Bundeswehr als Arbeitgeber Teilzeit könnte der Kameradschaft schaden

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Die Bundeswehr muss am Image arbeiten

Zur Attraktivität eines Arbeitgebers gehört auch das Umfeld. Zu meiner Wehrdienst-Zeit vor 20 Jahren waren Kasernen oft in einem deprimierenden Zustand.

Das hat sich, denke ich, geändert. Zumindest die Kasernen, die ich bisher kennengelernt habe,  sind ziemlich nutzerfreundlich eingerichtet.

Als größter Stressbringer gelten Auslandseinsätze.

Das stimmt. Und es muss jedem klar sein, dass nicht nur der viereinhalbmonatige Einsatz selbst Belastungen bedeutet. Das beginnt mindestens ein halbes, wenn nicht ein ganzes Jahr vorher. Die Soldaten werden durch Lehrgänge und Übungen vorbereitet, die meist nicht am eigenen Standort stattfinden. In den 18 Wochen im Auslandseinsatz stehen die Soldaten dauernd unter Strom. Auch wenn die Bedrohung der meisten nicht direkt ist, bleibt sie doch latent im Hinterkopf. Das ermüdet. Für Partnerschaften ist der Einsatz natürlich eine Riesenbelastung. Auch die Zeit nach dem Einsatz, die Wiedereingewöhnung, darf man nicht unterschätzen.  

Was könnte die Bundeswehr machen, um die Belastung der Soldaten zu verringern?

Ich würde begrüßen, wenn sich die Einsatzhäufigkeit für manche Spezialeinheiten und besonderen Dienstposten auf ein erträgliches Maß reduzieren ließe.

Ein dunkelhäutiger Offizier berichtete kürzlich in einem Interview, er sei noch nie rassistisch beschimpft worden, aber sehr wohl, wenn er in Uniform unterwegs sei. Leiden die Soldaten unter dem schlechten Ansehen des Militärs in der deutschen Gesellschaft?

Ja, von solchen Erlebnissen höre ich auch. Aber ich glaube, wir sind da auf einem guten Weg. Die Gesellschaft erkennt, dass Soldaten nicht automatisch Kämpfer sind. Viele Soldaten sind auch außerhalb des Dienstes sozial engagiert. Die Bundeswehr und vielmehr die Politik muss noch mehr an dem Image Bundeswehr  arbeiten und herausstellen, dass Soldaten bei ihren Einsätzen für Friedenssicherung zuständig sind. Und dass ihnen das Parlament, das wir alle gewählt haben, große Opfer abverlangt.

Vergleichen Soldaten ihren Beruf mit normalen, zivilen Berufen?

Ihnen ist schon bewusst, dass sie einen besonderen Beruf haben. Menschen, die sich dafür entschieden haben, sehen das Soldat Sein auch als Berufung und sind mit Herz und Seele dabei. Nicht, um in Einsätzen zu kämpfen, sondern um einen guten Dienst zu leisten. Sie nehmen bei ihrer Berufswahl die Einschränkung des Grundrechtes in Kauf. Soldaten sind die einzige Bevölkerungsgruppe, der befohlen werden kann, ihr Leben für das anderer einzusetzen.  Ein existentieller Unterschied zu anderen Berufen.

Welche Rolle spielen für Soldaten heute der Glauben und die Kirche?

Wir Militärpfarrer sind Seelsorger, die allen Soldaten mit ihren Sorgen und Nöten zur Seite stehen wollen. Soldaten ohne religiöse Prägung fällt der Zugang zur Kirche schwerer. Gefragt sind Kirche und spirituelle Angebote  in ganz besonderen Situationen, wenn das Leben Schrammen bekommt, zum Beispiel durch Trennung vom Partner oder im extremen Fall durch den Tod eines Kameraden. Eine religiöse Bindung kann die Resilienz der Soldaten stärken, also die Fähigkeit, mit schwierigen Lebenssituationen umzugehen.

 

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