Der deutsche Gedächtnisforscher Hermann Ebbinghaus fand bereits im 19. Jahrhundert heraus: Nach etwa 20 Minuten erinnern Menschen sich nur noch an 60 Prozent des neuen Wissens, nach 24 Stunden an 30 Prozent. Langfristig bleiben nur etwa 15 Prozent im Kopf haften.
Beim Lernen verbinden sich im Gehirn, vereinfacht gesagt, Nervenzellen miteinander. Wie gut Menschen etwas lernen, hängt davon ab, wie stark diese Synapsen verknüpft sind. Kapazität wäre genug vorhanden, theoretisch zumindest. Durchschnittlich zwei Petabyte kann das erwachsene Gehirn abspeichern, das entspricht etwa dem Inhalt von 2000 aktuellen Festplatten.
Mammutaufgabe Chinesisch lernen
Doch anders als bei ihr wird davon vieles wieder vergessen. Deshalb sollten Erwachsene ihre Lernzeit aufteilen. Einen Monat lang pro Tag zehn Minuten zu büffeln bringt mehr als an einem Tag fünf Stunden.
Jens Trotzky ist dafür das beste Beispiel. Der Informatiker arbeitet seit 2008 beim IT-Konzern SAP. Vor zwei Jahren bekam der 32-Jährige das Angebot, für das Unternehmen nach China zu wechseln. Und da Trotzky sich schon immer für Asien interessierte, sagte er zu. Die Sache hatte nur einen Haken: Trotzky konnte kein Wort Chinesisch.
Dass die Sprache für jeden Westeuropäer eine echte Herausforderung darstellt, ist noch untertrieben. Etwa 75 000 unterschiedliche Schriftzeichen umfasst sie, wer sich im Alltag zurechtfinden will, sollte davon etwa 3000 kennen. Derzeit steht Trotzky bereits bei 1500 – was vor allem an zwei Dingen liegt. Zum einen unterstützt ihn sein Arbeitgeber bei der geistigen Mammutaufgabe und spendiert ihm einen Sprachlehrer, der ihm jede Woche insgesamt drei Stunden Einzelunterricht erteilt.
Der hat zumindest schon mal erreicht, dass Trotzky das Lesen einfacher fällt als das Sprechen. Vor allem deshalb, weil er Sorge hat, Wörter falsch zu betonen. Denn je nach Aussprache verändert sich die Bedeutung eines chinesischen Wortes komplett. So kann das Wort „ma“ je nach Betonung sowohl „Mutter“, „Hanf“, „Pferd“ oder „schimpfen“ heißen.
Ältere Menschen lernen anders
Zum anderen weiß Trotzky – anders als Pennäler in der Schule –, warum er sich die intellektuelle Plackerei antut. Irgendwann möchte er beim Einkaufen im Supermarkt ohne Gesten und den Hinweis „Das da!“ auskommen. Und in spätestens fünf Jahren will Trotzky eine Kundenpräsentation auf Chinesisch halten.
Aus Sicht von Lernforschern geht er genau richtig vor. Die Wissenschaftler sind in den vergangenen Jahren zu einem Fazit gelangt: Ältere lernen nicht schlechter. Sondern anders.