Mal naht das Ende eines Praktikums, mal der letzte Arbeitstag beim bisherigen Arbeitgeber - ein bisschen Bammel vor dem Arbeitszeugnis hat jeder. Egal, wie gut die Leistung war.
Denn das Dokument kann großen Einfluss auf künftige Anstellungen haben. Und dann erst diese typische Zeugnissprache voller Floskeln.
Es ist immer dasselbe: Arbeitnehmer nutzen bestimmte Formulierungen, um die Leistung ihrer Mitarbeiter zu beurteilen. Wie so oft steckt der Teufel jedoch im Detail. Kleine Nuancen bedeuten oft große Unterschiede. Ein Beispiel.
"stets zu unserer vollsten Zufriedenheit": Dahinter verbirgt sich eine sehr gute Leistung
"stets zu unserer vollen Zufriedenheit": Hier hat jemand nur gute Arbeit geleistet
"zu unserer vollen Zufriedenheit" ist der Ausdruck für eine befriedigend verrichtete Arbeit.
"zu unserer Zufriedenheit" klingt nicht schlecht, beschreibt aber nur eine ausreichende Leistung
"insgesamt zu unserer Zufriedenheit": Das ist die Floskel für eine mangelhafte Leistung
Kennen Sie die Bedeutung folgender Floskeln?
Der Mitarbeiter suchte sexuelle Kontakte im Kollegenkreis.
Mangelhafte Leistungsbeurteilung
Der Mitarbeiter hat ein Alkoholproblem.
Mangelhafte Leistung
Unangenehmer Mitarbeiter, Wichtigtuer
Bürokrat, ohne Initiative
Mangelhafte Leistung
In jeder Hinsicht eine Niete.
Laut UrteilLAG Hamm (Az 4Sa 630/98) unzulässig, da doppelbödig.
Mitarbeiter hat die Fortbildungsmaßnahmen nicht genutzt.
Rechtliche Regeln
Nun soll das Zeugnis eigentlich ein zutreffendes Bild des Arbeitnehmers und seiner Leistungen vermitteln. „Wir gehen vom wohlwollenden Arbeitgeber aus, der den Arbeitnehmer in seiner beruflichen Weiterentwicklung nicht behindert“, erklärt Volker Görzel, Fachanwalt für Arbeitsrecht.
Rechtlich geregelt sind auch die Formalitäten. So muss das Zeugnis auf Deutsch erstellt werden und darf keine Rechtschreibfehler enthalten. Es muss außerdem auf fleckenfreies Geschäftspapier gedruckt werden. Verschickt der Arbeitgeber es per Post, darf er es nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes knicken.
Als Ausstellungsdatum gilt der letzte Tag des Arbeitsverhältnisses. Stellt der Arbeitgeber es erst später aus, beispielsweise wegen eines längeren Rechtsstreits, muss er es zurückdatieren. Unterzeichnet wird es vom Vorgesetzten.
Was ein gutes und ein schlechtes Zeugnis ausmacht
- erledigte die Aufgabe jederzeit zuverlässig und exakt
- zeigte stets Fleiß, Eifer und Initiative
- stets den Anforderungen gewachsen, auch bei hohem Arbeitsanfall
- nachweislich überdurchschnittliche Verkaufserfolge
- motivierte sein Team immer durch fach- und personenbezogene Führung zu hoher Leistung
- zeigte einen guten Arbeitsstil
- zeigte Fleiß, Eifer und Initiative
- verfügt über eine gute Arbeitsbefähigung
- erzielte wiederholt überdurchschnittliche Verkaufserfolge
- er motivierte durch eine fach- und personenbezogene Führung zu guten Leistungen
- arbeitete gründlich und zügig
- zufriedenstellende Dienstauffassung
- verfügte über die erforderlichen Fachkenntnisse
- die Arbeitsergebnisse erfüllen unsere Ansprüche
- er arbeitete durchaus kostenbewusst und wirtschaftlich
Doch immer wieder kommt es vor, dass die Betroffenen unzufrieden mit ihrer Bewertung sind. In diesem Fall könnte man versuchen, den Arbeitgeber zu einem besseren Zeugnis zu überreden. Falls das nicht klappt, bleiben noch ein paar Möglichkeiten.
Bei Streitigkeiten innerhalb des Unternehmens können Sie den Betriebsrat einschalten. Wenn Sie die Firma verlassen, können Sie beim Arbeitsgericht eine Berichtigungsklage einreichen. Sie tragen dann allerdings die Beweislast, dass Sie ein überdurchschnittliches Zeugnis verdienen. Umgekehrt muss der Arbeitgeber auch beweisen, dass Sie nur eine unterdurchschnittliche Note verdienen.
Görzel rät aber von einer Klage ab: „Es ist sehr aufwändig und kompliziert, einen Richter davon zu überzeugen, warum man ein gutes oder schlechtes Zeugnis verdient hat.“
Zur Freude der Arbeitnehmer stellen Arbeitgeber meistens aber ohnehin ein gutes Zeugnis aus - um Ärger und hohe Prozesskosten zu vermeiden.