Nein, aber das hängt auch mit den sehr unterschiedlichen Systemen zusammen. Wenn in Deutschland ein Unternehmen keinen Betriebsrat hat, dann ändert sich das auch nicht, solange die Mitarbeiter nicht die Initiative ergreifen. Soll ein Betriebsrat gegründet werden, müssen mindestens drei Arbeitnehmer oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft zu einer Versammlung laden, die den Wahlvorstand wählt.  Der Wahlvorstand kümmert sich dann später um die Betriebsratswahl.

Und der kann dort nicht abgelehnt werden und das Vorhaben Betriebsrat wäre gescheitert?

Doch, nämlich dann wenn die Mehrheit der Anwesenden gegen den Wahlvorstand stimmt. Dann kann nur das Arbeitsgericht auf Antrag einen Wahlvorstand bestellen. In der Praxis passiert es in der Regel aber nicht, dass auf der Versammlung kein Wahlvorstand gewählt wird.

Katrin Scheicht, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin in der der Kanzlei Norton Rose Fulbright LLP in München

Warum?  

Die Realität zeigt, den Betriebsratsskeptikern ist es letztlich egal. Sie kommen gar nicht zu der Versammlung und stimmen damit auch nicht ab.

Welche Betriebe müssen Betriebsräte denn überhaupt zulassen?

Grundsätzlich alle mit mehr als fünf wahlberechtigen Mitarbeitern.

Und wer ist wahlberechtigt?

Jeder volljährige Mitarbeiter. Leitende Angestellte und freie Mitarbeiter sind nicht wahlberechtigt.

Wie sieht es mit Leiharbeitern aus?

Die sind auch wahlberechtigt, sobald sie länger als drei Monate für das Unternehmen arbeiten.

Jetzt gibt es ja durchaus die Situation, dass der Arbeitgeber ganz und gar nicht erfreut ist, wenn seine Angestellten auf einmal einen Betriebsrat gründen wollen. Wie sollte sich der Arbeitgeber in diesem Fall verhalten?

Hat der Betrieb mehr als fünf wahlberechtigte Mitarbeiter, kann er nichts dagegen tun. Und er sollte es auch gar nicht erst versuchen.

Wieso?

Dem Arbeitgeber ist es verboten, die Schaffung eines Betriebsrats zu behindern. Dies kann  als Ordnungswidrigkeit oder sogar Straftat geahndet werden.

Als Straftat?

Ja, zum Beispiel wenn der Unternehmer seinen Mitarbeitern androht, dass eine Mitgliedschaft im Betriebsrat berufliche Nachteile für sie hat. Das wäre jetzt aber schon eine extreme Form der Behinderung und kommt in der Praxis selten vor.

Was dürfen die Arbeitgeber denn noch nicht?

Sie dürfen bestimmte Unterstützungen nicht verweigern. Zum Beispiel sind sie verpflichtet, für die Betriebsversammlung Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Sie müssen die Einladungen zu diesem Treffen verschicken, wenn die Initiatoren nicht alle Mitarbeiter erreichen können, und dem Wahlvorstand erlauben, während der Arbeitszeit die Vorbereitungen zu treffen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%