China Biete Wohnung, suche Frau

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Viele Eltern legen Geld zurück

Unternehmensberaterin und Banker aus China Quelle: Egill Bjarki für WirtschaftsWoche

Kein Wunder also, dass Eltern männlicher Sprösslinge besonders viel Geld zurücklegen, wie eine Studie der Universität Chicago aus dem Jahr 2011 belegt. Das „kompetitive Sparen“ soll die Chancen des Sohnes erhöhen, eine Frau zu bekommen. So treibt Chinas Bevölkerungspolitik auch die Sparquote in die Höhe. 30 Prozent des verfügbaren Einkommens legt ein chinesischer Stadtbewohner im Schnitt auf die hohe Kante – fast doppelt so viel wie 20 Jahre zuvor.

„Diamond Wedding“, eine Partnerschaftsagentur in Shanghai, verspricht reichen Chinesen, innerhalb eines Monats die passende Frau zu vermitteln. Die Erfolgsquote liegt angeblich bei 85 Prozent. Kunde wird allerdings nur, wer ein Vermögen von fünf Millionen Yuan (gut 600.000 Euro) nachweisen kann. 200 Mitarbeiter sind laut Angaben der Agentur auf der Suche nach „gebildeten Jungfrauen mit weißer Haut“.

Erst nach dem Universitätsabschluss

Leicht haben es aber auch junge Frauen nicht – trotz des Überangebots an Männern. Je attraktiver sie sind, desto mehr erwarten Eltern von ihren Töchtern, einen ordentlich verdienenden Mann zu finden. Allerdings erst nach dem Universitätsabschluss, denn während Schulzeit und Studium sind männliche Freunde tabu. Zudem erwarten Männer von ihren zukünftigen Frauen, jungfräulich in die Ehe zu gehen.

Auf einer Hochzeitsmesse in Shanghai verkauft Lisa Li Pillen und Massagen zur Fruchtbarkeitssteigerung. Ihre Mitarbeiter tragen weiße Kittel und Atemmasken, wohl um dem Unternehmen ein medizinisches Image zu geben. 650 Yuan, knapp 80 Euro, kostet eine Pillenpackung. „Es geht bei der Heirat nicht nur um zwei Menschen, sondern auch darum, Familiennachwuchs zu zeugen“, sagt Li. „Dafür muss die Frau gesund sein.“ Die Behandlung würden meist die Schwiegermütter bezahlen, sagt Li.

Universitätsangestellte aus China Quelle: Egill Bjarki für WirtschaftsWoche

Alter, Wohnung, monatliches Einkommen

„Es geht nur um das Materielle“, klagt Miao Meibao. „Ob ich glücklich bin, das interessiert meine Eltern nicht.“ Die 33-Jährige hat eine Zeit lang in London gelebt und fühlt sich in Shanghai „zur Loserin abgestempelt“, obwohl sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Karriere macht. „Meine Mutter, meine Tanten, alle fragen mich ständig: Warum hast du keinen Mann? Was stimmt mit dir nicht?“ Mit ihren 33 Jahren gilt Miao Meibao als „Sheng Nu“ – als übrig Gebliebene.

Für viele Eltern ist die Heirat ein Geschäft, bei dem es vor allem darum geht, materiell möglichst viel herauszuschlagen. Auf dem sonntäglichen Heiratsmarkt im Zentrum Shanghais sitzen Eltern und Großeltern und preisen die Vorzüge ihrer Kinder und Enkel an. Die Stimmung erinnert eher an einen Viehmarkt: Hunderte von Mittfünfzigern drängeln und begutachten die Ware. Auf laminierten Zetteln werden freiwillige und weniger freiwillige Heiratskandidaten angepriesen. Die wichtigsten Kriterien: Alter, Wohnung und monatliches Einkommen. Kommen zwei Eltern ins Geschäft, bringen sie ihre Kinder mit sanften Druck dazu, sich zu treffen.

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