Bundeswehr als Arbeitgeber Teilzeit könnte der Kameradschaft schaden

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will die Bundeswehr familienfreundlich machen. Doch eine Armee ist kein Arbeitgeber wie jeder andere. Militärpfarrer Claus-Jörg Richter über Umzüge, Auslandseinsätze und andere Nöte der Soldaten.

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Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) spricht am 09.01.2014 im niedersächsischen Landtag in Hannover mit Soldaten der 1. Panzerdivision. Die Soldaten wurden in einen Auslandseinsatz verabschiedet. Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Die neue Verteidigungsministerin will die Bundeswehr zu einem attraktiveren, familienfreundlicheren  Arbeitgeber machen. Als Standortpfarrer betreuen Sie in Köln mehrere Kasernen. Sind die Soldaten dort mit ihrem Beruf nicht zufrieden?

Claus-Jörg Richter: Mit dem Beruf als solchem und der Ausübung sind die meisten wohl zufrieden. Aber die Belastungen fürs Familienleben sind sehr groß. Auf Grund der häufigen Versetzungen müssen viele pendeln, fahren täglich hundert Kilometer zur Kaserne und zurück nachhause. Andere führen nur Wochenendehen. Das hat auch mit den Standortschließungen zu tun, die mit dem Verschwinden der Bundeswehr aus der Fläche einhergehen.

Es ist wichtig, dass Versetzungen in einem erträglichen Rahmen bleiben. Da ist das Personalmanagement der Bundeswehr gefragt. Nach meinen Erfahrungen geht man da möglichst umsichtig mit den Soldaten um.

Hat die Aussetzung des Grundwehrdienstes die Belastungen für die verbleibenden Zeit- und Berufssoldaten vergrößert?

Ja, ich glaube an einigen Stellen schon. Die Neuausrichtung der Bundeswehr bringt viele zusätzliche Aufgaben mit. Einfachere Aufgaben, die früher Grundwehrdienstleistende  übernommen haben, müssen nun oft auch höhere Dienstgrade übernehmen.

Von der Leyen will die Bundeswehr weiter für Frauen öffnen. Bisweilen hört man aber von Soldaten hinter vorgehaltener Hand Klagen über Geschlechterkonflikte, zum Beispiel weil Frauen in der Grundausbildung körperlich nicht mithalten können. 

So etwas wurde mir nicht zugetragen. Es mag diese Stimmen geben. Natürlich kommt mit den Frauen auch deren Lebensrealität in die Bundeswehr. Grundsätzlich sind die Anforderungen des jeweiligen Dienstpostens an Frau und Mann gleich.

Von der Leyen will auch mehr Kinderbetreuungsmöglichkeiten schaffen.

Da wird schon einiges getan. In letzter Zeit wird darauf geachtet, dass es in den Kasernen familienfreundlicher zugeht. Im Zuständigkeitsbereich des Evangelischen Militärpfarramtes Köln gibt es schon Kasernen mit Eltern-Kind-Räumen.  Das ist aber kein neues Konzept. Schon seit Januar 2010 gibt es ein sogenanntes „Handbuch zur Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften“. Viele dort gemachte Vorschläge müssten man weiter ausgestalten. Frau von der Leyen ist in diesem Punkt völlig zuzustimmen.

Ist es realistisch, für Soldaten eine Teilzeitbeschäftigung zu ermöglichen?

Zumindest auf manchen Dienstposten. Und die müssten dann doppelt besetzt sein. Es soll nicht sein, dass die Teilzeit des einen mehr Dienst für den anderen bedeutet.  Und die Kameradschaft, die für jede Armee zentrale Bedeutung hat, sollte nicht darunter leiden.

Und Lebensarbeitszeitkonten?

In manchen Bereichen der Bundeswehr mag das möglich sein. Aber da ist bei der Umsetzung sicher sehr viel Fantasie gefragt.

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