Auf jungen Chinesen beiderlei Geschlechts, die nach 1980 geboren wurden, lastet ein gewaltiger Druck. Vielen fehlen Zeit und Chancen, Partner kennenzulernen: Auf Schule folgt Universität, dann die Arbeit. Die sozialen Kreise sind klein. Das Leben vieler Mittzwanziger spielt sich zwischen dem Arbeitsplatz und der Wohnung der Eltern ab. Zwar ist der Markt für Dating-Web-Sites auf rund 300 Millionen Dollar angewachsen, doch die sind eher Symptom des Problems als Teil der Lösung: Rund 180 Millionen Singles sind in China auf Partnersuche. Aber der Wettbewerb ist hart. Was vor allem zählt, sind: Einkommen, Ersparnisse, Wohnungseigentum. Dennoch sehnen sich viele junge Chinesen nach mehr.
Li Bing hat auf Weibo, dem chinesischen Kurznachrichtendienst, vom Date-Camp erfahren. „Ich will herausfinden, warum ich noch Single bin“, sagt die 29-jährige Archäologin. Ihren letzten Freund hatte sie vor zwei Jahren, sagt sie. Seitdem laufe nichts. „Ein Problem ist, dass die Männer nicht mehr die Initiative ergreifen“, sagt sie. „Die sitzen nur daheim rum und spielen Online-Games.“
Man braucht vermögende Eltern
Auch junge Männer in China stehen unter Druck. Von ihnen wird erwartet, dass sie eine gesicherte Existenz vorweisen können, wenn sie heiraten wollen. „Wir sollen Haus, Job und Auto haben, bevor wir heiraten können“, klagt der 29-jährige Bell Xiong. Denn traditionell reden die Familien bei der Heirat mit. „Vor allem die Mütter der Frauen sind dabei sehr engagiert. Ohne eigene Wohnung braucht man sich bei ihnen nicht blicken lassen.“
Wer als Mann keine vermögenden Eltern hat, bekommt auch kaum eine Frau. Das Durchschnittsgehalt von Universitätsabsolventen lag 2011 bei etwas mehr als 2700 Yuan (etwa 330 Euro). Das ist weniger als manche ausgebildeten Wanderarbeiter verdienen. Ein 90-Quadratmeter-Apartment in der Innenstadt Shanghais kostet aber bis zu 500.000 Euro. Ist das nicht vorhanden, hilft auch die größte Liebe nichts.
Ein-Kind-Politik
„Das ist eben so, da kann man noch so romantisch sein“, sagt Zhuang Li Jian, ein 33-jähriger IT-Berater. Er gehört zu den Glücklichen, die all das vorweisen können. Seine Freundin will er noch in diesem Jahr heiraten. Aber auch das ist ein finanzieller Kraftakt: Zwischen 200.000 und 300.000 Yuan (rund 24.500 bis 37.000 Euro) kostet eine Feier.
Auch auf dem Heiratsmarkt gilt: Knappheit treibt den Preis. Auf 118 Männer kommen bei den nach 1980 Geborenen 100 Frauen. Besonders auf dem Land führt die Ein-Kind-Politik dazu, dass Eltern sich männliche Nachkommen wünschen, und so trieben viele jahrelang Mädchen ab. Die Geschlechtsbestimmung vor der Geburt ist zwar in China mittlerweile verboten. Trotzdem werden in den nächsten Jahren rund 24 Millionen Männer keine Frau finden. „Männer aus den unteren Schichten leiden darunter am meisten“, sagt Richard Burger, Autor des Buches „Behind the Red Door: Sex in China“.