Celia Sasic "Ich hatte nie Angst, zu versagen"

Im Alter von 27 Jahren beendete die Ex-Nationalspielerin Celia Sasic überraschend ihre Fußballkarriere. Im Interview spricht sie über ihren Rücktritt, die zweite Karriere und ihr gespaltenes Verhältnis zu Facebook.

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Celia Sasic Torjubel Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Frau Sasic, Sie sind 27, haben dieses Jahr die Champions League gewonnen, waren Torschützenkönigin bei der Weltmeisterschaft und wurden Deutschlands Fußballerin des Jahres. Warum beenden Sie Ihre Karriere?
Celia Sasic: Vor allem wegen Stress im Job und dem Wunsch, eine Familie zu gründen. Ich hatte große Sehnsucht danach, frei zu sein und am Wochenende mal das zu machen, was ich will. Außerdem ist der Zeitpunkt gut: Ich kann ihn selbst bestimmen, keine Verletzung zwingt mich, die Leistung auch nicht. 

Der ehemalige Nationalspieler Marcell Jansen hat sich ebenfalls für die fußballerische Frührente entschieden, er ist 29 Jahre alt. Rudi Völler, Ex-Nationaltrainer, wirft ihm vor, den Fußball nie geliebt zu haben.

Das fand’ ich schon harter Tobak, sich so etwas rauszunehmen. Denn diese Entscheidung kann nur jeder für sich selbst treffen. Da kann keiner anderer kommen und sagen: Das ist gut oder schlecht.

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Wann haben Sie zum ersten Mal über einen Rücktritt nachgedacht?

Es hat sich langsam aufgebaut. Es kommen ja immer so Gedanken, wenn irgendwas schlecht läuft und man gerade erschöpft ist oder gestresst. Und das hat mich nie wirklich losgelassen, sondern ist immer intensiver geworden. Deswegen habe ich meinen Vertrag im Mai bei FFC Frankfurt gekündigt, mit dem Wissen: Dann bist du frei und kannst im Sommer selbst entscheiden, wie es weitergeht.

Waren Sie denn in der vergangenen Saison besonders gestresst?

Gerade die letzte Saison war sehr, sehr intensiv. Da war man nur noch am funktionieren. Nach dem Training nach Hause, auspacken, Wäsche waschen, Tasche wieder einpacken, wieder wegfliegen, da wieder Training, hier wieder Spiel. Und zwischendrin noch irgendwie das normale Leben.

Klingt nicht gerade nach einem Traumberuf.

Es war nie so, dass ich sagen musste, der Beruf macht mich verrückt, im Gegenteil: Es war schön und es macht ja auch Spaß. Sonst würde diesen ganzen Aufwand und das ganze Rumgereise ja auch keiner machen. Aber es gibt diese Momente in jeder Saison, wo man so denkt: Boah, hoffentlich ist das jetzt Mal irgendwann zu Ende, diese Phase, wo man seine Mitspielerinnen häufiger sieht als seine Familie und kaum noch zu Hause ist. Ich habe mal gezählt, in einem Jahr war ich um die 150 Tage im Hotel. Da bin ich froh, wenn wir ein bisschen frei haben.

Hat die Niederlage im WM-Halbfinale Ihre Entscheidung beeinflusst?

Nein, definitiv nicht. Für mich war klar: Ob du jetzt bei dieser WM gewinnst und alles abräumst, oder sang- und klanglos untergehst, das ändert nichts. Ich hätte keine Angst davor gehabt, als ‚absoluter Versager’ zu gelten nach dem Motto, die muss jetzt noch was gutmachen. Deswegen habe ich nie Fußball gespielt.

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Wie geht es jetzt bei Ihnen weiter?
Derzeit bin ich noch im Entspannungsmodus, die WM ist erst ein paar Wochen her. Ich bin froh, dass ich wieder zu Hause bin. Normalerweise wäre ich jetzt schon wieder mit meiner Mannschaft im Trainingslager. Aber bei mir war Fußball auch nicht alles. Ich wusste, dass es noch was anderes gibt, sodass ich nie sagen musste: Wenn es mit dem Fußball vorbei ist, endet mein Leben. 
Sie haben neben dem Fußball eine Ausbildung zur Kauffrau für Marketing-Kommunikation gemacht und studieren an der Uni Koblenz Kulturwissenschaft.
Ja, das fand ich selbstverständlich. Mir war klar, dass ich irgendwann nicht mehr spielen kann und sich dann vielleicht keiner mehr für mich interessiert. Das wurde mir auch während meiner schlimmsten Verletzungspause bewusst: Ein Jahr lang konnte ich gar kein Fußball mehr spielen, weil ich mir das Schienbein gebrochen hatte. 


Fühlen Sie sich gut vorbereitet auf die Karriere nach dem Sport?
Natürlich fehlt mir die berufliche Erfahrung im Vergleich zu Gleichaltrigen. Meine Ausbildung war die einzige Zeit, in der ich wirklich mal im Büro gearbeitet habe. Danach habe ich direkt angefangen zu studieren. Wenn jetzt etwas Ruhe eingekehrt ist, will ich erst mal mein Studium beenden. Ich muss noch eine Hausarbeit schreiben und meine Bachelorarbeit, in der es wahrscheinlich um Platon geht. Dann werde ich sehen, in welche Richtung das Ganze geht. 
Warum ausgerechnet Platon?
Ganz einfach: Weil es mich interessiert und ich Spaß an antiker Philosophie habe.

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