Büroarbeit Wer lange sitzt, ist früher tot

Zu viel sitzen schadet der Gesundheit und kann sogar die Lebenserwartung verkürzen. Das fanden Forscher heraus. Büroarbeiter sollten für ausreichend Bewegung sorgen.

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Zu viel sitzen schadet der Gesundheit und kann sogar die Lebenserwartung verkürzen. Quelle: Fotolia

Wer lange in einem Büro arbeitet, setzt sich einem erheblichen Risiko aus. Langes Sitzen ist sogar lebensgefährlich. Was albern klingt, haben mehrere Studien belegt. Bereits mehr als drei Stunden tägliches Sitzen kann die Lebenserwartung reduzieren. Wer hingegen im Schnitt weniger als drei Stunden am Tag in sitzender Haltung verbringt, hat eine um zwei Jahre höhere Lebenserwartung. Zu diesem Ergebnis kamen Forscher des Pennington Biomedical Research Center in Louisiana, USA. Sie hatten gut 17.000 Personen miteinander verglichen.

Außerdem hatten die Forscher Daten der US-weiten Gesundheitsstudie National Health and Nutrition Examination Survey ausgewertet und mit Studien verglichen, die sich mit dem Einfluss von Bewegung auf Todesursachen aller Art beschäftigten. Auch hier war das Ergebnis eindeutig: Wer viel saß, hatte eine geringere Lebenserwartung.

Was bei der Arbeit stresst
Zu viel Verantwortung oder ständiges an die-Arbeit-denken, auch in der Freizeit gaben 18 Prozent der Befragten als Grund für Stress bei der Arbeit an. Nur in Tschechien können die Beschäftigten außerhalb des Arbeitsplatzes schwerer abschalten - dort gaben 28 Prozent an, dauernd an die Arbeit denken zu müssen. Auf der anderen Seite der Skala ist Luxemburg: nur fünf Prozent haben dort dieses Problem. Quelle: Fotolia
Keinen Stress haben dagegen nur sieben Prozent der deutschen Befragten. Genauso niedrig ist der Anteil derer, die ihren aktuellen Job nicht mögen. Quelle: Fotolia
Unangemessener Druck vom Chef nannten 27 Prozent der Befragten hierzulande als Stressgrund. In Brasilien sind es dagegen 44 Prozent. Quelle: dapd
Wenn der Chef sich eher um sein Handicap kümmert, statt ordentlich zu führen: 28 Prozent der Befragten sind mit der Managementfähigkeit des Chefs unglücklich. Das Unvermögen des führenden Managers, das zu Stress führt, scheint in Luxemburg relativ unbekannt zu sein - nur 11 Prozent der Befragten sind dort mit den Befragten unglücklich, in Dubai sind es gar neun Prozent. Quelle: dapd
Dass unangenehme Kollegen oder fieser Büroklatsch zu Stress führen kann, ist allgemein bekannt. Dementsprechend führen auch 31 Prozent der Befragten das als Stressgrund an - der Anteil derer, die das ähnlich sehen, liegen in allen anderen Ländern fast gleich hoch - außer in Brasilien: 60 Prozent der Befragten geben unangenehme Kollegen und fiesen Büroklatsch als Stressgrund an. Quelle: Fotolia
Ein weitere Stressgrund: personelle Unterbesetzung. 41 Prozent der Befragten sehen das als wichtigen Grund für Stress bei der Arbeit an - ein Wert, der fast in allen Ländern ähnlich ist. Quelle: Fotolia
Doch am problematischsten, laut der Studie: die hohe Arbeitsbelastung. 51 Prozent der Befragten gaben dies als Stressgrund an. Deutschland liegt damit im Schnitt, auch in den anderen elf Ländern ist ein ähnlich hoher Anteil der gleichen Meinung. Quelle: Fotolia

In einer weiteren über 14 Jahre dauernden Beobachtungsstudie unter 120.000 Amerikanern zeigte sich auch, dass Männer, die täglich sechs oder mehr Stunden im Sitzen verbracht hatten, eine um 20 Prozent höhere Sterberate hatten als Personen, die nur bis zu drei Stunden täglich im Sitzen arbeiteten. Bei den Frauen betrug der Unterschied sogar 40 Prozent.

Durchschnittlich 80.000 Stunden verbringt ein deutscher Büromitarbeiter in seinem Berufsleben im Sitzen – in vielen Büros nicht einmal an ergonomisch eingestellten Arbeitsplätzen. Im Durchschnitt verbringt jeder Erwachsene 11,5 Stunden pro Tag im Sitzen. Schon Grundschulkinder sitzen rund neun Stunden täglich.

Berufsunfähig durch zu viel Sitzen

Kein Wunder, dass Rückenleiden, Muskel- und Skeletterkrankungen den Großteil aller krankheitsbedingten Fehltage verursachen. Durch das Vielsitzen wird die Rückenmuskulatur verkürzt, Bauch-, Bein- und Gesäßmuskeln werden geschwächt. Auch werden Schulter-, und Nackenpartie, die Wirbelsäule, Bandscheiben und Gelenke erheblich belastet.

Im Unterleib befinden sich zahlreiche wichtige Organe, die für Verdauung und Stoffwechsel wichtig sind. Die Magendarmtätigkeit wird durch langes Sitzen verlangsamt, das beeinflusst den Stoffwechsel und damit das Immunsystem negativ.

Sitzen macht sogar depressiv

Schon wieder urlaubsreif?
Stress im Büro ist mittlerweile für viele zur Alltagserscheinung geworden. Kein Wunder, dass sich deshalb die Mehrheit der Deutschen im Schnitt bereits 45 Tage nach dem letzten Urlaub wieder reif für die Insel fühlt. Dabei trifft die Sehnsucht nach Erholung die Frauen früher als Männer. Aber auch das Alter ist ein Faktor der für teilweise deutliche Unterschiede sorgt. Quelle: dpa
Am schnellsten wieder urlaubsreif fühlen sich die Jungen: die 18 bis 29-Jährigen. Sie würden am liebsten bereits nach fünf Wochen wieder den Arbeitsplatz verlassen. Die mittlere Generation der 30- bis 59-Jährigen ist da schon stressresistenter und bräuchte nach eigenen Angaben alle sechs Wochen eine neue Auszeit. Ganz entspannt sehen die über 60-Jährigen ihrem nächsten Urlaub entgegen. Im Schnitt fühlen sie sich erst nach acht Wochen wieder urlaubsreif. Quelle: dpa
Die Stresstiefs verlaufen übrigens in Zyklen: Schon nach einer Woche fühlen sich 14,9 Prozent der Deutschen urlaubsreif. Der nächste Tiefpunkt setzt nach vier Wochen ein, dann wollen 10,9 Prozent eine Auszeit. Der größte Teil braucht aber spätestens nach drei Monaten wieder Ferien. Hart im nehmen sind immerhin 11,6 Prozent der Deutschen die erst nach sechs Wochen wieder den Drang nach Freizeit verspüren. Auch schnell urlaubsreif fühlen sich übrigens die Einwohner von Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Im Schnitt wollen sie nach 43 Tagen wieder das Büro verlassen. In Hamburg hingegen dauert es mit 57 Tagen am längsten bis sich die Sehnsucht nach Erholung wieder einstellt. Quelle: dpa
Urlaubsparadies Hawaii: Einige Deutsche, nämlich neun Prozent, sind übrigens besonders hart im Nehmen und gaben an, sich nie urlaubsreif zu fühlen. Erstaunlicherweise gibt es hier keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Ob dieser Strand von Maui sie umstimmen könnte? Quelle: dapd
Die beliebteste Insel der Deutschen ist Mallorca, die die Deutschen in den Fünfziger Jahren für sich entdeckt haben. Zwei Prozent der Deutschen zieht es allerdings erst nach ein bis zwei Jahren wieder zurück in den Urlaub. Auch dabei zeigt sich, dass die Frauen früher weg wollen als Männer. Nur 1,9 Prozent der weiblichen Befragten gaben an, so lange auf die nächste Auszeit warten zu können. Quelle: PR
Den Traumurlaub wünschen sich die Deutschen im Schnitt nach 45 Tagen zurück. Das ergab eine repräsentative Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Das Insitut hat im Auftrag des Reiseportals lastminute.de 1107 Männer und Frauen ab 18 Jahren in Deutschland online gefragt, ab wann sie sich wieder urlaubsreif fühlen. Quelle: Reuters
Sie fühlen sich urlaubsreif? Rechnen Sie doch mal nach, wie lange Ihr letzter Urlaub zurückliegt - vielleicht liegen Sie im deutschen Trend von 45 Tagen. Quelle: Handelsblatt Online

Und natürlich hat viel Sitzen einen erheblichen Einfluss auf das Gewicht. Schon wenige Stunden Sitzen reichen aus, um in den Blutgefäßen die Ausschüttung von Lipoproteinlipase (LPL) einzuschränken. Dies ist ein Enzym, das zur Fettverdauung benötigt wird. Ein Mangel führt zu höheren Blutfettwerten – und dauerhaft zu Übergewicht mit den entsprechenden Gesundheitsfolgen.

Im Sitzen ist außerdem die Durchblutung eingeschränkt. Dadurch steigt das Risiko, an Herz-Kreislauf-Problemen zu erkranken. Außerdem wird die Zirkulation in den Beinen erschwert, das Thrombose-Risiko steigt. Die Folgen sind nicht nur für die Gesundheit schwerwiegend, sie kosten auch das Gesundheitssystem und die Unternehmen viel Geld. Nicht wenige Arbeitnehmer fallen aufgrund eines Bandscheibenvorfalls durch zu viel Sitzen für Wochen und Monate im Job aus, manche werden sogar berufsunfähig.

Nicht zuletzt hat zu viel Sitzen sogar Auswirkungen auf die Psyche: In einer Studie aus Spanien zeigten diejenigen, die mehr als 42 Stunden pro Woche im Sitzen verbrachten, ein um 31 Prozent erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen. Denn die fehlende Bewegung macht müde, auch werden Stresshormone nicht abgebaut. Schließlich stellt sich der Körper bei Stress auf Bewegung ein. Bleibt diese aus, kann der Körper die Stresshormone ab einem bestimmten Level nicht mehr gut kompensieren. Psychische Erkrankungen sind dann wahrscheinlich.

Ein Bewusstseinswandel setzt nur langsam ein. Ergonomieberatungen, betriebliches Gesundheitsmanagement oder Bewegungsförderung durch Betriebssport und entsprechende Fitnessprogramme gibt es nur in wenigen Unternehmen.

Dieser Artikel ist zuerst auf zeit.de erschienen.

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