Die Geschichte des Büros Willkommen in der geistigen Legebatterie!

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Die geistigen Legebatterien

Ein Ort der individuellen Freiheit und entbundenen Kreativität wird das Büro deshalb auch in Zukunft nicht sein. Denn so weitläufig, bunt und leger es auch daherkommt – bei räumlich konzentrierten Schreibtisch-Arbeitsplätzen handelt es sich immer um geistige Legebatterien, deren Sinn und Zweck darin besteht, dass Hühner in ihnen nicht ein Ei am Tag, sondern zwei legen.

Architekt Hadi Teherani hat bereits vor gut zehn Jahren in Hamburg ein Bürohaus geschaffen, das nicht nur einladend aussieht, sondern in dem man sich auch wie zu Hause fühlen soll: Raffiniert nach außen gesetzte Innenhöfe geben den Blick frei auf Speicherstadt und Deichtorhallen und bilden zugleich Inseln von Privatheit und Intimität.

Kein Plädoyer für das Nichtstun. Sondern Architekturdoping zur Steigerung der Arbeitslust. Die schöne, neue Bürowelt steht im Dienst der Kreativitätssteigerung. Sie spricht das autonome, sich selbst regierende Bürosubjekt an, das mit Notebook und Smartphone jederzeit plug and work-bereit nur das Beste aus sich herausholt, ob im Büro, auf dem Flughafen, im Hotel oder zu Hause.

So gestalten Sie Ihr Büro erfolgreich
Gemeinsame Mittagpause Essen am Arbeitsplatz ist ungesund und unästhetisch. Doch einmal pro Woche gemeinsam mit den Kollegen zu essen, ist eine schöne Gelegenheit, sich locker und über die Arbeit hinaus auszutauschen. Dazu kann Essen für alle ins Büro bestellt werden. Dann darf auch am Arbeitsplatz geschlemmt werden. Quelle: dpa
Spezielle RaucherräumeUm Rauchen im Büro zu verbieten, die paffenden Kollegen aber nicht zu stigmatisieren, kann ein spezieller Raucherraum oder eine Raucherkabine eingerichtet werden. Der hält den Qualm von Nichtrauchern fern, macht Raucherpausen aber wenigstens zu einem kommunikativen Erlebnis. Quelle: dpa
Dezente Farben Ein buntes Büro hebt nicht zwangsläufig die Laune. Bei der Einrichtung sollten Sie vorsichtig sein. Einige farbliche Akzente reichen aus, um eine nette Atmosphäre zu schaffen und Räume zu verschönern. Farbige Wände dagegen kann man meist nur eine gewisse Zeit ertragen. Sie sind nur in solchen Räumen sinnvoll, in denen sich die Mitarbeiter kurz aufhalten - beispielsweise Konferenz- oder Ruheräume. Quelle: dpa
Richtiger Schreibtisch Er sollte eine Oberfläche haben, die Sie gerne anfassen. Eine Beschichtung ist nicht nötig, eine geölte Holzplatte reicht aus. Einziges Manko: Dunkle Kaffeeflecken sind sofort sichtbar. Praktisch: Schubladen unter der Oberfläche. Ein Rollcontainer nimmt meist zu viel Platz weg. Quelle: dpa
Schöner TeppichAuch wenn ihn alle mit Füßen treten - der Teppich ist ein wichtiges Accessoire. Ist das Büro klein und belebt, sollte ein dezenter Teppich gewählt werden. In aufgeräumten und weitläufigen Räumen können Sie sich auch an Muster wagen. Quelle: dpa
Ausreichend StauraumUm Platz auf dem Schreibtisch zu gewinnen, gibt es viele Möglichkeiten. Etwa eine Schiene über der hinteren Tischkante. Auch mit der richtigen Kabel-Anbringung können Sie Platz sparen. Am besten führen Sie sie als Bündel durch ein Loch in der Tischplatte hin zu einer Mehrfachsteckdose. So liegen die Kabel nicht im Weg und verknoten nicht. Ebenfalls clever: In einer kleinen Schublade unter der Tischplatte können alle Kabel eingesteckt und gleichzeitig sicher verstaut werden. Quelle: dpa
Flexible Plätze Wer es noch nicht kennt, sollte es zumindest einmal ausprobieren: Desksharing. Soll heißen: Kein Angestellter hat einen festen Sitzplatz. Stattdessen lagern persönliche Gegenstände in einem kleinen Schrank, in dem auch Arbeitsgeräte wie Laptops oder Mobiltelefone gelagert werden. So kann jeder Mitarbeiter an jedem beliebigen Schreibtisch arbeiten. Der Vorteil: Das Büro wird dadurch zu einem Ort, an dem man sich mit Kollegen austauscht, der Kontakt untereinander wird dadurch enger. Quelle: dpa

Arbeit, Freizeit - egal

Die Ambivalenz der neuen Co-working-Büros besteht darin, dass Angestellte in ihnen zu unternehmerisch handelnden Mitarbeitern befördert und zugleich degradiert werden. Es geht nicht mehr wie im Taylorismus um die „Prozesssteuerung von Arbeitsabläufen“, schreibt Christoph Bartmann über das neue „Leben im Büro“, sondern um die Herausforderung von freien Mitarbeitern, die ihren „größten Wertbetrag dann erbringen, wenn man sie nicht lenkt und kaum steuert“.

Führung, so Bartmanns Pointe, habe sich heute „weitestgehend verinnerlicht: Nie zuvor waren wir so frei im Büro, und nie zuvor so dressiert“. Entsprechend löst sich auch die einstmals klar definierte Büroarchitektur, so Bartmann, „zusehends in ‚Bürowelten‘ und Bürosituationen“ auf, die mehrdeutig und offen sind, die Galerien, Läden oder Cafés ähneln – und in denen der „Unterschied zwischen Arbeit und Freizeit tendenziell aufgehoben ist“.

Kurzum, die neuen Büros können so tun, als wären sie Nichtbüros, um ihren Zweck zu erfüllen. Vorbei die „herrlichen Zeiten“, als normierte Architektur, linierte Flure und rationalisierte Abläufe noch als etwas Äußerliches an uns herantraten – und als die Sichtbarkeit von Konformismus und architektonischer Sterilität uns noch ein waches, gegen uns selbst gewendetes Lächeln abrang.

Heute sind wir einen Schritt weiter. Wir haben das Normierte internalisiert. Und uns der Logik der Bürowelt geistig angepasst. Aus freien Stücken, versteht sich.

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